Der Auftrag
wer diese Nachtblume entführt hat und wohin.«
»Aber Rastafan ist dreiundzwanzig«, gab Jaryn heiser zur Antwort. »Er ist in dem Alter des Prinzen.«
»Jaryn, jetzt siehst du aber Gespenster. Wie viele von den Gesetzlosen sind heute um die dreiundzwanzig? Die meisten, würde ich sagen. Dieses Leben steht man nur in jungen Jahren durch.«
»Ich würde dir ja recht geben«, erwiderte Jaryn verzagt, »aber im Lager Rastafans lebt eine Frau, sie ist das Oberhaupt des Clans, denn Rastafan meinte, wer von den Knaben zu ihnen stoßen dürfe, das entscheide Mama Zira. Und Mama Zira ist seine Mutter. Sie ist offenbar die einzige Frau in dem Männerlager.«
Caelian wurde nun auch unsicher, aber weil er Jaryn beruhigen wollte, sagte er: »Das heißt doch gar nichts. Du weißt nicht, ob es da nicht auch andere Frauen gibt. Rastafans Mutter heißt Zira, nicht Nachtblume.«
»Ach, wer heißt schon Nachtblume! Das war bestimmt ihr Kosename.«
Caelian überkam bei dem Gedanken, Jaryn könnte recht haben, ein leichtes Frösteln. Um ihn abzulenken, sagte er rasch: »Ich bin noch auf eine weitere Spur gestoßen. Mein Verdacht richtet sich auf Gaidaron, den Neffen des Königs. Er ist kein Prinz, aber der Neffe Dorons, und von Razoreth hat er bereits einige Erbteile in sich.«
Jaryn winkte ab. »Gaidaron ist es nicht.«
»Ach. Woher weißt du das?«
»Ich bin ihm begegnet. Ich hätte gespürt, wenn er es ist.«
»Gespürt? Was für ein unwiderlegbarer Beweis!«
»Anamarna sagte, wenn ich ihm begegne, werde ich es wissen.«
»Der Mann ist weise, aber nicht allwissend. Ich halte es für abwegig, sich allein auf sein Gespür zu verlassen. Und außerdem …« Caelian lächelte triumphierend, »dann kann es auch nicht Rastafan sein. Oder hast du in seinen Armen gespürt, dass er der verschollene Prinz ist?«
»Nein«, sagte Jaryn nachdenklich, »das habe ich nicht. Allerdings könntest du recht haben, und man sollte sich nicht allein auf sein Gespür verlassen. Schließlich hatte ich in seiner Gegenwart nicht immer alle Sinne beisammen.«
»Nach dem, was ich annehmen muss, warst du ihm näher als je einem anderen Menschen. Rastafan kann es nicht sein.«
»Und doch muss ich mich vergewissern«, sagte Jaryn. »Zuerst suchen wir Orchan auf. Er wird uns mehr sagen können. Und dann …« Jaryn starrte vor sich hin. »Dann besuche ich Rastafan.«
Caelian zupfte grinsend an seinen Ärmeln herum. »Ich fürchte, da willst du mich nicht dabei haben.«
»Nein.« Jaryn sah Caelian ernst an. »Das muss ich allein auf mich nehmen.«
»Auf dich nehmen?«, flötete Caelian und richtete seine Blicke zur Decke. »Oh, was für eine schwere Bürde, Rastafan wiederzusehen! Soll ich sie dir abnehmen?«
»Das ist nicht lustig, Caelian. Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, ich habe … ja, ich habe Angst.«
»Aber weshalb denn? Selbst wenn es Rastafan wäre, was befürchtest du?«
»Ich könnte Anamarna seinen Namen nicht nennen, verstehst du? Er ist ein Gesetzloser. Sie würden ihn hinrichten.«
»Einen Sohn Dorons? Wohl kaum.«
»Einen Bastard, Caelian. Der Fluch besagt, dass der Prinz dem Bösen verfallen wird. Nun, Rastafan hat sich bereits außerhalb des Gesetzes gestellt. Er hat geraubt und getötet. Sobald die Priester wüssten, dass er es ist, um den es geht, dann würden sie ihn vernichten. Niemals können sie einen Räuber zum nächsten König ausrufen. Was verlören sie, wenn er tot wäre? Nichts. Sie haben ja Gaidaron.«
»Aber du sagtest auch, man darf ihn nicht töten, sonst würde sich Razoreth ein anderes Opfer suchen.«
»Ja, so sprach Anamarna. Aber es gibt keinen weiteren Prinzen, wen sollte Razoreth wählen? Er müsste auf den nächsten Prinzen warten, und der ist noch nicht geboren.«
»Also gut, Jaryn, ich muss dir etwas Wichtiges sagen. Es ist unbedingt erforderlich, dass der Fluch gebrochen wird, mit oder ohne Rastafan. Wenn sich wirklich herausstellen sollte, dass er der gesuchte Prinz ist, dann darfst du es nicht verschweigen.« Und er erzählte Jaryn, was er in den Schriften über Jawendor gelesen hatte. »Unser Land ist seit sechshundert Jahren verflucht, und der Fluch ist immer wirksam gewesen. Du allein bist aufgerufen, ihn unschädlich zu machen, unserem Land endlich wieder einen guten und gerechten König zu schenken. Deine Bedenken zählen hier nicht.«
»Meine Bedenken? Ich liebe Rastafan. Ja, ich gestehe es. Ich liebe diesen Mann. Ich werde ihn nicht den Schergen ausliefern.«
»Und wenn man
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