Der Auftrag: Thriller (German Edition)
ist meine Buße«, wiederholte Stone. »Statt einer Gerichtsverhandlung, die niemand will, weil zu viele unerfreuliche Wahrheiten über die Regierung ans Licht kämen und der Ruf gewisser verstorbener Staatsdiener befleckt würde. Und Sie sind nicht der Mann, der meine Exekution befehlen würde, da zivilisierte Menschen ihre Meinungsverschiedenheiten nicht auf diese Art und Weise austragen.«
»Sie nehmen kein Blatt vor den Mund«, sagte Brennan.
»Aber es stimmt, was ich sage.«
»Ich glaube, Sie verstehen mein Dilemma.«
»Entschuldigen Sie sich nicht dafür, dass Sie ein Gewissen haben, Sir. Ich habe anderen Männern in Ihrem Amt gedient, die keine Spur davon hatten.«
»Wenn Sie scheitern, scheitern Sie. Die Russen sind so skrupellos, wie man es sich nur vorstellen kann. Sie wissen das besser als die meisten anderen.«
»Und wenn ich Erfolg habe?«
»Müssen Sie nie mehr befürchten, dass die Regierung noch einmal an Ihre Tür klopft.« Er beugte sich vor. »Akzeptieren Sie?«
Stone nickte und stand auf. »Ja.« An der Tür blieb er stehen. »Sollte ich nicht zurückkommen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie meine Freunde wissen ließen, dass ich im Dienst für mein Land gestorben bin.«
Der Präsident nickte.
»Danke«, sagte Oliver Stone.
KAPITEL 3
Am nächsten Abend stand Stone da, wo er seit Jahrzehnten immer wieder gestanden hatte, im sieben Morgen großen Lafayette Park gegenüber vom Weißen Haus. Ursprünglich hatte man ihn den Präsidentenpark genannt, doch nun umfasste diese Bezeichnung das Gelände des Weißen Hauses, den Lafayette Park selbst und die Ellipse, ein Grundstück von zweiundfünfzig Morgen auf der Südseite des Weißen Hauses. Der Lafayette Park hatte einst zum eigentlichen Gelände des Weißen Hauses gehört, war aber von diesem majestätischen Besitz abgetrennt worden, als Präsident Thomas Jefferson die Pennsylvania Avenue hatte anlegen lassen.
Der Park hatte im Laufe zweier Jahrhunderte vielerlei Verwendungszwecke gefunden. Er war als Friedhof genutzt worden, als Sklavenmarkt, sogar als Rennstrecke. Außerdem war er bekannt dafür, dass es hier mehr Eichhörnchen pro Quadratmeter gab als an jedem anderen Ort auf Erden. Bis zum heutigen Tag wusste niemand, warum das so war.
Das Gelände hatte sich dramatisch verändert, seit Stone zum ersten Mal sein Schild mit der Aufschrift Ich will die Wahrheit in den Boden gerammt hatte. Doch die Dauerprotestler von damals, ihre zerlumpten Zelte und ihre Fahnen und Spruchbänder waren verschwunden. Die prachtvolle Pennsylvania Avenue vor dem Weißen Haus war seit dem Bombenattentat von Oklahoma City für den Fahrzeugverkehr gesperrt.
Die Menschen, Institutionen und Staaten hatten Angst. Stone konnte es ihnen nicht verdenken. Würde Franklin Roosevelt noch leben und wieder im Weißen Haus regieren, würde er vielleicht seinen berühmten Ausspruch zitieren: »Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst.« Aber selbst diese Worte wären vielleicht nicht genug gewesen. Der Schwarze Mann schien den Krieg der Wahrnehmung im Herzen und Verstand der Bürgerschaft zu gewinnen.
Stone warf einen Blick zur Mitte des Parks, zur Reiterstatue von Andrew Jackson, dem Helden der Schlacht von New Orleans und siebenten Präsidenten der USA. Jackson saß auf einem Giebel aus majestätischem Marmor aus Tennessee. Es war das erste Bronzestandbild eines Mannes auf einem Pferd, das je in den Vereinigten Staaten gegossen worden war. Das Monument wurde von einem niedrigen gusseisernen Zaun umschlossen, hinter dem sich mehrere antike Kanonen befanden. Vier weitere Statuen, die ausländische Helden des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges darstellten, standen auf den Ecken der Rasenfläche.
Hinter dem Jackson-Denkmal waren farbenfrohe Blumenbeete angelegt und ein großer Ahorn gepflanzt worden. Gelbes Band war an biegsamen Pfosten befestigt, die in drei Metern Entfernung von dem Baum in den Boden eingelassen waren, damit niemand in das tiefe Loch fallen konnte, das einen Meter größer als der riesige Wurzelballen war. Neben dem Loch hatte man blaue Folien ausgebreitet, auf denen sich das ausgehobene Erdreich häufte.
Stones Blick fiel auf erhöhte Stellen auf dem Gelände, von denen er wusste, dass dort Scharfschützen postiert waren, auch wenn er sie nicht sehen konnte. Er ging davon aus, dass einige von ihnen Zielübungen mit seinem Kopf veranstalteten.
Jetzt bitte nicht mit dem Zeigefinger abrutschen, meine Herren. Ich mag mein Gehirn
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