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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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alter Freund. Das war er schon, bevor mein Geschäft so gut lief, weshalb ich bereit bin, das nicht so eng zu sehen. Der Strohmann war ein alter Kollege aus KGB-Zeiten, Viktor Ljubimow. In Anbetracht von Madames Vergangenheit bei einer Schwesterorganisation glaube ich, er hat nur eine alte Schuld beglichen. Eine gewisse Ehre besteht ja doch zwischen alten Genossen. Es gibt bisweilen Verhältnisse, bei denen das Geld in den Hintergrund treten muß.«
    »Aber das hat keinen Einfluß auf Ihre Loyalität mir gegenüber?« sagte ich.
    »Sie sind mein Kunde, und ich habe mit der Frau nichts zu tun.
    Sie ist kein Teil meiner Aufgabe oder meines jetzigen oder früheren Lebens.«
    »Okay, Schuganow. Wo finde ich denn nun das glückliche Paar?«
    Schuganow erlaubte sich ein Lächeln und breitete eine Karte auf dem Tisch aus. Er zeigte mir das Hotel Intourist am Rande des Roten Platzes und lenkte dann meinen Finger über einen großen Boulevard namens Kutusowski westwärts aus der Stadt und dann weiter nach rechts in eine Landschaft, die einem Wald-und Seengebiet ähnelte, wo kleine Nebenstraßen in schmale Landstraßen mündeten. Auf der Karte waren eine Menge winziger Dörfer markiert. Schuganow erklärte, in der Sowjetzeit sei dies ein abgeschottetes Gebiet gewesen, aber nun war es offen, und die neureichen Familien bauten dort Häuser im großen Stil. In einem der Häuser nur vierzig Kilometer vom Moskauer Zentrum entfernt befand sich Oscar, und der Gedanke daran ließ mein Herz schneller schlagen.
    »Okay«, sagte ich. »Lassen Sie uns morgen rausfahren!«
    Schuganow faltete die Karte zusammen. Sein Leibwächter saß noch immer ruhig an der Tür, die Hände auf den Knien, hellwach und entspannt zugleich. Schuganow räusperte sich und sagte: »Es ist Ihre Entscheidung, Mr. Lime. Aber das Objekt wird beschützt. Es gibt zwei Iren, vielleicht Ex-IRA, die sich in der Villa aufhalten. Lola hat zwei Leibwächter, die in der alten Holzdatsche wohnen, die sich ebenfalls auf dem Grundstück befindet. Überwachungskameras machen den Zutritt schwierig.
    Dann muß ich fragen, wie Sie sich gedacht haben hineinzukommen?«
     
    »Ich habe mir gedacht, an der Tür zu klingeln.«
    Das überraschte ihn nun doch. Er nestelte an seiner perfekt sitzenden Krawatte.
    »Dazu würde ich nicht raten«, sagte er. »Ich habe einen anderen Vorschlag.«
    Schuganow holte eine Reihe Farbfotos hervor. Sie waren ebenfalls mit einem langen Tele gemacht, aber man konnte Oscar und Lola klar erkennen. Sie machten einen Spaziergang durch einen verschneiten Birkenwald. Es wirkte sehr russisch und gemütlich, fast wie eine Farbpostkarte mit Sonne, die auf dem tiefen weißen Schnee glitzerte. Auf einem der Bilder sah es wieder aus, als würden sich die beiden heftig streiten. Auf einem anderen gingen sie Seite an Seite. Oscar sah ein wenig seltsam aus in einem langen, dicken Mantel und mit einer großen braunen Pelzmütze, die er über die Ohren gezogen hatte. Lola erschien mir sehr elegant in einem langen Pelzmantel und adretter Pelzmütze auf dem schwarzgefärbten Haar. Oscar hatte etwas wie einen Golfschläger in der Hand. Oder ein langes 5er-Eisen.
    »Glaubt er, er könne im Schnee Golf spielen?« fragte ich.
    Schuganow lachte: »Den hat er immer bei sich. Wir haben zwar die Markt-Wirtschaft, aber noch keine Golfplätze. In Rußland ist die Saison kurz. Ich glaube, es ist ein Talisman, oder er dient als Waffe. Denn sehen Sie hier.«
    Er legte mir ein neues Bild vor. Die Luft in der Suite war warm und trocken, und ich fing langsam an zu schwitzen. Es war der große Ire. Er ging einige Meter hinter den beiden her, die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Ledermantels vergraben. Er hatte eine Wollmütze auf und sah aus, als würde er gleichzeitig frieren und sich langweilen.
    »Das Objekt geht selten aus, und es geht nie allein aus. Ich muß Sie also noch einmal fragen, Mr. Lime. Was soll ich tun?
     
    Im Grunde ist meine Aufgabe erfüllt. Ich habe das Objekt gefunden.«
    »Geht er jeden Tag spazieren?« fragte ich.
    »In der Regel jeden Vormittag. Wir haben ihn nicht so lange beobachtet, daß wir ein festes Muster etablieren konnten, aber es scheint so. An dem Tag, als der Schneesturm kam, blieb er im Haus.«
    »Wie sind die Wetteraussichten für morgen?« sagte ich.
    »Sehr schön. Frost und Sonne, am späten Nachmittag Schnee.
    Ein Wintertag, wie wir Russen ihn lieben. Ein guter Tag für einen Waldspaziergang«, sagte Schuganow und sah mich an, als

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