Der Bastard und die Lady
zehntausend Pfund, die sich nach Thomas’ Überzeugung an der Börse in drei Wochen verdreifachen würden, dank sei dem Rat eines gewissen Henrick Glutton, der Thomas seiner Großzügigkeit teilhaftig werden lassen würde, sobald sein Schiff, beladen mit Trauben für einen fantastisch teuren Wein, auf der Themse einträfe. Ich bin mit Thomas zum Landeplatz gegangen, als das Schiff eintraf. Haben Sie jemals verfaulte Trauben gerochen, Mr Blackthorn?“
„Glut ten “, berichtigte er kläglich.
„Ah! Sie geben es zu!“
„Gar nichts gebe ich zu. Doch kein Mensch kann Glutton heißen. Ich habe nur eine Alternative vorgeschlagen. Entschuldigen Sie mich einen Moment, mir ist gerade etwas eingefallen.“ Er griff neben sich nach einer Flasche, die irgendwie auf dem unbezahlbaren Teppich gelandet war, und trank ein paar tiefe Züge daraus, als wäre er irgendein ungehobelter Wicht in einer Kneipe. Dann hielt er die Flasche mit beiden Händen fest, blickte zu Lady Chelsea auf und lächelte auf eine Art, dass sie ihn hätte ohrfeigen mögen. „Was sagten Sie?“
„Ich sagte – das heißt, ich habe es noch nicht gesagt, sondern wollte es sagen –, ich nehme Ihnen das alles nicht übel. Alles, was Sie getan haben, geschieht Thomas recht, und er hat noch mehr verdient. Doch mit Ihrem letzten Streich haben Sie eine Grenze überschritten, denn jetzt haben Sie mich in Ihre Rache einbezogen, und das lasse ich nicht zu. Trotzdem bin ich hier, um Ihnen zu helfen.“
Die Flasche auf halbem Weg an seinen Lippen, hielt er in der Bewegung inne. Immerhin hörte er ihr jetzt zu. „Verzeihen Sie, ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Sie wollen mir helfen ? Wobei denn, Madam?“
Chelsea hielt den Mund, bis Wadsworth ein Silbertablett mit zwei Gläsern und einer Karaffe Wein auf dem Tisch abgestellt und sich wieder entfernt hatte.
„Da habe ich mir wohl einen Feind geschaffen, wie?“, bemerkte sie, als der Mann ging. Und dann zuckte sie die Achseln, verwarf den Gedanken, setzte sich schließlich auf das Sofa Beau gegenüber und nahm das Glas Wein an, das er ihr reichte. „Sie wissen, dass mein Bruder nur ein paar Wochen nach dem Tod meines Vaters schrecklich krank wurde. Es war anzunehmen, dass er Papa schon bald ins Mausoleum in Brean folgen würde.“
„Ich habe etwas in der Richtung gehört, ja“, erwiderte Beau vorsichtig, ließ die Karaffe stehen und trank einen weiteren tiefen Zug aus der Flasche. „Wird mir auch das zum Vorwurf gemacht? Die Krankheit, vielleicht sogar das Ableben Ihres Vaters? Dann verfüge ich eindeutig über Kräfte, von denen ich selbst nichts wusste.“
„Papa ist einer Lungenkrankheit erlegen, nachdem er bei der Jagd vom Regen überrascht wurde. Demnach bezweifle ich, dass man Ihnen die Schuld an seinem Tod geben kann. Und es war Madelyns Brut, die zur Beerdigung nach Brean kam und ihre Seuche mitbrachte, die Thomas beinahe umgebracht hätte, als er gerade anfing, sich seines Titels zu freuen. Das war ein Triumph für Sie, nicht wahr? Was Madelyn angeht, meine ich. Thomas’ niederträchtiges Verhalten an jenem Tag hatte Auswirkungen auf meine dumme Schwester, und sie musste rasch verheiratet werden, damit die gesamte vornehme Gesellschaft nicht ständig auf ihren Bauch starrte und an den Fingern abzählte. Wissen Sie noch, was Thomas Ihnen an jenem Tag ins Gesicht geschrien hat? Sie hätten Schindluder mit ihrer Unschuld getrieben? Die arme Madelyn, sie wurde in aller Eile an einen kleinen Baron verschachert, während sie doch einen Duke ins Auge gefasst hatte. Aber sie konnte Papa nicht überzeugen. Dass sie nicht mit Ihnen … Sie wissen schon. Und der arme Baron, er muss seitdem mit ihr leben. Sie sind gut davongekommen, Mr Blackthorn, ob Sie es wissen oder nicht.“
Er kniff die blauen Augen zusammen, was ihr zeigte, dass sie immerhin einen empfindlichen Nerv getroffen hatte. „Nach allem, was an jenem Tag geschehen ist, meinen Sie, ich wäre gut davongekommen? Ihre Erinnerungen weichen offenbar stark von meinen ab.“
„Sie sind immer noch zornig.“
Beau lehnte sich auf dem Sofa zurück und schlug ein Bein über das andere. „Zorn ist eine unnütze Emotion.“
„Und Rache serviert man am besten kalt. Thomas hat Sie vor aller Welt gedemütigt, hat Sie geprügelt wie einen Schakal, an dem er sich nicht die Finger schmutzig machen wollte. Die Frau, die Sie von ganzem Herzen zu lieben glaubten, erwies sich als völlig herzlos. Mit vereinten Kräften haben meine Geschwister Ihnen
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