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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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wie schlecht wir miteinander auskamen. Ein ewiger Streit wäre für niemanden gut.
    »Jetzt hör mir gut zu, Jaufré Montalban!«
    Sie hatte sich vor mir aufgebaut, eine Faust in die Hüften gestemmt, mit der anderen Hand unterstrich sie die Worte, die sie mir an den Kopf warf. »Auch wenn du mich nicht lieben konntest, wie es deine Pflicht gewesen wäre, hast du mir trotzdem zwei Kinder gemacht, mit denen du mich dann hast sitzenlassen. Verschwunden auf Nimmerwiedersehen!« Mit dem Zeigefinger fuchtelte sie vor meiner Nase herum. »Wer hat deine Söhne aufgezogen? Wer hat sich um alles gekümmert, nachdem deine Mutter tot war? Wem hast du es zu verdanken, dass du überhaupt noch ein Familienerbe besitzt? Mit oder ohne Mitgift. Beantworte mir das, verdammt!«
    »Ich will deinen Verdienst nicht schmälern«, erwiderte ich beschwichtigend.
    »Das kannst du auch gar nicht, selbst wenn du es wolltest!«, fuhr sie mir über den Mund. »Ich habe jahrelang alles zusammengehalten. So wie andere Frauen auch. Wenn ihr Herren euch befehdet und in den Krieg zieht, wer sieht da zu, dass die Felder bestellt werden, wer teilt die Arbeit für die Ernte ein, wer beaufsichtigt das Landvolk, achtet darauf, dass niemand hungert, dass der Viehbestand gesund bleibt, wer treibt die Abgaben ein, lässt die Dächer ausbessern, Wälder roden und Gräben ziehen? Wer spricht Recht und schlichtet Streitigkeiten? Wer hält euch den Rücken frei, damit ihr eure verfluchte Gier nach Abenteuer und Eroberung austoben könnt?« Ihre Lautstärke hatte sich bei der Aufzählung immer mehr gesteigert. Zuletzt schrie sie mir ins Gesicht: »Antworte mir, verdammt!«
    »Beruhige dich, Berta.«
    »Nein!«, brüllte sie immer noch außer sich. »Was soll ich mich beruhigen? Vierzehn Jahre habe ich all dies getan. Für deine
familia.
Nicht ein einziges Wort hast du gesandt, du Mistkerl! Und dann kommt es dir in den Sinn, mit einer Bastardtochter heimzukehren. Und jetzt willst du mich aus meinem eigenen Haus kehren? So geht das nicht,
mon
Senher!
Oder soll alle Welt sehen, was für ein unchristliches Scheusal du bist?«
    Ich ließ die Schultern hängen. Dieses Scharmützel würde ich heute nicht gewinnen. Ich war die Sache falsch angegangen, zumal sie in vielen Dingen recht hatte, das wollte ich nicht abstreiten. Natürlich konnte ich sie zwingen. Als ihr Munt durfte ich alles entscheiden, ohne sie zu fragen. Aber was würde mir das einbringen? Martin würde es nicht verstehen, und Raol würde mich noch mehr hassen. Das ganze Dorf würde mich hassen. Nein, ich zog es vor, fürs Erste zum Rückzug zu blasen.
    »Wir können uns sicher verständigen.«
    »Verständigen?«, tobte sie weiter. »Jawohl! Verständigen wir uns! Du kannst gern den großzügigen
dominus
spielen, aber wer hier das Sagen hat, das bin ich! So wie immer. Und daran wird sich nichts ändern.« Sie stampfte auf und ab. »Am besten gewöhnst du dich daran, wenn du Frieden haben willst.«
    »Lass uns ein andermal darüber reden.«
    »Es gibt nichts mehr zu bereden. Dies ist mein Zuhause, und ich gehe in kein Kloster! Schlag es dir aus dem Kopf! Und wenn es dir nicht gefällt, kannst du dein Pferd satteln und ins nächste Abenteuer reiten, das da draußen auf dich wartet. Am besten bleibst du gleich ganz weg. Hier wirst du nicht gebraucht. Denn Rocafort, mein Lieber, das bin ich!«
    Damit rauschte sie aus dem Saal. Ich hörte ihre Schritte den schmalen Gang entlang zu ihren Gemächern stürmen. Die Tür krachte ins Schloss, und zuletzt ließ sich das Geräusch eines schweren Riegels vernehmen, der mit heftigem Ruck vorgeschoben wurde.
    Ich goss mir einen Becher Wein ein und leerte ihn in einem Zug. Teufel noch eins!
Das würde noch ein Tanz werden.
    ***
    Auf einer Burg wie Rocafort lässt sich wenig verheimlichen.
    Dafür leben zu viele Menschen auf engem Raum. Unverheiratetes Gesinde teilt das Bett nicht selten mit Geschlechtsgenossen, aus Platzmangel oder weil man sich vor den Dämonen der Nacht fürchtet. Bettkästen sind deshalb groß genug für zwei oder drei, und zum Schlafen entledigt man sich ohnehin nur der Überkleider. Kleine Kinder schlafen bei den Eltern, und Kammerzofen teilen das Bett der Herrin, wenn der Hausherr abwesend ist.
    Rosa musste also unseren Streit und Bertas stürmischen Abgang aus nächster Nähe mitbekommen haben. Denn von der
aula
gelangt man gleich in die privaten Gemächer des Burgherrn, wo Berta wohnte. Raol und Martin hatten im Stockwerk darüber ihr Quartier. Im

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