Der Bastard von Tolosa / Roman
ließen sich unsere Meinungsverschiedenheiten ja doch noch aus der Welt räumen, dachte ich hoffnungsvoll.
»Haben dir die Geschenke gefallen?«
»Sehr!« Sie lächelte abermals, wurde aber gleich wieder ernst. »Nur, warum solche Verschwendung? Seide für Mägde, Gold für die Wachleute! Wir leben bescheiden hier. Und da tauchst du auf und wirfst mit Gold und Silber um dich. Wo ich herkomme, geht man vorsichtig mit seinem Besitz um.«
»Und wo ich herkomme, misst man den
dominus
an seiner Großzügigkeit!«, entgegnete ich gereizt und wieder etwas zu laut.
»Wir haben Schulden, das Wasser steht uns bis zum Hals!«
»Wer Schulden gemacht hat, bist du! Ich habe Gold genug.«
»Geplündertes Gold!«
»Ganz recht!«
»Das verdirbt die Seele. Davon wollen wir nichts!«
»So ein Blödsinn!« Herrgott im Himmel! Die Frau hatte eine Art, mich in Zorn zu bringen.
»Wenn die Mägde bald in Seide herumlaufen«, höhnte sie, »was ist mit uns? Essen wir von goldenen Tellern? Und wo ist meine Sänfte, edler Herr?«
Ich verdrehte die Augen. Dem Weib konnte man nichts recht machen. Ich holte tief Luft und versuchte, vernünftig mit ihr zu reden.
»Ein guter Herr soll nicht mit seinem Reichtum geizen. Wir herrschen über die Leute, und da ist es nur recht, dass man etwas zurückgibt. So ist es Brauch, und du weißt es.«
»In Maßen!«, erwiderte sie streng. »Ein guter Herr soll in allem das rechte Maß halten. Schließlich ist er Vorbild.«
»Gut, die Seide für die Mägde war vielleicht etwas zu großzügig«, räumte ich ein.
»Solange es nicht überhandnimmt«, erwiderte sie besänftigt, setzte aber gleich wieder eine besorgte Miene auf. »Wir schulden dem Kloster eine wirklich große Summe. Und der Prior ist ein Aasgeier.«
»Ich werde ihn auszahlen. Dann ist die Sache vom Tisch.«
Völlig unerwartet fragte sie auf einmal: »Bist du sicher, du willst im Turm wohnen? Im Winter ist es kalt und zugig da oben.«
»Vorläufig genügt es mir. Bis wir eine andere Lösung gefunden haben.«
Da horchte sie sofort auf. »Eine andere Lösung?«
»Nun«, wand ich mich etwas verlegen. »Wir haben uns nie besonders gut verstanden, Berta, das weißt du.«
Sie setzte sich aufrecht und starrte mich stirnrunzelnd an, während ihr eine leichte Röte in die Wangen gestiegen war. Es war, als ahne sie etwas. »Das war nicht meine Schuld«, erwiderte sie atemlos.
»Natürlich nicht. Aber es ist, wie es ist.«
Eigentlich hätte ich mir eine bessere Gelegenheit aussuchen sollen, um über unsere Zukunft zu sprechen. Aber was soll’s? Manchmal ist ein schneller Angriff die beste Strategie.
»Vielleicht möchtest du zu deiner Familie zurückkehren.«
»Was?«
»Ich zahle dich natürlich aus. Du erhältst deine Mitgift zurück.«
Wie jeder weiß, darf ein Ehemann über die Mitgift verfügen, aber rechtlich gehört sie der Frau, denn mit ihrer Auszahlung tritt die Braut alle Erbansprüche an ihre Brüder ab. Bei Aufhebung der Ehe wird sie zurückerstattet. Und einer Witwe dient sie als Lebensunterhalt, wenn die Erben des Mannes seinen Besitz beanspruchen. Man darf die Mitgift also nicht verschwenden, sondern soll sie zur Sicherheit der Frau verwahren und wenn möglich mehren.
»Wozu brauche ich meine Mitgift?« Inzwischen hatte sie rote Flecken im Gesicht und starrte mich ungläubig und zunehmend misstrauisch an.
»Nun. Damit es dir an nichts mangelt bei deiner Familie.«
»Mein Vater ist tot, meine Brüder haben eigene Familien, und mit meiner Mutter verstehe ich mich gar nicht gut. Was soll ich also bei meiner Familie?«
»Vielleicht ein Kloster«, schlug ich vor. »Ich könnte deine Mittel großzügig aufstocken. Du hättest ein bequemes Leben bei den frommen Frauen.«
»Ich glaube es nicht«, flüsterte sie entgeistert. »Du willst mich loswerden!«
»Nein«, sagte ich rasch. »Ich denke nur, es wäre das Beste für uns.«
Sie atmete heftig, als versuche sie mit großer Mühe, sich zu beherrschen. Tatsächlich war sie knallrot geworden und sprang plötzlich so schnell auf, dass ihr Stuhl polternd umfiel. Das Stirnband riss sie mit einer einzigen Bewegung vom Kopf und schleuderte es in eine Ecke. Das blonde Haar fiel ihr schwer auf die Schultern und den Rücken hinab. Nun war sie es, die aufgewühlt hin und her lief und mir wilde Blicke zuwarf.
»Das könnte dir so passen, Jaufré Montalban!«, schrie sie voller Wut.
»Was ist dagegen einzuwenden?«
Ich verstand die Aufregung nicht. Die letzten Tage hatten gezeigt,
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