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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Köchin würde ihn in den Zuber stecken und gnadenlos von oben bis unten abschrubben lassen, denn Sauberkeit war ihr oberstes Gebot.
    Es war Abend geworden.
    Ein letzter Strahl der Oktobersonne trat durch das schmale Turmfenster und zeichnete einen hellen Fleck auf die Steinblöcke der gegenüberliegenden Wand. Der Rest der Kammer lag schon im Halbdunkel. Von fern hörte man das Lied einer Magd heraufklingen, und auf den Turmzinnen gurrten zur Antwort die Tauben. Das Vieh und auch die Gänse waren längst in ihren Ställen. Stille lag über dem Dorf, denn die Leute nahmen ihr einfaches Abendmahl ein.
    Ich liebe es hier oben auf dem Turm. Man schaut in die Ferne, wo das Grün der Hügel allmählich in das sanfte Blau der entfernten Kämme übergeht. Hier bin ich dem Himmel nah und den irdischen Dingen entrückt. Die Sorgen der Menschen erscheinen kleiner und unwichtiger. Und doch überblicke ich alles und kann sehen, was im Burghof oder im Dorf geschieht. Hier habe ich unzählige Stunden verbracht, und auch jetzt hielt mich der Ausblick auf die Schönheit der bergigen Corbieras noch ein Weilchen gefangen.
    Unten im Tal am Flüsschen Agli lagen bereits tiefe Schatten. Dort verläuft die alte Handelsstraße, die die südliche Corbieras durchquert und am Kloster Cubaria vorbei über unseren Besitz weiter nach Limos führt. Keine wichtige Straße, aber Handelsleute aus der Hafenstadt Colliur, im Süden, nehmen diese Abkürzung nach Carcassona und Tolosa und weiter bis zum großen Meer im Westen, nahe dem die Stadt Bordeu liegt. Die Strecke ist steinig, an Stellen abschüssig, besser geeignet für Maultiere als für Ochsengespanne. Und zudem unsicher in dieser stillen Gegend.
    An der alten Holzbrücke, wo der Aufstieg zum Dorf beginnt, unterhalten wir einen Wachposten, denn Rocafort besitzt verbrieftes Recht auf Wegezoll, den Kaufleute, die sich durch unser Gebiet wagen, zu entrichten haben. Dieser verbessert die Einkünfte und ist daher sehr willkommen, besonders wenn sie Zinn von den Inseln tragen, die man Britannien nennt, oder Gewürz und Seide aus den Häfen des Orients. Deshalb bin ich bemüht, Wegelagerer aus meinen Wäldern zu vertreiben und die Straße in einem guten Zustand zu halten, was leider nicht immer gelingt. An den Hängen des Bugarach, bis zu denen mein Land reicht, gibt es zu viele Schlupflöcher für herrenloses Gesindel. Und was die nur spärlich befestigte Straße betrifft, so sorgen Frost und Regen immer wieder für Schäden.
    Die Abendsonne versank hinter einem Gehölz dunkler Tannen, zwischen denen die Straße verschwindet. Einer meiner Waffenknechte, ich erkannte ihn trotz der Entfernung am Lanzenwimpel, näherte sich von dort in gemächlichem Trab. Zurück von seinem Streifenritt war auch für ihn das Tagewerk beendet. Gewiss hatte die
cosiniera,
unsere Köchin, für ihn und seinesgleichen einen kräftigen Eintopf auf dem Feuer und ein Stück Brot zum Eintunken. Wenn sie es gut mit den Männern meint, findet sich auch ein Stück Speck in der Suppe oder eine Blutwurst. Danach gibt es Wein, Geschichten und derbe Scherze, bis die einen erschöpft auf ihr Strohlager fallen und die anderen heimlich zu den Mägden ins Dorf schleichen.
    Dem Herrn sei Dank, denn wir kommen gut zurecht auf Rocafort. Besonders in dieser Jahreszeit, nach der Ernte, nach dem Schlachten des überzähligen Viehs und dem Einlagern des Herbstobstes sind alle Speicher und Vorratskammern voll. Die Erträge reichen aus, um die benachbarte Abtei mit Gemüse zu versorgen und Weizen und Roggen bis nach Quilhan zu liefern. Von der Küste dagegen kommen nicht viele Händler den langen Weg bis zu uns herauf. Meist erst im Spätsommer oder im Herbst nach der Weinpresse und bevor das schlechte Wetter einsetzt. Aber es sind genug, so dass wir jedes Jahr mit unserer Schafswolle, unserem Wein und Öl ein nettes Sümmchen verdienen oder gegen Roheisen, gegerbtes Leder und feines Tuch tauschen können.
    Ja, wir können zufrieden sein. Das Land hier im Süden, in dem man die
lenga romana
spricht, ist ein reiches und schönes Land, und ob Tolosaner, Gascogner, Provenzalen oder Katalanen, wir alle sollten Gott danken, dass wir hier leben dürfen.
    Und dennoch hat jedes Paradies seine Schlange, und manch schöner Apfel verbirgt den Wurm, der ihn von innen höhlt. So ist es auch bei uns. Zu Zeiten, als der große Franke Carolus noch lebte, da herrschten Gerechtigkeit und Ordnung, so wie man es sich erzählt. In unseren Zeiten hingegen haben die

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