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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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über seine Heimatstadt erzählte, das ihm selber neu war.
    “Müssen Sie auch nicht unbedingt gemerkt haben. Kriegt nicht jeder mit.”
    “Und was hat das alles mit dem Mord von dieser Woche zu tun? Und mit den Einbrüchen?”
    “Nach allem, was wir durch unsere Lauschangriffe erfahren haben, wollten die Memoristen bei der Versteigerung der Spielekassette mitbieten. Samuels stand in Verhandlungen über eine Beteiligung, wofür er zum Ausgleich unbegrenzten Zugang zu dem Gegenstand bekommen hätte. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass er das alles nur versprochen hat, um Informationen von der Gesellschaft zu erhalten – und dass er hinter den Einbrüchen steckt. Sollte sich
das
als richtig herausstellen, könnte uns eine Beschattung von Samuels zu dem augenblicklichen Besitzer der Antiquität oder des Briefes führen. Stimmt es nicht, wissen wir, dass Samuels auf die Sachen aus ist und genug Geld hat, um sie auf dem Schwarzmarkt zu kaufen – vorausgesetzt, sie werden überhaupt angeboten. Und das wiederum könnte uns erneut zu den Antiquitäten oder deren Besitzern führen.”
    “Allem Anschein nach sind Sie überzeugt, dass er mit den Vorgängen hier in Verbindung steht – so oder so.”
    Lucian nickte. Er hatte die fast schon wilde Entschlossenheit in Samuels’ Augen gesehen, aber das behielt er lieber für sich. Den Blick vom Monitor hebend, betrachtete er durch die Seitenscheibe die vorbeigleitenden Gebäude und fragte sich, wie es wohl sein mochte, hier tatsächlich einige Zeit als Tourist zu verbringen.
    “Bauchgefühl ist nicht ohne”, meinte Kalfus.
    “Und Ihre Ermittlungen, wie steht’s mit denen?”, erkundigte sich sein amerikanischer Kollege. “Was haben Sie bisher in der Hand?”
    “Jede Menge Details. Mutmaßungen zuhauf. Keine konkreten Beweise. Keine Fehler vonseiten der Kunsträuber”, maulte Kalfus.
    “Sie meinen keine offensichtlichen.”
    Der Österreicher zuckte die Schultern. Nach Lucians Gefühl tat er das ziemlich oft. Schüttelte er wohl so die Ungewissheit ab, mit der jeder Gesetzeshüter und jeder Ermittler leben musste?
    “Die Frage”, fuhr Lucian fort, “auf die ich bisher keine zufriedenstellende Antwort habe, ist folgende: Wieso fällt es uns so leicht, die Fehler in der Rückschau zu entdecken?”
    “Selbstkritik? Normalerweise kein Charakterzug, den man mit amerikanischen Bundespolizisten assoziiert.”
    “Da vorne links.”
    Die Unterhaltung erstarb. An der Straßenecke angelangt, bog Kalfus links ab. Beide blickten dem schwarzen Mercedes hinterher, der unten am Ende des Blocks am Straßenrand hielt.
    Kalfus nahm den Gang heraus. Sie standen vor der Hausnummer 59, einem Gebäude mit weißem Putz und schwarzen Fensterläden. Weiter unten, vor dem Haus Kirchengasse 83, stieg ein uniformierter Chauffeur aus dem Mercedes, ging um den Wagen herum und half dem Fahrgast heraus. Gleichzeitig ging die Haustür auf, und ein hochgewachsener Mann mit zerzauster Mähne trat auf den Bürgersteig, um seinen Besucher zu begrüßen.
    “Ist das Logan?”, fragte Lucian.
    “Ja.”
    Jeremy umarmte Samuels zur Begrüßung. Inzwischen war auch Meer aus dem Haus gekommen, um den Neuankömmling ebenfalls willkommen zu heißen.
    Kalfus legte den ersten Gang ein und ließ den Smart die Straße hinunterrollen. “Das ist die Tochter, Meer Logan”, erklärte Kalfus. “Bei dem Tränengasangriff wurde ihr das Kästchen buchstäblich aus den Händen gerissen.”
    “Haben Sie die Videos von der Überwachungskamera? Damit man mal einen Eindruck bekommt von den Vorgängen im Auktionshaus?”
    “Die Videos gibt’s, aber bei dem Qualm infolge der Rauchbomben sieht man nichts, was uns weiterhelfen würde.”
    Ob die Tochter eventuell etwas abbekommen hatte, erwähnte Kalfus nicht, aber Lucian fragte auch nicht weiter. Inzwischen fuhren sie an Nummer 83 vorbei, wodurch er sie deutlich sehen konnte. Sie schien zwar äußerlich unverletzt, doch er hatte definitiv den Eindruck, dass sie noch verstörter wirkte als zu dem Zeitpunkt, an dem er sie das letzte Mal gesehen hatte.
    Vermutlich lag es am Jetlag, dass er mit einem Male so müde wurde wie schon lange nicht mehr – erschöpft bis auf die Knochen, als brauche er Monate, um sich einigermaßen zu erholen. Kalfus stellte ihm eine Frage, und eigentlich hätte er auch antworten müssen. Doch Lucian hatte keinen Schimmer, was der österreichische Inspektor da eben gesagt hatte. Auch da war wohl der Jetlag im Spiel.

39. KAPITEL
    M ontag, 28.

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