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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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ihre Bemühungen nicht entgingen.
    “Viel weiß ich nicht. Baden ist schon seit Jahrhunderten der Kurort der Wiener Oberschicht. Zu Beethovens Zeiten kamen die feinen Herrschaften mitsamt Dienerschaft und Hausstand, mit ihrer Musik und ihren Gemälden. Dadurch hat Baden diesen kultivierten Anstrich erhalten.”
    Scharen von Touristen strömten in die beiderseits der Straße liegenden Läden und wieder heraus. Sebastian lotste Meer durch das Getümmel, vorbei an einem Springbrunnen und dann nach rechts, wobei er im Gehen wieder den Fremdenführer spielte. “Die alten Römer bauten hier ihre Thermen; die heißen Schwefelquellen waren schon in der Antike bekannt. Als man diese Bäder im 18. Jahrhundert wiederentdeckte, sprach sich ihre heilende Wirkung schnell herum. Deswegen ist ja auch Beethoven überhaupt erst hierhergezogen. Seine Ärzte empfahlen ihm Bäderkuren als Mittel gegen seine Magenprobleme und seine zunehmende Taubheit.”
    “Hat’s denn was geholfen?”
    Er hob die Schultern. “Auf lange Sicht war kein Kraut dagegen gewachsen. Er war ein schwerkranker Mann, und trotzdem ging ihm das Komponieren hier gut von der Hand. Er hat den Wald sehr gemocht.” Sebastian zeigte auf die üppigen grünen Hügel, die sich jenseits der Stadt erhoben. “Das da ist der echte Wienerwald. Wenn wir Beethovens Haus besichtigt haben, können wir einen Spaziergang machen, falls Sie möchten. Bis zum Einbruch der Dunkelheit bleiben uns noch mindestens zwei Stunden.”
    “Einverstanden”, sagte sie sofort, wenngleich sie merkte, dass ihr ein leichter Schauder die Arme herunterrann. Irgendetwas war ihr nicht geheuer. Die Luft begann zu flimmern, die Autos lösten sich auf; die Passanten sahen ganz anders aus. Meer wappnete sich gegen den ungebetenen Ansturm.
    Sebastian musste wohl etwas gemerkt haben, denn er blieb stehen und legte ihr die Hand auf die Schulter. “Ist irgendwas?”
    Meer hatte Angst, etwas zu sagen. Angst auch, wie klar wurde, vor dem eiskalten Windhauch, der ihr langes lavendelblaues Spitzenkleid um ihre Knöchel wehte …
    Während sie die Straße zu Beethovens Haus überquerte, hörte Margaux zufällig mit, wie sich zwei Männer unterhielten. Offenbar drehte sich das Gespräch um die Konfrontation zwischen Fürst Metternich und dem Zaren. Dem Hörensagen nach hatte der österreichische Außenminister tags zuvor den russischen Monarchen der übermäßigen Spionage bezichtigt. Daraufhin hatte Alexander I. damit gedroht, die Verhandlungen über das Großherzogtum Warschau, eines der heikelsten Themen des Kongresses, platzen zu lassen. Die Russen beanspruchten das von Napoleon geschaffene Herzogtum schon seit Jahren, aber auch Österreich und Preußen strebten nach Teilen des alten polnischen Königreiches. Falls also die Gerüchte stimmten und der Zar wutentbrannt Wien verlassen sollte, war Margaux’ Plan, Alexander die Flöte zu verkaufen, mit einem Schlage hinfällig.
    Eilig ging sie weiter, nun mehr denn je auf ihre Begegnung mit Beethoven bedacht. Gerade wollte sie das Haus betreten, da spürte sie, dass sie wieder beobachtet wurde. Toller? Oder einer seiner Spitzel, die er ihr hinterherschickte, um sie zu beobachten? Bemüht, möglichst unverdächtig zu wirken, drehte sie sich zu ihrem Kutscher um und rief ihm eine letzte Anweisung zu. Dabei bemerkte sie auf der anderen Straßenseite eine ruckartige Bewegung – den Schatten eines Mannes, der blitzschnell in eine Gasse abtauchte, um nicht gesehen zu werden.
    Unter Aufbietung aller Kräfte zwang Meer sich zurück in das Baden der Gegenwart. Als Erstes schaute sie an sich herunter. Ja, das lavendelblaue Kleid war nicht mehr da. Sie trug wieder ihre Jeans und Stiefel.
    Mit jedem dieser übermächtigen, unwillkommenen Erinnerungsanfälle wurde ihr Zorn größer. Denn sie führten ihr nur allzu deutlich vor Augen, dass es lächerlich war, zu glauben, sie habe ihr Leben im Griff. Weder konnte sie diese Sprünge verhindern noch ihnen einen Sinn abgewinnen. Ihr blieb nichts weiter übrig, als die unterschiedlichen Sequenzen zu sammeln und zu hoffen, dass sie irgendwann einmal eine zusammenhängende Geschichte erzählten – und dann vielleicht endlich Ruhe gaben.
    Als sie sich umsah, um sich neu zu orientieren, stellte sie links von sich eine Bewegung fest. Da, gegenüber auf der anderen Straßenseite – duckte sich da jemand in eine Eingangsnische? Hieß das etwa, dass sie nicht nur in der Vergangenheit, sondern jetzt auch in der Gegenwart bespitzelt

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