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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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wurde? Oder bedeutete es, dass bestimmte Dinge, die sie im Hier und Jetzt spürte, sich schon in ihrem Unterbewusstsein festgesetzt hatten?
    “Geht’s wieder?”, fragte Sebastian, der sie beim Arm fasste und zu einer Bank geleitete. “Sie schauen wieder so aus, als hätten Sie ein Gespenst gesehen. Ich hole Ihnen schnell einen Schluck Wasser.”
    Sie wollte schon abwehren, doch ehe sie ihn aufhalten konnte, war er bereits losgelaufen. Sie setzte sich auf eine der zahlreichen weißen Bänke des Kurparks, hatte jedoch kaum Augen für die akkurat gepflanzten Baumreihen und die penibel gepflegten Parkanlagen. Ringsumher hörte sie Stimmengewirr und Vogelgesang; erst ganz allmählich verging das merkwürdige, immer noch anhaltende Gefühl, beobachtet zu werden.
    Sebastian kam mit einer Flasche eiskalten Mineralwassers. Mit dem Kopf wies er auf einen in der Nähe spielenden Straßenmusiker. “Gar nicht schlecht, der Geiger da.” Während Meer einen Schluck trank, hörten die beiden noch ein Weilchen zu, bis Sebastian fragte: “Sie sind noch ganz schön durcheinander, was? Vielleicht sollten wir die Besichtigungstour vertagen.”
    “Auf gar keinen Fall! Jetzt sind wir extra hierhergefahren – da will ich auch Beethovens Haus von innen sehen und den Wienerwald kennenlernen.”
    “Sie glauben, da draußen ist etwas, stimmt’s?”, fragte er. “Da in den Hügeln? Das nur drauf wartet, dass Sie es finden?”
    Der Himmel war wolkenlos und von einem klaren, kühlen Blau. “Ich weiß nicht, was ich glaube. Genau das macht meinen Vater ja so unglücklich.”
    “Nichts an Ihnen macht Ihren Vater unglücklich, Meer! Merken Sie das etwa nicht? Wie er Sie ansieht oder mit Ihnen spricht – Sie sind seine ganze Freude!”
    Aus Sebastians Gesicht sprach elterliches Leid. Die langwierige Erkrankung seines Sohnes machte ihm sichtlich zu schaffen. Meer hätte gern gewusst, ob es ihm wohl so ähnlich ging wie seinerzeit ihrem Vater. “Sie möchten gern, dass ich die Flöte finde, nicht wahr?” Endlich sprach sie aus, was ihr die ganze Zeit schon im Kopf herumgegangen war. “Damit Sie darauf spielen können – für Ihren Nicolas. Deshalb unterstützen Sie mich so aufopferungsvoll. Und deshalb haben Sie sich auch mit meinem Vater angefreundet.”
    “Umgekehrt! Ihr Vater hat meine Freundschaft gesucht.”
    “Aber doch Ihres Sohnes wegen!”
    “Das klingt aus Ihrem Munde so, als hielten Sie es für falsch, dass Ihr Vater mir hilft oder dass ich Nicolas helfen möchte. Klar, sicher, durch ihn bin ich auf Ihren Vater getroffen … weil ich nach einer Möglichkeit suchte, mein Kind wieder zurückzuholen. Was soll daran schlecht sein?”
    “Nichts. Verzeihen Sie.” Erneut geriet sie durcheinander. Gerade noch sah sie ihn wie durch einen dunklen Schleier, und im nächsten Moment war dieser Schleier fort.
    “Aber zurück zu Ihrer Frage: Ja, es stimmt – wenn oder falls Sie die Flöte finden, möchte ich sie für meinen Jungen spielen. Täten Sie das nicht auch? Möchten Sie nicht selber darauf spielen und endlich den Rest von diesen Erinnerungen ergründen, die Sie andauernd haben?”
    “So überzeugt sind Sie, dass die Flöte funktioniert? Vorausgesetzt, es gibt sie?”
    “Das nicht. Aber können Sie sich denn andererseits sicher sein, dass sie nicht wirkt?”
    “Sicher bin ich mir nur meiner Ungewissheit. Nach langem Suchen habe ich mich damit abgefunden.”
    “Und? Gilt das auch jetzt noch?”
    Sie wusste darauf einfach keine Antwort.
    Er stand so dicht vor ihr, dass sie die Ingwer-Orange-Note seines Aftershaves riechen konnte. Zum wiederholten Male fühlte sie das widerstreitende Bedürfnis, ihm einerseits noch näherzukommen, ihn gleichzeitig aber auf Distanz zu halten.
    “Wie weit ist es denn von hier bis zu Beethovens Haus?” Auf einmal wollte sie unbedingt weg hier, hin zu dem Haus, hin zu irgendeinem Ziel. Auch wenn es sich wieder nur als Irrgarten erweisen sollte.
    Rathausgasse Nummer 10 war ein zweigeschossiges, beige-rosa gestrichenes Haus mit grünen Fensterläden. Mit der wehenden Flagge und der Tafel am Eingang ähnelte es stark der Beethoven-Gedenkstätte in Wien.
    Im Foyer des Obergeschosses drängelten sich schon die Touristen, sodass Meer ihren Begleiter entsetzt anguckte. “Von mir aus warten wir lieber, bis einige von denen weg sind”, sagte sie.
    “Ja.”
    Es stellte sich allerdings heraus, dass die Besuchergruppe schon wenig später abrückte. Meer und Sebastian traten also ein und begaben sich

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