Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
zerplatzten und ein ätzendes, tödliches Gas freisetzten, waren sie zwar nicht, und sie hatten auch nicht die tödliche Durchschlagskraft von Vulkansteinen. Aber immerhin waren sie besser als nichts. Zalea wog jeden einzelnen dieser Steine sorgfältig in der Hand, um abzuschätzen, ob er tatsächlich geeignet war, ehe sie ihn in die Tasche an ihrem Gürtel steckte.
Borro hatte sich unterdessen darangemacht, seine Pfeile aus den Körpern der Orks zu ziehen und sie nach Möglichkeit wieder in den Köcher zu stecken, den er zusammen mit seinem Bogen bei sich trug. Diese Pfeile waren in einer so kargen, holzlosen Gegend noch unersetzlicher als anderswo.
Neldo hingegen stand wie erstarrt da. Er hielt noch die vom vorangegangenen Kampf blutige Waffe in der Hand. Arvan erschrak, als er den leeren Blick seines Halblinggefährten sah. Neldo schien ins Nichts zu stieren. Seitdem er Ghools Gefangener war, ist er nicht mehr derselbe, ging es Arvan unwillkürlich durch den Kopf.
Lirandil deutete in Richtung der zerklüfteten Gebirgsausläufer. » Dorthin « , sagte der Elb auf eine so bestimmte Weise, dass in diesem Moment niemand gewagt hätte, ihm zu widersprechen. Er war schließlich der Fährtensucher, und es gab niemanden weit und breit, der sich selbst in völlig unbekanntem Gelände so gut orientieren konnte wie dieser Elb.
» In die Berge? « , wunderte sich Arvan. Diese Frage platzte einfach so aus ihm heraus. Er hatte nicht weiter darüber nachgedacht. Niemand anders vertraute Arvan so sehr wie Lirandil. Seit er sich zusammen mit den drei Halblingen der Mission des Elben angeschlossen hatte, um ein Bündnis aller Reiche gegen die Bedrohung durch Ghool zu schmieden, war er Lirandil ohne Murren gefolgt und hatte jede seiner manchmal nicht sofort einsichtigen Entscheidungen akzeptiert. Was war schließlich schon ein Menschensohn, der in der Abgeschiedenheit des Halblingwaldes aufgewachsen und noch nicht einmal das zwanzigste Jahr erlebt hatte, gegen einen weitgereisten Fährtensucher mit der Erfahrung eines fast anderthalbjahrtausendjährigen Lebens. Schließlich war Arvan kaum mehr als ein grober Tölpel, der sein bisheriges Überleben nur der Tatsache schuldete, dass er als Säugling in den Genuss eines elbischen Heilzaubers gekommen war, der ihm eine außergewöhnliche Selbstheilungskraft verlieh.
Lirandil wandte ihm den Blick zu. In seinen schräg stehenden Augen schimmerte bläuliches Licht. Das Wissen, das er im Turm des Magiers Asanil aufgenommen hat, ist also noch in ihm, dachte Arvan, denn seit den Ereignissen in Ghools Neufeste hatte er dieses besondere Licht nicht mehr in den Augen des Elben bemerkt. Trotz allem machte Lirandil auf Arvan einen geradezu erschreckend ratlosen Eindruck. Weder das uralte Wissen über den Ersten Elbenkönig Elbanador und die Schlacht am Berg Tablanor, an deren Ende Ghool zum ersten Mal besiegt und gebannt worden war, noch seine unermessliche Erfahrung als weitgereister Fährtensucher schienen ihm in diesem Moment jene Sicherheit und Entschlusskraft geben zu können, die man ansonsten von ihm gewohnt war.
Ich weiß sehr wohl, was ich tue, erreichte Arvan ein Gedanke Lirandils. Er war so bedrängend, dass Arvan regelrecht darüber erschrak, zumal es schon länger zurücklag, dass der Elb einen Gedanken an ihn gerichtet hatte.
» Los, wir dürfen keine Zeit verlieren! Zu den Bergen! «
» Aber das ist genau die entgegengesetzte Richtung, die Ihr uns bisher empfohlen habt « , mischte sich Borro ein. Der Halbling fuhr sich mit der Hand durch das wirre rote Haar. Er senkte unwillkürlich etwas die Spitzen seiner Ohren, die es bislang noch immer geschafft hatten, aus dem dichten Schopf hervorzuragen. » Wir laufen geradewegs dorthin zurück, woher wir gekommen sind. «
» Frag nicht, Halbling! Tu einfach, was er sagt! « , mischte sich Brogandas ein.
Whuon grinste wölfisch. » Das hat mir schon in der Armee der Magier von Thuvasien nicht gefallen « , knurrte er. Er wandte sich an Rhomroor. » Der Elb entwickelt sich zu einem respektablen Sklaventreiber, wie mir scheinen will. «
Rhomroor, der inzwischen mehrere Waffen gefallener Orks eingesammelt und an sich befestigt hatte, kommentierte das nur mit einem Laut, von dem sich nicht genau sagen ließ, ob es sich um ein Wort in orkischer Sprache oder vielleicht doch nur um ein Grunzen handelte. Dann sog er die Luft auf sehr geräuschvolle Weise ein. » Ich rieche es « , knurrte er dann. » Es liegt etwas in der Luft, Arvan.
Weitere Kostenlose Bücher