Der Berg des Lichts
das sich ihm in der Lichtflut der untergehenden Sonne zeigte. Alles war von dunklem Rot Übergossen und nahm ein merkwürdiges, bedrohliches Aussehen an. Luxon packte den Stecken fester und kletterte den anderen nach. Zarn hatte inzwischen die Baumgruppe erreicht und löste die Fesseln an Aiquos’ Handgelenken.
»Hier ist eine Quelle!« rief er.
Ein Pfeilschuß weit gähnte das offene Maul des riesigen Felsens. Luxon vermochte nicht zu sagen, ob diese Fratze natürlichen Ursprungs war oder von Menschenhand gestaltet; der Koloß aus triefender Schwärze wirkte auf ihn bedrohlich und von Magie erfüllt wie vieles in diesem Land. Luxon kletterte die letzten Schritte auf dem kaum erkennbaren Weg nach links, dann nach rechts, und schließlich stand er vor den erschöpften Mitgliedern der kleinen Gruppe.
Mit dem Fuß rollte Luxon einen ausgetrockneten Ast in die Richtung des Hexenmeisters.
»Wir werden ein Feuer machen!« entschied er.
»Quaron wird uns finden, und dann nimmt er grausame Rache an dir!« versprach Aiquos. Luxon nickte ruhig und sagte:
»In diesem Augenblick, Hexenmeister Aiquos, wird dein Leben enden. Lange genug kennst du mich. Wisse, daß ich nicht scherze.«
»Vielleicht gelingt es dir. Aber dann wird dich das HÖCHSTE vernichten.«
»Ein würdigerer Gegner als du«, wich Luxon aus. »Hilf uns beim Feuermachen. Sonst wird dein Hunger größer als der Berg des Lichts.«
Widerwillig machte sich Aiquos daran, den Kriegern zu helfen.
Sie alle waren von dem langen Marsch schwer gezeichnet. Das Barthaar sproß, die Männer stanken nach kaltem Schweiß, die Kleidung war mürbe und zerschlissen. Sie hätten einen Arm hergegeben für ein warmes Essen, ein heißes Bad und neue Kleidung. Selbst das Leder der Stiefel und Sandalen löste sich langsam auf.
Dani, Zked und Uzo, die Duinen des Hexers, hatten ihr großes gelbes Tuch zerschnitten und wanderten für sich allein durch das Land. Es war unmöglich gewesen, sie zusammen gehen zu lassen – und es war Luxon recht, denn als Einheit waren sie wirkungsvoll und ein gehorsames Werkzeug des Aiquos. Allein spielten sie keine übergeordnete Rolle. Sie waren nichts anderes als hungrige, durstige und erschöpfte Wanderer in einer gefährlichen Umwelt.
Eine kleine Flamme züngelte hoch, verbrannte dürres Gras und kleine Zweige und leckte über die trockene Rinde der Holzstücke.
»Eird!« sagte Luxon. »Geh hinüber zur Quelle und bringe Wasser. Wir werden wieder diesen Tee zubereiten, der unseren Hunger stillt, ohne uns zu nähren.«
Der Krieger aus Logghard nickte, packte die Wasserschläuche und ging im letzten Licht des Tages hinüber zur Quelle. Wieder blickte Luxon in die schwarzen Augen des mächtigen Kopfes, der aus einem grünen Hang hervorgebrochen war… vor Urzeiten. Aus dem weit geöffneten Rachen kam eine dünne, gelbe Nebelwolke, die nach Schwefel roch. Schwarze Geschöpfe, unterarmlang, huschten leise pfeifend im Zickzack aus dem Gehege der weißen Steinzähne hervor und verloren sich zwischen den prallen Fruchtbäumen unterhalb des Hanges.
»Wieviel Monde lang müssen wir noch klettern, Dani?« rief Zarn.
»Nicht mehr lange. Ein halber Mond, sage ich«, erwiderte die Duine mit dem schulterlangen roten Haar. Mit Zarns Dolch hatte sie einen Teil ihrer Haarflut abgeschnitten, als die Drillinge nach der langen Floßfahrt wieder festes Land betreten hatten und auf eigenen Füßen gehen mußten.
»Nicht mehr?«
Luxon fragte grimmig zurück:
»Reicht es dir noch immer nicht, Zarn?«
Jetzt, in der tiefen Abenddämmerung, nahm die riesige Wolke die Farbe von gelbgoldenen Leuchterscheinungen an. Seit der ersten Stunde, in der die Fremden den Berg des Lichts gesehen hatten, war die Wolke um die Spitze des geschwungenen Kegels nicht gewichen. In den Nächten erstrahlte die Wolke von innen in einem grellen, flackernden Licht, dessen Quelle nach wie vor unsichtbar blieb.
»Mir reicht’s schon seit einem Mond!« gab der Krieger zurück. »Und ich werde, wenn ich dieses Abenteuer lebend überstehe, einen Mond lang nichts anderes tun als saufen, nach den Weibern greifen und Braten in mich hineinfressen.«
Luxon packte Zarn an der Schulter und sagte halblaut, voller kalten Grimms:
»Was meinst du, was ich tun werde? Ich, der Herrscher über das Shalladad? Kannst du dir das vorstellen?«
Zarn schüttelte stumm den Kopf und murmelte:
»Ich verstehe dich. Welch ein Leben! Jeder Hund hat es besser!«
»Du sagst es. Nur noch wenige Zeit, und dann
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