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Der Bestseller

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Titel: Der Bestseller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Carter
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Geschäftsjahres ist es oft das Können von Leuten wie Harry Bunter, das darüber entscheidet, ob die Zahlen mit roter oder schwarzer Tinte geschrieben werden.
    »Du bist mir doch nicht böse, wenn ich nicht mitkomme, Nick?« sagte Sidney. »Ich möchte lieber ein gutes Manuskript lesen.«
    »Natürlich«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter. Er sah mich überrascht an. »Natürlich nicht, meine ich. Tu, wozu du Lust hast, Sidney. Du wirst wahrscheinlich mehr Spaß haben als wir.«
    Da keine anderen Gäste in Sicht waren, schien es an der Zeit, die Suite zu schließen und sich für die Parties fertig zu machen. Mary und Chezna erklärten sich bereit aufzuräumen, was nur recht und billig war, denn schließlich war es ja ihr Wohnzimmer.
    »Bis später«, sagte ich. »Nach dem Abendessen machen wir den Laden wieder auf.« Dann ging ich zurück in mein Hotelzimmer.

3

    I ch dachte über mein Telefongespräch mit Mort Mandelbaum nach und fühlte mich, wie schon so off in all den Jahren meiner Tätigkeit, wieder einmal daran erinnert, wie riskant dieses Geschäft ist. Die Skepsis, mit der die Banken unsere finanzielle Situation betrachten, ist berechtigt. Ganz gleich, wie ich mit den Zahlen jongliere — es läuft immer darauf hinaus, daß mir mindestens dreißig Prozent meiner Bücher Verluste einbringen. Vierzig Prozent decken gerade mal ihre Produktionskosten, und mit den restlichen dreißig Prozent mache ich Gewinn — wenn ich Glück habe. Und dabei ist die Gewinnspanne selten höher als zehn Prozent; oft liegt sie sogar bei fünf Prozent. Wer würde angesichts solcher Risiken ins Geschäft einsteigen? Ein Spieler. Ein unverbesserlicher Optimist. Jemand, der lieber Bücher macht als Geld — der aber überglücklich wäre, wenn er beides machen könnte.
    Das Läuten des Telefons unterbrach meine Gedanken, die sich — wie so oft, wenn ich über unsere Finanzlage nachgrübele — im Kreis bewegten.
    »Nick? Hier ist Harry.«
    »Harry, du bist angekommen. Gut.«
    »Ich bin unten in der Halle.«
    »Ich komme sofort.«
    Die Parties, die während der ABA veranstaltet werden, haben sich im Lauf der Zeit verändert. Die großzügige Gastfreundschaft und die Schnorrerei früherer Tage gibt es nicht mehr. Für die interessanteren Parties braucht man eine Einladung, und die werden nur spärlich vergeben, besonders in wirtschaftlich schlechten Zeiten. Manche Verlage sind sogar dazu übergegangen, ihre Gäste für die Getränke bezahlen zu lassen und das Essen ganz zu streichen. Die Party des New Yorker allerdings ist und bleibt beliebt, weil sie meist an einem ausgefallenen Ort stattfindet und gut bestückt ist. Si Newhouse, der Herausgeber des New Yorker, hält nicht viel von Hotelsuiten. Dieses Jahr sollte es eine Mondscheinfahrt mit der Queen of the Potomac sein, und Einladungen waren sehr gefragt. Barlow & Company hatte zwei bekommen.
    Ich traf Harry Bunter in der Hotelhalle. Wenn Harry nicht Rechte an geistigem Eigentum, sondern Grundstücke verkaufen würde, könnte er fünf Millionen im Jahr verdienen, und sein Name und sein Bild würden in Anzeigen erscheinen mit dem Text: »Harry Bunter, Makler des Monats«. Was er macht, macht er außerordentlich gut.
    Nicht daß man ihm das ansehen würde. Wie gewöhnlich trug Harry auch an diesem Tag einen hellgrauen Anzug, der aussah, als sei sein letztes Rendezvous mit einem Bügeleisen schon Monate her. Sein Hemdkragen stand offen, die gelockerte Krawatte hing über sein ansehnliches Bäuchlein. Harry besitzt das, was man früher als »stattliche Statur« bezeichnete. Die Hitze hatte ihm zugesetzt: Auf seinem Gesicht und Hals glänzte Schweiß, und das schüttere, kastanienbraune Haar hing ihm in die Stirn. Wie gewöhnlich war er in eine blaue Rauchwolke gehüllt und rauchte seine Zigarette mit einer Zigarettenspitze aus Plastik, denn er war, trotz aller gegenteiligen Beweise, fest davon überzeugt, daß ihn dies vor Lungenkrebs bewahren würde. Und wie gewöhnlich lagen Aschestäubchen auf den Schultern seines Anzugs. Der Camel-Mann persönlich.
    Merkwürdigerweise ist Harry mit einer der schönsten Frauen, die ich kenne, verheiratet. Claire Lindsay Bunter ist eine von Parker Foxcrofts illustren Autorinnen und so gepflegt, wie Harry schlampig ist. Vielleicht stimmt es ja doch, daß Gegensätze sich anziehen.
    »Du liebe Zeit, Nick«, sagte Harry, »du bist ja angezogen wie für einen... Empfang im Buckingham Palace!«
    Ich hatte einen breitkrempigen Panamahut aufgesetzt

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