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Der Besuch der alten Dame

Der Besuch der alten Dame

Titel: Der Besuch der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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halten nicht einmal die Personenzüge. Nur zwei von Kaffigen und der Einuhrdreizehn von Kalberstadt.
    DER DRITTE Ruiniert.
    DER VIERTE Die Wagnerwerke zusammengekracht.
    DER ERSTE Bockmann bankrott.
    DER ZWEITE Die Platz-an-der-Sonne-Hütte eingegangen.
    DER DRITTE Leben von der Arbeitslosenunterstützung.
    DER VIERTE Von der Suppenanstalt.
    DER ERSTE Leben?
    DER ZWEITE Vegetieren.
    DER DRITTE Krepieren.
    DER VIERTE Das ganze Städtchen.
    Zuggeräusch, der Bahnhofsvorstand salutiert. Die Männer verfolgen den Zug mit einer Kopfbewegung von rechts nach links.

    DER VIERTE Der >Diplomat<.
    DER DRITTE Dabei waren wir eine Kulturstadt.

    4
    DER ZWEITE Eine der ersten im Lande.
    DER ERSTE In Europa.
    DER VIERTE Goethe hat hier übernachtet. Im Gasthof zum Goldenen Apostel.
    DER DRITTE Brahms ein Quartett komponiert.
    Glockenton.

    DER ZWEITE Berthold Schwarz das Pulver erfunden.
    DER MAIER Und ich habe mit Glanz die Ecole des BeauxArts besucht, doch was treibe ich jetzt?
    Inschriftenmalerei!
    DER ZWEITE Höchste Zeit, daß die Milliardärin kommt. In Kalberstadt soll sie ein Spital gestiftet haben.
    DER DRITTE In Kaffigen die Kinderkrippe und in der Hauptstadt eine Gedächtniskirche.
    DER MALER Von Zimt, dem naturalistischen Schmierer, ließ sie sich porträtieren.
    DER ERSTE Die mit ihrem Geld. Die Armenian-Oil besitzt sie, die Western Railways, die Northern Broadcasting Company und das Bangkoker Vergnügungsviertel.
    Zuggeräusch. Links erscheint ein Kondukteur, als wäre er eben vom Zuge gesprungen.

    DER KONDUKTEUR mit langgezogenem Schrei Güllen!
    DER ERSTE Der Personenzug von Kaffigen.

    Ein Reisender ist ausgestiegen, geht von links an den Männern auf der Bank vorbei, verschwindet in der Türe mit der Anschrift: Männer.

    DER ZWEITE Der Pfändungsbeamte.
    DER DRITTE Geht das Stadthaus pfänden.
    DER VIERTE Politisch sind wir auch ruiniert.
    DER BAHNHOFSVORSTAND hebt die Kelle Abfahrt!
    Vom Städtchen her der Bürgermeister, der Lehrer, der Pfarrer und Ill, ein Mann von fast fünfundsechzig Jahren, alle schäbig gekleidet.

    DER BÜRGERMEISTER Mit dem Einuhrdreizehn-Personenzug von Kalberstadt kommt der hohe Gast.
    DER LEHRER Der gemischte Chor singt, die Jugendgruppe.
    DER PFARRER Die Feuerglocke bimmelt. Die ist noch nicht versetzt.
    DER BÜRGERMEISTER Auf dem Marktplatz bläst die Stadtmusik, und der Turnverein bildet eine Pyramide zu Ehren der Milliardärin. Dann ein Essen im Goldenen Apostel. Leider reicht es finanziell nicht zur Beleuchtung des Münsters und des Stadthauses am Abend.
    DER PFÄNDUNGSBEAMTE kommt aus dem Häuschen Guten Morgen, Herr Bürgermeister. Grüße recht herzlich.
    DER BÜRGERMEISTER Was wollen Sie denn hier, Pfändungsbeamter Glutz?
    DER PFÄNDUNGSBEAMTE Das wissen Herr Bürgermeister schon. Ich stehe vor einer Riesenaufgabe.
    Pfänden Sie mal eine ganze Stadt.
    DER BÜRGERMEISTER Außer einer alten Schreibmaschine finden Sie im Stadthaus nichts.
    DER PFÄNDUNGSBEAMTE Herr Bürgermeister vergessen das Güllener Heimatmuseum.
    DER BÜRGERMEISTER Schon vor drei Jahren nach Amerika verkauft. Unsere Kassen sind leer. Kein Mensch bezahlt Steuern.
    DER PFÄNDUNGSBEAMTE Muß untersucht werden. Das Land floriert, und ausgerechnet Güllen mit der Platz-an-der-Sonne-Hütte geht bankrott.
    DER BÜRGERMEISTER Wir stehen selber vor einem wirtschaftlichen Rätsel.
    DER ERSTE Alles von Freimaurern abgekartet.
    DER ZWEITE Von den Juden gesponnen.
    DER DRITTE Die Hochfinanz lauert dahinter.
    DER VIERTE Der internationale Kommunismus zieht seine Fäden.

    Glockenton.

    DER PFÄNDUNGSBEAMTE Finde immer etwas. Habe Augen wie ein Sperber. Spähe mal bei der Stadtkasse nach. Ab.
    DER BÜRGERMEISTER Besser, er plündert uns jetzt als nach dem Besuch der Milliardärin.

    5

    Der Maler hat seine Inschrift beendet.

    ILL Das geht natürlich nicht, Bürgermeister, die Inschrift ist zu intim. Willkommen Claire Zachanassian, muß es heißen.
    DER ERSTE Ist aber Kläri.
    DER ZWEITE Kläri Wäscher.
    DER DRITTE Hier aufgewachsen.
    DER VIERTE Ihr Vater war Baumeister.
    DER MALER So schreib ich einfach: Willkommen Claire Zachanassian auf die Hinterseite. Wenn die Milliardärin dann gerührt ist, können wir ihr immer noch die Vorderseite zudrehen.
    DER ZWEITE Der >Börsianer<, Zürich-Hamburg.

    Ein neuer Expreßzug kommt von rechts nach links.

    DER DRITTE Immer exakt, die Uhr könnte man nach ihm richten.
    DER VIERTE Bitte, wer hat hier schon noch eine Uhr.
    DER BÜRGERMEISTER Meine Herren, die Milliardärin ist

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