Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Entwürfen die einzelnen Teile her, und dann kamen noch erheblich mehr Menschen und schraubten, nieteten, schweißten oder klebten (mit Hilfe weiterer, von Menschen gemachter Maschinen) die Stücke zusammen, jedes an seinem richtigen Platz. Die Entstehung eines Flugzeugs ist für uns kein grundsätzliches Geheimnis, denn es waren Menschen, die es gebaut haben. Das systematische Zusammensetzen von Teilen zu einem sinnvollen Entwurf kennen und verstehen wir, denn wir haben diese Erfahrungen selbst gemacht, und sei es auch nur mit dem Stabilo- oder Fischerbaukasten unserer Kinderzeit.
Wie sieht es nun mit unserem eigenen Körper aus? Jeder von uns ist eine Maschine, wie ein Flugzeug, nur sehr viel komplizierter.
Wurden auch wir auf einem Reißbrett entworfen und die Einzelteile von einem geschickten Ingenieur zusammengesetzt? Die Antwort ist nein. Das ist allerdings eine überraschende Antwort, und wir kennen und verstehen sie auch noch nicht lange, seit etwa einem Jahrhundert. Als Charles Darwin seine Theorie zum ersten Mal erklärte, gab es viele, die sie entweder nicht begreifen wollten oder nicht begreifen konnten. Auch ich lehnte es rundweg ab, als ich als Kind das erste Mal davon hörte, Darwins Theorie zu glauben. Während unserer ganzen Geschichte, bis hin zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, hat es kaum jemanden gegeben, der nicht fest an das Gegenteil glaubte: an die Lehre vom bewußten Weltschöpfer. Und viele tun das immer noch, vielleicht, weil die wahre, die darwinistische Erklärung unserer Existenz leider immer noch nicht zur Routine im Lehrprogramm unserer allgemeinen Schulbildung gehört. Und sicherlich wird sie in vielen Kreisen mißverstanden.
Der Uhrmacher meines Buchtitels ist aus einer berühmten Abhandlung des Theologen William Paley ausgeborgt, der im 18. Jahrhundert gelebt hat. Sein 1802 veröffentlichtes Werk Natural Theology - Or Evidences of the Existence and Attributes of the Deity Collected front the Appearances of Nature ist die bekannteste Darstellung des teleologischen Gottesbeweises, der stets das einflußreichste Argument für die Existenz eines Gottes gewesen ist. Ich bewundere dieses Werk außerordentlich: Zu seiner Zeit gelang seinem Autor das, um was ich selbst mich jetzt bemühe. Er hatte etwas zu sagen, glaubte leidenschaftlich daran und scheute keine Mühe, es seinen Zeitgenossen deutlich vor Augen zu führen. Er hatte große Ehrfurcht vor der Komplexität der Welt des Lebendigen und begriff, daß sie auf eine besondere Weise erklärt werden muß. Das einzige, worin er sich total irrte, war die Erklärung selbst - was ja nicht gerade unwichtig ist. Er gab die herkömmliche religiöse Antwort auf das Rätsel, aber er formulierte sie deutlicher und überzeugender als je einer zuvor. Die richtige Erklärung lautet ganz anders und mußte auf einen der revolutionärsten Denker aller Zeiten warten, auf Charles Darwin. Paley beginnt sein Buch Natural Theology mit einem berühmten Absatz:
Nehmen wir an, ich ginge über eine Heide und stieße dabei mit dem Fuß gegen einen Stein und jemand würde mich fragen, wie der Stein dorthin gekommen sei; ich könnte vielleicht antworten, daß er, soviel ich wüßte, immer dort gelegen habe: und vielleicht wäre es nicht einmal sehr einfach, die Absurdität dieser Antwort aufzuzeigen. Nehmen wir nun aber an, ich hätte eine Uhr auf dem Boden gefunden und man würde nachforschen, wie die Uhr an diesem Platz zu liegen gekommen sei, so würde mir wohl kaum die Antwort einfallen, die ich zuvor gegeben hatte, nämlich daß, soviel ich wüßte, die Uhr schon immer dort gelegen haben müßte.
Paley ist sich hier des Unterschieds zwischen natürlichen physikalischen Objekten wie Steinen und entworfenen und hergestellten Gegenständen bewußt. Er erläutert anschließend die Präzision, mit der die Zahnräder und Federn einer Uhr hergestellt, und die Komplexität, mit der sie zusammengebaut sind. Fänden wir einen Gegenstand wie eine Uhr auf der Heide, so zwänge uns, selbst wenn wir nicht wüßten, wie sie entstanden ist, allein ihre Präzision und Feinheit des Entwurfs zu der Schlußfolgerung, daß die Uhr einen Schöpfer gehabt haben muß: daß zu irgendeiner Zeit, an irgendeinem Ort ein Feinmechaniker existiert haben muß, oder mehrere, der sie zu diesem Zweck hergestellt hat, dem sie, wie wir feststellen, gegenwärtig dient und der seine Konstruktion verstand und seine Verwendung plante.
Kein Vernünftiger könnte zu einem anderen als
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