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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ob er der Unglaubliche Hulk wäre und seine Muskeln wie verrückt anschwollen. Doch er stand vor einer Frau, die gerade eine Fehlgeburt gehabt hatte und in einem Krankenhausbett lag. Er löste die Fäuste, zwang sich, ruhig durchzuatmen. »Du machst also nicht nur mit mir Schluß, du machst mir außerdem noch klar, daß ich ein Stück Scheiße bin. Einfach als, was weiß ich, als Abschiedsgeschenk? Um dem Verlierer noch kurz eins draufzugeben? Um mich freundlicherweise wissen zu lassen, daß ich ein Windei bin und nichts wert?«
    »Nein, Theo. Aber irgend etwas an dir hat sich verändert, das will ich damit sagen, und was übrig ist, reicht nicht, wenigstens mir nicht. Ich will nicht den Rest meines Lebens darauf hoffen, daß es irgendwann doch noch mal besser wird, daß du aufhörst, ein gutaussehender, unbeschwerter Junge mit guten Anlagen zu sein, und anfängst, ein richtiger Mann zu werden. Okay, du hast bei unserem ersten Rendezvous ›The Way You Look Tonight‹ für mich gesungen, und ich hab mich in dich verknallt, aber das reicht nicht für ein ganzes Leben. Ich weiß nicht, warum ich das bis zu der Fehlgeburt nicht sehen konnte, aber jetzt sehe ich es auf jeden Fall. Da bin ich lieber allein. Da habe ich lieber allein ein Kind, sofern ich überhaupt noch mal schwanger werden kann. Also bitte, nutz die Zeit, die ich bei meinen Eltern bin, und pack deinen Kram und besorg dir eine andere Bleibe.«
    »Du willst mich aus meinem eigenen Haus werfen? Ich zahle die halbe Miete!«
    »Mit Ach und Krach. Aber davon abgesehen war es ursprünglich mein Haus, schon vergessen? Ich hab dich nur einziehen lassen, weil Laney mit Brian zusammenziehen wollte und das einfacher war, als ein Inserat aufzugeben.«
    Er hatte einen diffusen Zorn in der Brust und ein Loch in der Mitte, das sich anfühlte, als ob es sich nie wieder schließen ließe. »Also mehr war es nicht, was? Einfacher, als ein Inserat aufzugeben?«
    Es dauerte einen Moment, doch ihre Miene wurde weicher. »Nein, es war mehr. Natürlich war es mehr. Ich habe dich geliebt, Theo.«
    »Früher mal.« Er schloß die Augen. Alles war soeben zerronnen und floß im Rinnstein davon, sein ganzes Leben vergluckerte im Gully.
    »Wahrscheinlich liebe ich dich immer noch, falls du das fragen willst. Aber ich kann nicht mehr mit dir leben. Es ist zuviel Arbeit, an uns beide zu glauben. Für Märchen bin ich zu alt.«
    Als er im Flur an ihren Eltern vorbeiging und ihre verlegenen Mienen verrieten, daß sie ganz genau wußten, was ihre Tochter ihm gerade eröffnet hatte, hätte er am liebsten etwas Bissiges gesagt, etwas Bitteres und Intelligentes, aber er war zu leer, zu wütend, zu traurig. Das einzige, was ihm einfiel, war: »Das ist nicht gerecht!« Und das war eine Bemerkung, wie sie einem Mann von dreißig Jahren schlecht anstand.

 
2
Die stumme Primeltochter
     
     
    D ie Villa war eine halbe Tagesfahrt von der großen Stadt entfernt, weit genug, um das Gewissen von Angehörigen und Freunden nur geringfügig zu belasten, wobei das Gewissen bei vielen Mitgliedern der führenden Sippen durch Gewohnheit und Erziehung ohnehin unterentwickelt war. Sie hatte einst einem Sproß des emporgekommenen Zinniengeschlechts gehört, doch der Stern dieser Familie war genauso schnell gesunken, wie er einst gestiegen war, und obwohl noch immer Name und Wappen über der Tür prangten, hatten die früheren Bewohner das riesige Haus schon vor langem verkauft und waren in bescheidenere Verhältnisse in der Stadt umgezogen, eine Reihe von Familienwohnungen in Hafennähe, wo sie ihre Reedereigeschäfte betreiben und von den besseren Zeiten träumen konnten, die sie gesehen hatten – und den besseren Zeiten, so hofften sie, die sie eines Tages wieder sehen würden.
    Die Villa Zinnia jedoch blieb bestehen, eingebettet in eine Falte der waldigen Berge von Ur-Arden und umgeben von einem Anwesen, das zwar nicht ganz so penibel gepflegt war wie in seiner Glanzzeit, aber dennoch grün und stilvoll und vor allen Dingen groß genug war, um Ungestörtheit zu gewährleisten.
    Die Villa hatte jetzt drei- bis viermal so viele Bewohner wie damals, als sie noch im Familienbesitz war, und machte entsprechend mehr Arbeit, soviel wie ein ganzes Dorf und nicht bloß ein einzelnes Haus – jedenfalls behauptete das der Verwaltungsdirektor, ein kleiner, adretter Mann namens Lungenkraut, dessen rudimentäre Flügel sich allen Versuchen einer operativen Entfernung widersetzten, indem sie immer wieder nachwuchsen

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