Der Blutmond
sich ihr Glas vom Küchentresen und kehrte dem blonden Schürzenjäger, der keine Möglichkeit ausließ, sich ihr zu nähern, den Rücken zu.
"Habe ich da eben etwas missverstanden und die Zeichen falsch gedeutet?" fragte er verwirrt.
"Missverstanden? Das war eine völlige Fehlinterpretation!", donnerte Mimma ihm an den Kopf, während sie sich auf der Couch niederließ und den Fernseher anschaltete. Sie drehte die Lautstärke der Lautsprecher übertrieben weit auf.
"Hey! Du hast dich doch an mir gerieben!", konterte Ardric und warf entnervt seine Hände in die Luft. Mimma nahm einen Schluck vom mikrowellenerwärmten Blut. Es schmeckte furchtbar. Am liebsten hätte sie es sofort wieder ausgespuckt. Blutkonserven waren einfach nicht mit frischem, körperwarmem Blut zu vergleichen.
"Nur weil ich mich kurz hab gehen lassen, heißt das noch lange nicht, dass ich mir meine Kleider vom Leib reißen will und nichts lieber täte, als mich ausgerechnet dir hinzugeben!", gab die unnahbare Schönheit patzig von sich. Sie erhöhte die Lautstärke des Fernsehers nochmals um einige Stufen.
"In Ordnung. Ich habe verstanden. Du sendest mir sexuelle Signale, die nicht einmal ein Blinder falsch deuten könnte und sobald ich darauf eingehe, bin ich der Böse", schlussfolgerte Ardric, schnappte sich die Fernbedingung und drehte die Lautstärke der Lautsprecher auf Zimmerlautstärke herunter. Eingeschnappt krallte Mimma sich an ihrem Glas fest und heftete ihren Blick stur auf den flimmernden Bildschirm. Sie war so in Rage, dass sie sich nicht einmal darauf konzentrieren konnte, was im Fernseher lief. Ardric seufzte.
"Na gut. Voraussichtlich bin ich morgen Abend wieder zurück. Stell nichts an und verhalte dich ruhig." Mit diesen Worten verabschiedete sich Ardric. Er schnappte sich seine Autoschlüssel und verschwand im Aufzug. Erst als sich die Türen des Aufzugs wieder schlossen und Mimma hörte, wie die Zahnräder des Aufzugsmotors ächzend ineinandergriffen und die Riemen die Fahrstuhlkabine langsam nach unten, ins Erdgeschoss brachten, warf Mimma einen schmachtenden Blick auf die geschlossene Fahrstuhltüren.
Als sie sich sicher war, dass er wirklich weg war, stand sie mit ihrem halbvollen Glas auf, ging zum Spülbecken und kippte das bereits stark abgekühlte Blut in den Abfluss.
"Das wäre doch gelacht, wenn ich für heute Abend keine Ablenkung finden würde", sagte Mimma zu sich selbst und leckte sich voller Vorfreude über die Lippen. Sie rannte die Stufen zum Schlafzimmer hinauf und ging schnurstracks auf ihre Hälfte des Kleiderschrankes zu. Ohne lange nachzudenken griff sie nach einer engen Jeans und einem lässigen Shirt. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie ihre Kleidung gewechselt.
Im Badezimmer tuschte sie ihre üppigen Wimpern, um ihren Augen einen noch intensiveren Blick zu verleihen und toupierte ihre Haare zu einer sexy Mähne auf. Dann war sie bereit, die Nacht zum Tag werden zu lassen, denn der vor Tatendrang übersprudelnde Wildfang hatte vor, richtig auf den Putz zu hauen.
Einerseits, weil sie sich langweilte und andererseits, um ihrem strengen Schöpfer eins auszuwischen. Trotzreaktionen waren eine ihrer leichtesten Übungen.
Wenn Ardric sich mit Frauen amüsieren konnte, wie er es auf ihrer Weltreise unablässig tat, konnte sie es ihm gleich tun. Schließlich war es nur das, was ihr Macher ihr vorlebte.
Und heute Nacht war Mimma auf Männerfang aus. Ardric war nicht da, um sie davon abzuhalten und das verschaffte ihr eine gewisse Genugtuung, für all die unzähligen und kurzlebigen Affären, die sie hat miterleben müssen.
Mimma überlegte, ob sie ihren eigenen Wagen nehmen, den ihr Ardric als Neuvampir-Willkommensgeschenk überreicht hatte, oder, um weniger Aufsehen zu erregen, sich besser ein Taxi rufen sollte. Zudem war sie noch nie mit dem auffälligen, zitronenfaltergelben Sportwagen gefahren, da Ardric bei beinahe jeder Unternehmung, immer auf seine Limousine bestanden hatte.
Nach kurzem Grübeln entschied sie sich für das weniger auffallende Gelb. Das Gelb eines Taxis, das sie an den Ort bringen sollte, der ihr am Vertrautesten war. Dem Entity of Night. Es war besser so unauffällig wie möglich zu agieren, damit niemand sie erkennen und ihren nächtlichen Ausflug an den Clubinhaber verpetzen konnte.
Mimma ging zur Garderobe, nahm ihre Handtasche vom Haken und suchte nach ihrem Apartmentschlüssel. Als sie etwas Kühles, Metallenes mit ihren Fingerspitzen spürte, griff sie zu und zog den
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