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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sie: Das Teppichhaus
WÖLPE RT — Fachgeschäft für exklusive Orientteppiche — suche eine Verkäuferin.
    Aus der Nähe gesehen, erwies
sich das Teppichhaus als eher kleiner Laden. Die Teppiche freilich waren von
allererster Qualität.
    Edith bekam den Job und
verliebte sich vom ersten Moment an in ihren Chef, Dieter Wolpert, einen
eleganten Junggesellen und Schönredner. Schon nach kurzer Zeit wurde sie seine
Liebste, seine Lebensgefährtin. Wem sie da in die Hände gefallen war — davon
ahnte sie nichts. Denn neben ihrer Schwäche im Streiten hatte Edith noch einen
anderen Fehler: Sie war grenzenlos naiv. Sie glaubte, was man ihr sagte,
vermochte niemanden zu durchschauen und erkannte nie eine Lüge.

    Sein Gewerbe — der ständige
Umgang mit Teppichen — war abgefärbt auf Dieter Wolpert. Er sah so aus, wie man
sich einen orientalischen Teppichhändler vorstellt: blauschwarzer Bart,
ebensolches Haar, Brille und gestenreiche Sprache. Tatsächlich war Wolpert so
deutsch wie der Bundesadler und konnte seine Vorfahren bis 1799 nachweisen.
Alle waren ansässig gewesen als Krämer und Kleinbauern in einem Kaff namens
Merklebockhausen. Unter den Altvorderen hatte es auch zwei Pfandleiher gegeben
und einen berüchtigten Betrüger, der nach 19 Jahren Aufenthalt im Gefängnis
dortselbst verstarb.
    Jetzt hatte Wolpert den Laden
geschlossen und war nach Hause gefahren in seine ansehnliche Villa, weil Edith
— unter Schluchzen — anrief von dort.
    „Er hat mich geschlagen,
Dieter. Er hat mich niedergeschlagen. Vor den Augen meiner Tochter.“
    Als Wolpert zu Hause ankam — in
der Tenghof-Straße 40 lag Edith im sogenannten Kleinen Salon auf der Couch und
kühlte sich die Stirn mit einem Eisbeutel.
    „Das wird dieser Mistkerl
büßen, Edith!“
    Wolpert setzte sich neben sie
und untersuchte die Verletzung.
    „Nur eine Schwellung. Die Haut
ist etwas gerötet.“
    „Aber es tut weh. Ich war
bewußtlos.“
    „Der Kerl ist gemeingefährlich.
Ein Brutalo. Der gehört hinter Gitter.“
    „Deshalb bin ich ja weg von
ihm.“
    „Es ist besser, wenn wir die
Polizei aus dem Spiel lassen. Wir müssen das selber regeln.“
    Sie nickte. „Ich habe Norbert
verlassen, weil ich es nicht mehr aushalten konnte bei ihm. Trotzdem — ich
fühle mich schuldig. Wegen Anna. Die Polizei sieht das sicherlich genauso. Es
wird heißen: böswilliges Verlassen.“
    „Denk jetzt nicht daran“, sagte
Wolpert. „Überlaß ihn mir. Ich rede mit ihm. Erstmal telefonisch. Hast du ihm
gesagt, daß du bei mir bist?“
    „Dazu ist es nicht gekommen.
Ich glaube, er wollte es gar nicht wissen.“
    Wolpert prüfte, ob der
Eisbeutel auf ihrer Stirn noch kalt genug war, tätschelte seiner Freundin die
Wange und ging nach nebenan, wo in seinem luxuriösen Arbeitszimmer auch ein
Telefon war.
    Er wählte Schengmanns Nummer,
und der verrohte Typ meldete sich.
    „Ich heiße Wolpert“, sagte der
Teppichhändler. „Ich bin der, bei dem Edith jetzt lebt. Sie haben sie
geschlagen — auf brutalste Weise. Sie ist verletzt. Vermutlich eine Gehirnerschütterung.
Ich will nicht hoffen, daß Edith ins Krankenhaus muß. Jedenfalls — eine
Ungeheuerlichkeit, was Sie tun.“
    „Übertreiben Sie nicht!“ sagte
Schengmann. Doch seine Stimme klang unsicher.
    „Edith wird nicht mehr
zurückkehren. Das ist Ihnen doch klar?“
    „Ich verzichte gern. Verstanden
haben wir uns nie.“
    „Edith verlangt, daß Anna zu
ihr kommt.“
    „Nie! Es ist auch meine
Tochter. Und wer hat denn wen verlassen. Häh?“
    „Sie haben Edith aus dem Haus
getrieben mit Ihrem rüden Benehmen. Anna liebt ihre Mutter und will zu ihr.
Hier bei uns hätte die Kleine es besser. Darüber sollten wir in aller Ruhe
miteinander reden — bevor Edith Strafanzeige stellt wegen Körperverletzung.
Haben Sie morgen Zeit?“
    „Morgen“, knurrte Schengmann,
„habe ich den ganzen Tag Dienst. Eine Transportfahrt nach der andern.
Vormittags geht schon mal gar nichts. Und nachmittags... Moment! Muß nachsehen.
Nein, auch nicht. Um 15 Uhr geht’s nach Pürkheim, um 16 Uhr nach...“
    „Pürkheim?“ fiel Wolpert ihm
ins Wort. „Das trifft sich gut. Ich muß dort nachmittags einen Kunden besuchen.
Kennen Sie den Gasthof Reitmeier? Dort...“
    „Was stellen Sie sich vor?“
fauchte Schengmann. „Wissen Sie, was ich mache? Ich bin Geldtransportfahrer.
Bei uns herrscht höchste Sicherheitsstufe. Da ist jede Minute verplant, jede
Route festgelegt, und alles geht nach Vorschrift. Wir haben Millionen im

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