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Der Bourne Befehl

Der Bourne Befehl

Titel: Der Bourne Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Eric Van Lustbader
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EINS
    EINE WOCHE SPÄTER
    »Sie lassen uns wie Idioten aussehen.«
    Der Präsident der Vereinigten Staaten blickte wütend in die kleine Runde, die sich im Oval Office versammelt hatte, und sah jedem der Männer in die Augen, die militärisch stramm vor ihm standen. Es war ein sonniger Nachmittag, doch hier drinnen herrschte eine so drückende Spannung, als würde sich gerade das private Gewitter des Präsidenten zusammenbrauen.
    »Wie konnten wir nur in eine so jämmerliche Lage geraten?«
    »Die Chinesen sind uns schon seit Jahren voraus«, antwortete Christopher Hendricks, der neu ernannte Verteidigungsminister. »Sie bauen Atomkraftwerke, um sich von Öl und Kohle unabhängig zu machen, und wie sich jetzt zeigt, verfügen sie über sechsundneunzig Prozent des weltweiten Vorkommens von seltenen Erden.«
    »Seltene Erden«, donnerte der Präsident. »Was zum Teufel sind seltene Erden?«
    General Marshall, der Stabschef im Pentagon, trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Das sind Mineralien, die …«
    »Bei allem Respekt, General«, warf Hendricks ein, »seltene Erden sind Elemente.«
    Mike Holmes, der Nationale Sicherheitsberater, wandte sich Hendricks zu. »Was ist der Unterschied, und wen kümmert das überhaupt?«
    »Jedes dieser Seltenerdmetalle hat ganz bestimmte Eigenschaften«, antwortete Hendricks. »Seltene Erden werden für eine ganze Reihe von neuen Technologien gebraucht, zum Beispiel bei Elektroautos, Handys, Windkraftwerken, Lasern, Hightech-Magneten, Supraleitern und, was für uns – vor allem für Sie, General – besonders wichtig sein dürfte, auch für militärische Waffensysteme. Denken Sie zum Beispiel an unsere unbemannten Predator-Drohnen oder unsere neuesten Präzisionslenkwaffen, Laser-Zielsysteme und Satelliten-Kommunikationsnetzwerke. Das alles braucht seltene Erden, die wir aus China importieren.«
    »Und warum haben wir das alles nicht schon früher gewusst?«, schäumte Holmes.
    Der Präsident nahm ein paar Papiere von seinem Schreibtisch und hielt sie hoch wie Wäschestücke an der Leine. »Das hier sind sechs Memos aus den vergangenen dreiundzwanzig Monaten, von Chris an Ihren Stab, General. Darin führt er genau das aus, was er uns gerade erzählt hat.« Der Präsident drehte die Memos um und las daraus vor. »›Ist irgendjemandem im Pentagon bewusst, dass man zwei Tonnen von diesen Seltenerdmetallen braucht, um eine einzige Windkraftanlage zu bauen, dass unsere Windkraftwerke also aus China importiert sind?‹« Er sah General Marshall fragend an.
    »Die habe ich nie gesehen«, beteuerte Marshall steif. »Ich weiß nichts von …«
    »Irgendjemand aus Ihrem Stab muss sie aber gesehen haben«, fiel ihm der Präsident ins Wort, »und das bedeutet, dass zumindest Ihre Kommunikationswege im Arsch sind.« Der Präsident griff selten zu einer so derben Ausdrucksweise, sodass sofort schockierte Stille eintrat. »Es könnte aber auch sein«, fuhr er fort, »dass das ein Fall von grober Fahrlässigkeit ist.«
    »Grobe Fahrlässigkeit?«, fragte Marshall blinzelnd. »Ich verstehe nicht.«
    Der Präsident seufzte. »Erklären Sie’s ihm, Chris.«
    »Die Chinesen haben soeben ihre Exportquote für seltene Erden um siebzig Prozent gekürzt. Sie legen selbst Vorräte für den Eigengebrauch an, so wie ich es in meinem zweiten Memo an das Pentagon vor dreizehn Monaten angekündigt habe.«
    »Und weil wir nicht reagiert haben«, fügte der Präsident hinzu, »sind wir jetzt im Arsch.«
    »Tomahawk Cruise-Missiles, das XM982 Excalibur-Artilleriegeschoss, die lasergelenkte Bombe GBU-28«, zählte Hendricks die Waffensysteme an seinen Fingern ab, »Glasfasertechnologie, Nachtsichtsysteme, das Multipurpose Integrated Chemical Agent Alarmsystem MICAD, neuartige Strahlungsdetektoren, Sonarwandler ….« Er legte den Kopf auf die Seite. »Soll ich noch mehr aufzählen?«
    Der General funkelte ihn wütend an, war aber klug genug, seine bitterbösen Gedanken für sich zu behalten.
    »Also.« Der Präsident trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Schreibtisch. »Wie kommen wir aus dem Schlamassel wieder raus?« Er erwartete keine Antwort, sondern drückte auf einen Knopf an der Sprechanlage. »Schicken Sie ihn rein«, sagte er.
    Wenige Augenblicke später kam ein kleiner, rundlicher Mann mit schütterem Haar ins Oval Office geeilt. Die geballte Macht, die in dem Raum versammelt war, schien ihn kein bisschen einzuschüchtern. Er beugte nur ganz leicht den Kopf, so wie jemand es vor einem

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