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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Adam Angst hatte. Oder verbitterte es ihn, daß er vielleicht so jung schon sterben mußte?
    Dem Leutnant war der Blick nicht entgangen. »Keine Sorge, Sir«, sagte er, »ich bin bereit.«
    Bolitho lächelte »Zweifellos. Komm, Adam, gehen wir ein bißchen auf und ab, das vertreibt die Zeit.«
    Die Scharfschützen und die Kanoniere an den Drehbassen in den Marsen spähten hinunter aufs Achterdeck, wo der Vizeadmiral und sein junger Adjutant promenierten, mit ihren Schatten die nackten Rücken der Stückmannschaften streifend.
    Vielleicht zum hundertsten Male ließ Midshipman Ferrier sein Glas sinken; seine Augen brannten, so angestrengt hatte er nach dem ansegelnden 74er ausgespäht. Kaum zu glauben, daß er noch vor ganz kurzer Zeit an daheim gedacht hatte, an die Chance, die das Offiziersexamen ihm bot. Je näher diese hohe Segelpyramide mit ihrer Doppelreihe schwarzer Kanonenrohre kam, desto blasser wurden seine Hoffnungen. Inzwischen sorgte er sich am meisten um die Frage, ob er vor dem Kommenden bestehen oder versagen würde.
    Er sah Bolitho vorbeigehen, ins Gespräch mit seinem Neffen vertieft, der über eine Bemerkung seines Onkels lächelte. Als Ferrier wieder das Fernglas hob, waren seine Ängste zerstreut.
    Im unteren Batteriedeck spähte Midshipman Owen Evans ins Halbdunkel, bis er Leutnant Hallowes ausgemacht hatte, der die 26 Kanonen befehligte; dann rannte er zu ihm mit der Nachricht des Kommandanten.
    Hallowes hörte den Kadetten an und antwortete nur lakonisch: »Hol mich der Teufel, Walter, aber wir greifen zuerst die Fregatte an.«
    Sein Gehilfe, der Fünfte Offizier, brach in Gelächter aus, als hätte Hallowes einen tollen Witz gemacht.
    Evans verharrte kurz am Fuß der Niedergangsleiter und ließ den Blick über die rot gestrichenen Bordwände schweifen, über die schweißnassen Oberkörper der Männer an den offenen Stückpforten; alle trugen die Halstücher schützend über die Ohren gebunden, denn in diesem engen Raum konnte das Krachen der Vierundzwanzigpfünder einen Menschen binnen Minuten taub machen.
    Plötzlich gewahrte Evans, daß seine Hand auf dem hölzernen Handlauf so unkontrolliert zitterte, als hätte sie einen eigenen Willen.
    Foord, der Fünfte Offizier, sah den Jungen zögernd am Niedergang stehen und blaffte: »Schlag da bloß keine Wurzeln, Kerl! Du wirst gleich Meldungen die Menge zum Austragen kriegen.« Foord hatte selbst als Midshipman auf
Achates
gedient und war erst neunzehn Jahre alt. Etwas leiser fügte er hinzu: »Was ist denn, Mr. Evans?« Evans starrte zu ihm auf. »Nichts, Sir.« Aber in seinem Kopf gellte immer wieder der Satz:
Ich werde fallen, ich werde fallen.
    Seufzend sah Foord ihm nach, als er die Leiter hinaufhastete; dachte wahrscheinlich immer noch an Duncans Tod, der Junge.
    Unter Foords Füßen, im Orlopdeck, umkreiste der Chirurg Tuson langsam seinen Operationstisch und musterte die glitzernden Reihen der Sonden und Sägen, die bereitstehenden Eimer, den Lederriemen, der den Verwundeten zwischen die Zähne geschoben wurde. Und den großen Krug Rum, mit dessen Hilfe die Agonie erträglicher gemacht werden sollte. Hinter dem Lichtkreis der langsam schwingenden Lampen warteten seine Gehilfen wie Harpyien, die Fäuste unter den noch sauberen Schürzen verborgen.
    Tuson ging in sein schmales Lazarett und starrte blicklos die Pritschen an, den Schrank mit Rum und Brandy. Er spürte, daß er die Fäuste geballt hatte, daß sein Mund bei dem Gedanken an den ersten Schluck nach so langer Zeit ganz trocken wurde.
    Da hörte er Schritte und sah, daß Korporal Dobbs ihn an seinem aufgepflanzten Bajonett vorbei zweifelnd musterte. Der Schiffsprofos hatte Dobbs zum Gefangenenwärter bestimmt, aber jetzt wurde er als Marinesoldat auf seinem Posten an Deck gebraucht.
    Auch Sir Humphrey Rivers stand an der Tür, den Kopf unter dem niedrigen Decksbalken gebeugt.
    Unbehaglich meinte Dobbs: »Konnte einen so hohen Herrn wie ihn nicht gut in der Zelle lassen, Sir.«
    Tuson nickte. Für den Fall, daß das Schiff unter ihren Füßen sank, ergänzte er in Gedanken.
    »Und ich kann ihn ja auch nicht zu den Welschen sperren, die wir nach dem Schiffbruch geborgen haben«, fuhr Dobbs fort.
    Tuson sah Rivers an. »Wenn Sie hier bleiben, Sir Humphrey, finden Sie es vielleicht noch ungemütlicher.«
    Rivers entgingen nicht die schwankenden Schatten, die wie Vorboten des Verhängnisses in allen Ecken und Winkeln lauerten.
    »Immer noch besser, als allein zu sein.« Er nickte dem

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