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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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er sich mit löwenhaftem Mut über das blutige Deck zu ihm durchschlug, aber auch, wie er mit Tränen in den Augen seinen verwundeten Kommandanten nach unten ins Lazarett trug. Nein, ein Schiff ohne Allday konnte er sich nicht vorstellen.
    Auch nicht sein neues Flaggschiff, das ihn zu diesem Sondereinsatz nach Amerika und in die Karibik tragen sollte.
    Wenigstens war der Kommandant ein alter Freund: Valentine Keen, vor langer Zeit einer von Bolithos Seekadetten, der seither bei den verschiedensten Gelegenheiten Freud und Leid mit ihm geteilt hatte. Der letzte Kommandant der
Achates
war am Fieber gestorben, unterwegs von Antigua zu der Werft, wo sie gebaut worden war und die längst fällige Überholung erhalten sollte.
    Bolitho war froh, daß er Keen als Flaggkapitän bekommen hatte. Er warf einen Blick auf den schlummernden Allday und erinnerte sich daran, wie sein Bootsführer einst Keen das Leben gerettet hatte, als er ihm mit eigener Hand einen langen Holzsplitter aus dem Leib schnitt, weil der Schiffsarzt zu betrunken gewesen war.
    Sie fuhren an einer Gruppe Feldarbeiter vorbei, die an einem Gatter lehnten und Apfelwein aus groben irdenen Krügen tranken. Bolitho sah, daß einige zur Kutsche aufblickten, einer hob sogar grüßend die Hand. Bald mußte man es in und um Falmouth wissen: Wieder war ein Bolitho ausgezogen. Ob er wohl zurückkehren würde?
    Abermals dachte er an Belinda, die er in dem weitläufigen alten Steinhaus allein zurücklassen mußte. Hoffentlich… Aber er war nicht der erste Marineoffizier, der fort mußte, wenn ihn seine Frau oder seine Familie am meisten brauchte. Bolitho strich über die neue Goldlitze an seinem Rock und setzte sich gerade. Genausowenig wie er der letzte war, dem dies geschah.
    Der Friede konnte nicht dauern, mochten die Politiker das auch überall herumposaunen. Zu viele Leben waren geopfert worden, zu viele Ungerechtigkeiten nicht gesühnt.
    Wenn England sechzig von seinen hundert Linienschiffen außer Dienst stellte und gut vierzigtausend Matrosen und Seesoldaten nach Hause entließ, dann hätte Frankreich doch mit Blindheit geschlagen sein müssen, um nicht seinen Vorteil aus solcher Vertrauensseligkeit zu ziehen.
    Aber es war besser, über
Achates’
Bestimmungsort nachzudenken, sagte sich Bolitho: die kleine Insel San Felipe, die wie ein verwitterter Wachtposten die Enge zwischen Kuba und Haiti beherrschte. Wie andere Inseln in der Karibik blickte sie auf ein bewegtes und blutiges Schicksal zurück. Ursprünglich in spanischem Besitz, war sie von Frankreich erobert und bis zur Amerikanischen Revolution gehalten worden. Dann hatte England sie nach harten Kämpfen und unter dem Verlust vieler Menschenleben an sich gebracht.
    Und jetzt, so wollte es die Übereinkunft mit Frankreich, sollte diese Insel als Geste des guten Willens zurückgegeben werden. Aber es war nicht mehr die gleiche Insel. Als Admiral Rodneys Schiffe sie 1782 erobert hatten, nur ein Jahr nach
Achates’
Stapellauf, war sie ein ödes, menschenfeindliches Stück Land gewesen. Während sie jetzt, so hatte Bolitho bei der Admiralität erfahren, vor Wohlstand und Fruchtbarkeit strotzte.
    Als Gouverneur regierte dort zur Zeit ein pensionierter Vizeadmiral, Sir Humphrey Rivers, Ritter des Bath-Ordens. Er hatte San Felipe zu seiner Lebensaufgabe gemacht und den Hafen in Georgetown umbenannt, was die endgültige Zugehörigkeit der Insel zum britischen Weltreich noch unterstreichen sollte.
    Georgetown besaß einen geschützten Naturhafen, und der Handel mit Rohrzucker, Kaffee und Melasse blühte. Der wachsende Wohlstand war vor allem der Sekundärbevölkerung aus afrikanischen Sklaven zu danken.
    Admiral Sheaffe hatte Bolitho erklärt, daß San Felipe während des Krieges zwar ein wichtiger Stützpunkt gewesen war, von wo aus die Seewege nach Jamaika kontrolliert und feindliche Freibeuter bekämpft werden konnten, daß die Insel aber im Frieden nur eine Belastung darstelle und nicht mehr gebraucht werde.
    Schon damals hatte Bolitho das nicht eingeleuchtet, und jetzt, als die Kutsche bergab fuhr und in der Ferne sich der Blick auf die See öffnete, kam ihm das Ganze noch absurder vor.
    War die Insel so wichtig gewesen, daß viele für sie sterben mußten, dann war sie es doch gewiß wert, daß man sie behielt?
    Bolitho empfand die Übergabe als einen Verrat, der mehr Indolenz verriet, als er seinem Land jemals zugetraut hätte. Und warum hatte man damit ihn beauftragt, nicht einen jener wendigen

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