Der Brander
Fregatte namens
Crusader
befehligt, etwa zur gleichen Zeit, als Bolitho sein erstes Schiff bekam, die kleine Korvette
Sparrow.
Rivers hatte französische Freibeuter gejagt, Prisen aller Art und Größen erbeutet und sich damit bald einen Namen gemacht. Doch vor der Chesapeake Bay hatte er in seinem Eifer, eine amerikanische Brigg zu stellen, die Gefahr unterschätzt und war mit seiner
Crusader
auf einer Untiefe gestrandet. Das Schiff wurde ein Totalverlust. Rivers war in Gefangenschaft geraten, aber nach dem Krieg an England ausgeliefert worden.
Es hieß, er hätte als Gefangener einflußreiche Freunde gewonnen; ebenso später, als er befördert wurde und ein Geschwader in Westindien befehligte. Er sollte viel Geld auf Londoner Banken haben und Grundbesitz in Jamaika. Das alles deutete nicht auf einen Charakter hin, der sich mit den Plänen von Whitehall leicht abfinden würde.
Bolitho verzog das Gesicht. Nicht einmal dann, wenn ihm diese Pläne von einem im Rang ebenbürtigen Offizier unterbreitet wurden. Die Räder holperten durch tiefe Schlaglöcher, und Bolitho unterdrückte ein Aufstöhnen, als die Erschütterung wie eine glühende Kralle durch seine alte Schenkelwunde fuhr.
Vor ihrer Ehe hatte er deshalb an Hemmungen gelitten, aber Belinda hatte ihm auch hierbei geholfen. Gelegentlich zwang ihn der Schmerz zu einem leichten Hinken, und er hatte sich vor ihr wie ein Krüppel gefühlt.
Er wurde unruhig, als er an ihre nächtliche Berührung dachte, an die Wärme ihrer weichen Haut. Zärtliche Worte murmelnd, hatte sie sich über ihn gebeugt und die häßliche Narbe geküßt, die eine Musketenkugel und das Skalpell des Chirurgen hinterlassen hatten. Für sie war die Verletzung eher ein Grund zum Stolz als eine grausame Demütigung.
All das und mehr blieb nun mit jeder Umdrehung der Räder weiter hinter ihm zurück. Er fürchtete die Nacht, wenn die Kutsche für den ersten Pferdewechsel in Torbay halten würde. Nein, dann ging er doch lieber gleich an Bord und lief mit der ersten günstigen Tide aus, das ließ keine Zeit für Gram und Sehnsucht.
Wie dachte wohl Allday insgeheim darüber, daß es mit dem Landleben vorbei war und er wieder einer Ungewissen Zukunft entgegenfuhr?
Die Flagge im Fockmast… Allday schien ehrlich stolz darauf zu sein. Aber das würden Männer wie Admiral Sheaffe wohl nie begreifen.
Der neue Bolitho
Kapitän Valentine Keen trat aus dem Schatten des Hüttendecks und schlenderte zu den Backwordwanten hinüber. Wohin ersah, war alles eifrig bei der Arbeit, auf dem Achterdeck, dem Batteriedeck und hoch oben in den Masten und Rahen.
Der wachhabende Offizier tippte grüßend an seinen Hut und schritt dann taktvoll zur anderen Decksseite hinüber. Wie alle an Bord bemühte er sich, einen stark beschäftigten Eindruck zu machen und sich vom Erscheinen des Kommandanten nicht über Gebühr ablenken zu lassen.
Keens Blicke wanderten über sein neues Schiff. Er hatte sich in seiner Gig schon rund um die
Achates
pullen lassen, hatte ihre Linien studiert und den Trimm, wie sie da so gelassen über ihrem schwarzbeige gestreiften Spiegelbild im Wasser ritt.
Seeklar. Es war die ureigenste Entscheidung des Kommandanten, ab wann dieser Zustand galt. Danach, wenn der Anker eingeschwungen und der Bug seewärts gerichtet war, gab es kein Zurück mehr.
Das Wetter war warm und feucht für Mai, und die schützenden Landzungen hüllten sich in leichten Dunst. Keen hoffte, daß trotzdem ein leichter Wind aufkommen würde. Denn Bolitho drängte bestimmt ungeduldig aufs Auslaufen, wollte dem Land den Rücken kehren, wenn auch aus anderen Gründen als Keen.
Er beschattete die Augen und spähte zum Fockmasttopp hinauf.
Achates
war noch nie unter Admiralsflagge gesegelt. Ob es das Schiff irgendwie verwandeln würde?
Keen trat zurück in den Schatten neben der Treppe zum Hüttendeck und beobachtete zufrieden das Treiben an Bord. Das Schiff machte einen guten Eindruck: solide, dauerhaft und in langen Jahren erprobt. Einige Offiziere hatten darauf schon als Kadetten gedient, und der harte Kern ihrer Unteroffiziere – sie bildeten das Rückgrat jedes Kriegsschiffes – gehörte seit Jahren zur Stammbesatzung.
Das Schiff strahlte Selbstvertrauen aus und den spürbaren Eifer, bald wieder in See zu stechen, bevor es das Schicksal so vieler anderer, stillgelegter Artgenossen teilen mußte. Keens altes Schiff, die
Nicator
mit 74 Kanonen, die sich vor Kopenhagen und später in der Biskaya ausgezeichnet hatte, war
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