Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Ross-, Sau- und Rindermärkten.
Aber Schultes –
Schultes sei eine Ausnahme und befinde sich außerdem stets mit den Druckern im Streit. Er hätte Schachtelmacher bleiben sollen, donnert der Vater.
Johannes Schultes ist eine stadtbekannte Persönlichkeit. Durch Heirat Bürger von Augsburg geworden, verdient er seinen Lebensunterhalt zunächst mit der Herstellung von Papierschachteln. In Dillingen hat er sich aber auch zum Buchdrucker ausbilden lassen. Nun druckt er Kalender, Andachtsbücher und Musikalien – gegen den hartnäckigen Widerstand der Buchdrucker, die eine Konkurrenz aus der Briefmalerzunft nicht dulden wollen und ihn in langjährige Prozesse verwickeln.
Überhaupt sind sich die einzelnen Sparten spinnefeind. Der Buchdrucker druckt, was der Buchführer zu den Messen und Märkten führt, der Buchbinder bindet die Bücher ein. Klingt logisch und sorgt doch immer wieder für Streit. Denn die Drucker und Buchführer verlegen sich vermehrt auf den Handel mit Büchern, obwohl das eigentlich nur den Buchbindern zusteht.
Lieber wolle er ohnehin Buchführer werden, fährt Wagner fort. Dieser Idee kann sein Vater noch weniger abgewinnen. Er nennt die Buchkrämer Studienabbrecher, schon ein altes Sprichwort besage: Ein verdorbener Student gebe einen guten Buchführer oder Landsknecht. Er habe ein rechtschaffenes Handwerk zu erlernen! Und wenn es schon die Buchbranche sein müsse, solle er Drucker werden, denen gehöre die Zukunft.
Seit einigen Jahren erst gibt es die wöchentlich erscheinende Ordinari-Zeitung. Zudem gilt die Stadt als ein bedeutender Druckort für Flugschriften. Nicht schwer also, hier eine Offizin zu finden, in der man eine Lehre absolvieren kann.
Gemurmel in Deubach, hektisches Treiben. Die Alten schlagen ein Kreuz, starren verängstigt zum Himmel. Auch Wagner wirft den Kopf in den Nacken, dort oben, deutlich zu sehen – ein Komet. Unheil künde er, das Weltengericht stehe bevor, dessen sind sich die Dorfbewohner sicher. Und sehen ihre Reden bestätigt, als ein Jahr später italienische und Tiroler Soldaten an Augsburg vorbei Richtung Böhmen marschieren.
Ein Krieg nimmt seinen Anfang, dreißig Jahre wird er dauern. Dass den religiösen Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken andere Interessen überlagern, versteht Wagner so wenig wie seine Deubacher Nachbarn. Aber er und seine Familie wissen, auf welcher Seite sie stehen. Sie sind katholisch durch und durch.
Wagner ist neun Jahre alt, für ihn und die Dorfkinder ist der Krieg Anlass zum Spiel. In Gruppen teilen sie sich auf, fallen übereinander her. Keine Notiz nehmen sie davon, dass in der nahen Residenzstadt erste Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Über tausend Mann Fußvolk werden angeworben, dazu eine Hundertschaft von Reitern.
Besucht Wagner allerdings mit seinem Vater die Dulten, wundert er sich über die Verstärkung der Wachen an den Toren. Auch die Tumulte vor den Bäckerläden verwirren ihn. Ablenkung findet er stets bei den Bücherständen. Als er aber einmal sieht, wie sich zwei Buchführer an der Plünderung eines Brotgeschäftes beteiligen, drängt er sich verängstigt an seinen Vater.
Die Versorgungslage spitzt sich zu. Missernten lassen die Getreidepreise in die Höhe schnellen. Zudem setzt eine enorme Münzentwertung ein. Oft hört Wagner seine Eltern vom „schlechten Geld“ reden. Kein guter Zeitpunkt, ihnen mit einem Berufswunsch in den Ohren zu liegen. Außerdem, das Druckergewerbe ist fest in protestantischer Hand. Erst vor wenigen Jahren hat sich endlich wieder ein katholischer Drucker in Augsburg niedergelassen. Und überhaupt: Um Buchdrucker werden zu können, bedarf es einer soliden schulischen Ausbildung und der Kenntnisse in Latein. Solche sind in Deubach nicht zu erlangen.
Neidisch blickt Wagner hinüber zum Schloss, er weiß, die Kinder des Hans Wolf Zech dürfen eine Lateinschule besuchen. Und er fasst sich ein Herz, fleht seinen Vater so lange an, bis der endlich des lieben Feierabendfriedens willen grünes Licht gibt. Wagner darf in die Schule nach Augsburg. So groß seine Freude ist, die besorgten Blicke seiner Eltern –
Erste Berichte von marodierenden Truppen kursieren, verbreiten sich wie ein Lauffeuer.
In der Schule herrscht eiserne Disziplin. Nach einem grundlegenden Unterricht in Latein, Musik und Religion stehen in den höheren Klassen die Fächer Mathematik, Rhetorik, Poesie und Griechisch auf dem Programm.
Wann immer es die Zeit erlaubt, sucht Wagner die Buchkrämer auf,
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