Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Weg nach Innsbruck vorbeigekommen. Die Regentin hatte sie errichten lassen.
Augsburg vermisst Wagner sehr. Was ist Innsbruck doch für ein Dorf im Vergleich zur Residenzstadt. Allerdings weiß er sich zurückzuhalten. Man schnappt nicht nach der Hand, die einen –
Die Auftragslage ist gut. Die vom Hof erlassenen Dekrete sorgen für Auslastung der Pressen. Hinzu kommt das Kalendergeschäft. Viel ist Wagner unterwegs, nach Hall, nach Brixen und Bozen, ein Marktfahrerleben eben.
Es ist ein Sohn, er wird auf den Namen des Vaters getauft. Stolz wiegt Wagner seinen Nachfolger im Arm – und verbietet seiner Frau den Mund. Ein Unwetter bleibe ein Unwetter, schnauzt er sie an. Maria aber ahnt, es ist ein Zeichen, Inn und Sill treten über die Ufer, braun und stinkend wälzen sich Wasser- und Schlammmassen durch die Stadt. Und hat nicht der Arzt ihre Annahme bestätigt? Er gibt dem Neugeborenen wenig Überlebenschancen. Guarinoni schließt sich der Meinung an. Nur Wagner will nicht sehen, was sich wenige Wochen später bewahrheitet.
Nach dem Tod des Kindes verfällt Maria zunehmend. Sieben Geburten haben sie geschwächt, keines der Kinder sah sie wachsen. Den ersten Mann hat sie überlebt, den zweiten kann sie nicht glücklich machen. Die einst stolze Bürgerstochter mag nicht mehr. Was haben die Städter sich nicht das Maul über sie und Hans Gäch zerrissen. Und der Wagner? Der hat sie geheiratet, wie er ihre Schwestern geehelicht hätte, um ans Ziel zu gelangen. Kaum noch verlässt Maria das Bett.
Wagner starrt ins Leere. Hält er die Hand der Frau, die ihm die Tür zur Offizin geöffnet hat?
Drei Monate nach dem Tod der Gächin tritt Wagner erneut vor den Traualter. Er heiratet Maria Barbisch aus Bludenz. Jung und stark ist die Barbischin, sie wird ihm den ersehnten Nachwuchs schenken, ist sich Wagner sicher. Nach Feierlichkeiten steht ihm nicht der Sinn, die Offizin braucht ihn. Doch seine Zuneigung zu Maria Barbisch ist durchaus groß. Zum ersten Mal empfindet er Liebe, die über die zum Geschäft hinausgeht. Anders als bei seiner ersten Frau fühlt sich Wagner von Maria Barbisch angezogen. Sie lehrt ihn, dass es ein Leben ohne Druckerschwärze gibt.
Ungetrübt ist das Glück der beiden nicht. Ihr erstes Kind Gabriel stirbt wenige Wochen nach der Geburt. Auch Maria Elisabeth überlebt die kritischen Monate nicht. Dann kommt Ursula zur Welt, ihr folgt Maria Katharina; und endlich ein Sohn, der das Erbe antreten soll, Jakob Christoph. Drei weitere Schwestern werden ihm noch geboren, die Wohnküche ist ausgefüllt von Kindergeschrei.
Der Familienzuwachs lässt Wagner nach einer größeren Bleibe Ausschau halten. Er mietet ein Haus unweit der Paur’schen Offizin und des Handelshauses May. Verhalten betritt er das Geschäft des jüdischen Kaufmanns, der in Innsbruck alles andere als gern gelitten ist. Doch was soll man machen, der Jude führt Waren, die sonst nirgendwo erhältlich sind. Seinen Kindern aber droht Wagner Schläge an, sollten sie unbeaufsichtigt das May’sche Handelshaus betreten. Erst kürzlich hat er das neueste Werk Guarinonis gedruckt:
Triumpf Cron Marter und Grabschrift dess heiligunschuldigen Kindts Andreae von Rinn
. In plastischen Worten hat Guarinoni ihm die Geschichte erzählt. Andreas, noch keine drei Jahre alt, sei von Juden barbarisch hingeschlachtet worden, zweifelsohne ein Ritualmord.
Bang verfolgt Wagner den Wechsel an der Regierungsspitze. 1646 übergibt Claudia ihrem Sohn die Regentschaft. Als Ferdinand Karl ebenfalls eine Medicitochter heiratet, ist Wagner beruhigt. Kann er auch sein, denn der neue Landesfürst erweist sich als Sonnenkönig. Ein Hoftheater lässt er errichten, ein herrliches Gebäude im venezianischen Fachwerkstil.
Mit dem Bau des Theaters ist das Fundament gelegt für Jahre, in denen es Wagner an Druckaufträgen nicht mangelt. Was verlässt da nicht alles seine Offizin. Die Biographie
Kayser Maximilian der Erste, dessen Leben, Tugenden und Taten
. Oder der
Athos Georgianius
mit Kupferstichen von –
Über die außerordentliche Qualität der Arbeiten des Kupferstechers Johann Baptist Jezl sind sich Wagner und sein Kollege Paur einig – desgleichen was die Auftragslage angeht: So gut war sie noch nie. Vor allem auf dem Gebiet der Musikalien. Immer noch ist Stadlmayr Hofkapellmeister und versorgt die Druckerei mit ausreichend Material. Tondichtungen liefert ferner Christoph Sätzl.
Wagners Blick fällt auf das Titelblatt der NOVEM MISSAE NOVAE, 1646 geht das
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