Der bunte Hund von Schreckenstein
fragten, um sich endlich ein Bild zu machen, wie alles zustande gekommen war.
„Ja, doch!“ antwortete Ottokar gereizt. „Die Raketen waren von den Hühnern. Schluß jetzt.“
„Ach, Mensch!“ maulte Mini Egon, „dann war das ja gar nicht unser Streich.“
„Abwarten!“ sagte Stephan ruhig. „Morgen ist er’s wieder.“
Sie hatten die Räder gerade erreicht, matt schimmerte der Asphalt im Mondlicht, da war plötzlich der Hund wieder da. „Du fehlst uns grade noch, Spion, vierbeiniger!“ meckerte Dampfwalze und zog sein robustes Geländerad, sein Zweitrad, aus dem Gebüsch.
Martin winkte ab. „Das mach ich schon. Er kommt dauernd zu mir zurück, ich bin offenbar sein Typ.“ Und er kraulte den drolligen, wolligen Mischling im Nacken.
„Hast du mich gefunden, du gescheiter Hund? Aber sei schön brav jetzt! Nicht bellen, hörst du!“
Ein Geräusch aus dem Wald, der Hund schlug sofort an.
Mücke war ausgerutscht. „Waren schon weg!“ Keuchend trat er auf die Straße. „Nur Renate hab ich noch erwischt. Viel war nicht aus ihr rauszukriegen. Die in dem weißen Kleid scheint eine Neue zu sein…“
„New York!“ unterbrach Stephan, denn der Hund hörte nicht mehr auf zu bellen.
Klaus nickte heftig. „Sonst denken die, hier unten findet das nächste Feuerwerk statt.“
Ottokar, Andi, Dampfwalze und Stephan nahmen ihre Lasten, mit Sprungseilen als Rucksackriemen festgeknotet, auf den Buckel.
Martin unterdrückte einen Jähzornskoller. Er drohte dem weiterbellenden Hund nur mit dem Finger. „Du verstehst doch unsere Spezialausdrücke. Also: Amsterdam, Amsterdam, Amsterdam“, wiederholte er und trat als letzter in die Pedale.
Lissabon
Wie immer begann der Tag auf der Burg mit dem Dauerlauf durch den sogenannten Prinzengarten, eine geometrisch unterteilte Grünanlage mit rechteckig geschnittenen Hecken, kugelförmigen Büschen und geschwungenen Beeten. Daß der Burgherr, Graf Schreckenstein beziehungsweise Mauersäge, wie er seiner sichelförmigen Nase wegen genannt wurde, die Ritter hier traben ließ, veranschaulichte das gute Verhältnis zwischen Burgherr und Schule.
An diesem Morgen hatte die Ritterschaft einen Begleiter, der sonst nie am Dauerlauf teilnahm, den gräflichen Schäferhund Hasso. Der Vierbeiner hatte sich einen bestimmten Ritter ausgesucht und trabte an seiner Seite.
„Was ist denn das? Ich werd die Hunde nicht mehr los!“ wunderte sich Martin.
„Du mußt dich eben gründlicher waschen!“ rief Miniritter Herbert hinter ihm. „Damit nicht einer den andern riecht.“
Der nächtliche Streich hatte sich bei den Nichtbeteiligten bereits herumgesprochen. Sie hatten von der Burg aus das Feuerwerk zum Teil gesehen und wußten über alles Bescheid. Vor allem über den Auftritt der wunderschönen Märchenfee. Obwohl der Zweck erreicht und die Sache glatt abgelaufen war, herrschte eine eher gedrückte Stimmung bei den Rittern.
Ganz im Gegensatz zu Rosenfels. Bei den Mädchen hatte die Schulleitung den Schreckensteiner Dauerlauf übernommen. Heute hüpften sie so ausgelassen durchs Gelände, als habe man ihnen gesagt, der Unterricht werde ausfallen.
Amanda mit Turnhose und Trikot, wieder ganz in Weiß, strahlte überglücklich. „Als ihr gestern gesagt habt, es würde Ärger geben wegen mir, wär ich am liebsten abgereist. Aber nach der Nacht kann ich mir keine schönere Schule denken.“
„Dann warte mal, bis du die Horn besser kennenlernst!“ unkte Fides. Mit ihrer Begabung, die Dinge schwarzzusehen, paßte sie zu Ritter Fritz, dem „Seltenfröhlich“. Aber die beiden konnten einander nicht riechen. Vielleicht gerade wegen der Ähnlichkeit.
Beim Frühstück mußte Amanda als Neue neben der Leiterin sitzen, eine Anordnung, die auf der Burg mildes Kopfschütteln ausgelöst hätte. Wer neu kam, sollte sich selber zurechtfinden; die beiden Schulsysteme waren eben grundverschieden.
Doch an diesem Morgen zeigte sich Fräulein Doktor Horn von ihrer Sonnenseite. Ruckartig drehte sie ihren Vogelkopf zu Amanda, produzierte das, was sie für ein Lächeln hielt, und fragte: „Na, hast du gut geschlafen?“
„Ich konnte lange nicht ein…!“ Amanda stockte. Bettinas Warnung fiel ihr ein. Beinahe hätte sie sich verplappert.
Wieder mit einem Ruck neigte Fräulein Doktor Horn den Kopf und nickte verständnisvoll.
„Das ist am Anfang ganz natürlich.“
Amanda zeigte ein essigsüßes Lächeln und sagte, um ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen: „Nachher
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