Der Canyon
dem Mann erzählen, der dieses unglaubliche Exemplar gefunden hat: der verstorbene Marston Weathers. Sie alle kennen die Geschichte von der Entdeckung des Fossils und dem Mord an Weathers. Nur wenige wissen, dass Weathers vermutlich der beste Dinosaurierjäger seit Barnum Brown und Robert Sternberg war, wenngleich seine Methode ein wenig unorthodox gewesen sein mag. Heute vertritt ihn seine Tochter Roberta. Robbie? Bitte stehen Sie auf.«
Es gab donnernden Applaus, als Robbie aufstand und errötend in die Runde nickte.
»Ich möchte noch einigen weiteren Personen danken. Zunächst einmal Tom und Sally Broadbent und Wyman Ford. Ohne sie wäre der Dinosaurier niemals wieder ans Licht gekommen.«
Erneut donnernder Applaus. Tom warf Ford einen Blick zu. Der Mann war nicht mehr mit einer braunen Kutte und Sandalen bekleidet. Jetzt trug er einen schicken Anzug, der Bart war gestutzt, das widerspenstige Haar ordentlich zurückgekämmt. Sein knochiges Gesicht war noch von der Wüste gebräunt und so hässlich wie zuvor. Dennoch sah es ganz so aus, als sei er hier in seinem Element, denn er wirkte locker und entspannt.
Melodie ratterte eine ganze Liste von Danksagungen herunter, und die Leute wurden allmählich unruhig. Doch dann verstummte sie, blickte auf ihre Notizen und lächelte nervös. Es wurde still im Saal.
»Der Physiker Philip Morrison vom MIT hat einmal gesagt, entweder gebe es Leben anderswo im Universum oder eben nicht – und beide Möglichkeiten seien erschreckend. Heute kennen wir die Antwort auf die größte aller wissenschaftlichen Fragen. Es gibt tatsächlich Leben anderswo im Universum.
Die Entdeckung außerirdischen Lebens ist seit Jahrhunderten Thema hitziger Spekulationen und literarischer Fantasie, Gegenstand unzähliger Bücher und Filme. Und jetzt hat sich diese Entdeckung tatsächlich ereignet. Doch siehe da, die Entdeckung spielte sich auf völlig unerwartete Weise ab – wir fanden eine außerirdische Mikrobe in einem Fossil. Science-Fiction-Autoren haben so gut wie jedes vorstellbare Szenario für diese bedeutende erste Entdeckung entwickelt, bis auf diese. Wieder einmal ein Beweis dafür – sofern wir noch Beweise brauchen –, dass uns in unserem großen, wunderschönen Universum noch viele, viele Überraschungen erwarten.
Hier, in der Desert-Paleontology-Forschungsstation des Smithsonian, werden wir diese unbekannte Lebensform unter sicheren Bedingungen untersuchen können – aber öffentlich, wir werden alle unsere Entdeckungen mit der Welt teilen, damit sie der ganzen Menschheit zugute kommen. Es wird hier keine Geheimnisse geben, nichts wird im Verborgenen ablaufen, und auf keinen Fall wird diese Entdeckung in irgendeiner Weise missbraucht werden. Darüber hinaus wird uns das Fossil selbst sehr viel über die Theropoden erzählen, vor allem über den Tyrannosaurus Rex – seine Anatomie, seine Zellbiologie, wie er lebte, was er fraß, wie er sich fortpflanzte. Und schließlich werden wir endlich mehr über dieses bedeutende Ereignis vor fünfundsechzig Millionen Jahren erfahren, als der Chicxulub-Meteorit einschlug und die größte Naturkatastrophe auslöste, die unseren Planeten je getroffen hat. Wir wissen bereits, dass diese geheimnisvollen außerirdischen Mikroben, die Venus-Partikel, mit dem Meteoriten auf die Erde gelangten und beim Einschlag freigesetzt wurden, denn ein Fragment desselben Asteroiden wurde von der Apollo-17-Mission auf dem Mond gefunden.
Diese außerirdischen Mikroben besiegelten endgültig das Schicksal der Dinosaurier. Diejenigen von ihnen, die den Impakt überlebt hatten, wurden von einer tödlichen Pandemie dahingerafft, der schlimmsten aller Seuchen. Ohne das vollständige Aussterben der Dinosaurier hätten sich die Säugetiere niemals über die Größe einer Ratte hinaus entwickelt, und so etwas wie Menschen hätte es nie gegeben. Man könnte also sagen, dass diese Partikel uns auf Erden den Weg geebnet haben. Mit dem Meteoriten und der Epidemie nahm die lange Kette der Evolution ihren Anfang, die schließlich zur Entstehung des Menschen führte.« Crookshank hielt inne und holte tief Luft. »Ich danke Ihnen.«
Applaus erfüllte den Saal. Der Direktor der Smithsonian Institution, Howard Murchison, trat mit einer Flasche Champagner ans Podium und gab Crookshank die Hand. Dann wandte er sich mit breitem Lächeln dem Publikum und den Kameras zu.
»Darf ich Robbie Weathers auf die Bühne bitten?«
Robbie lächelte Tom und Sally zu und ging nach vorn
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