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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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hatte ganz allein die Bäreninsel von Süd nach Nord
durchquert. Marit lebte – und er konnte endlich die ertragenen Qualen und
den verdrängten Schmerz herausheulen. Man hatte sie im Krankenhaus in Tromsø
wochenlang mühsam aufgepäppelt, und jetzt hatte sie ihn tatsächlich gefunden.
Manuela Rast war so gerührt, dass sie sich zu HG aufs Bett setzte und ihn in den Arm nahm.
    Kurze
Zeit später sprach alles durcheinander, Glückwünsche wurden ausgeteilt und
Umarmungen ausgetauscht. Endlich, nach so langer Zeit, erlebte Hans Günther
Jahn wieder einen Moment des Glücks.
    Am
Fußende des Bettes saß währenddessen ein kleines rosa Ferkel mit leicht schief
gelegtem Kopf und betrachtete mit einem sehr zufriedenen Grunzen die freudvolle
Szenerie. Lachen, Tanz, Wein und Gesang? Sehr fein, ginge es nach
Riemenschneider, so konnte das eine ganze Weile so bleiben.

Denk
ich an Deutschland,
    ist
mir auch nach Schrein,
    fällt
mir so viel Hass, Not und Elend ein.
    Dann
seh ich die Erde zu Asche verbrannt,
    hier
bin ich geboren,
    auch
das ist mein Land
    Ist
alles vergessen,
    ist
alles vergessen,
    ist
alles vergessen,
    was
einmal war.
    Puhdys
    PÅ
SLUTTEN
     
    ENDE

Das Allerletzte
    Nach
genau siebenundfünfzig Tagen und drei Stunden erwachte Baron Ferdinand von
Rotenhenne aus dem Koma. Von geistiger Umnachtung konnte überhaupt keine Rede
sein. Der Baron war absolut auf der Höhe und konnte den Krankenschwestern
sofort erste Befehle erteilen. Nach einer weiteren Woche Reha im
unterfränkischen Bad Kissingen kehrte er nach Hause zurück und machte sich
sofort wieder an die Arbeit an der Stufenburg. Mit Trauer um seine Haushälterin
oder Bauleiterin oder genereller Niedergeschlagenheit hielt sich der Baron
nicht lange auf, aus seiner Sicht hatte er durch das Koma schon viel zu viel
wertvolle Lebenszeit verplempert.
    Etwas von
seiner Zeit hatte er allerdings noch vor seiner Kur Kriminalhauptkommissar
Haderlein opfern müssen. Einige Details dieses Falles blieben noch zu klären,
doch Baron Ferdinand von Rotenhenne gab bereitwillig Auskunft.
    Und so
erfuhr Franz Haderlein, dass der Baron sehr wohl von HG gewusst hatte, wer da sein Unwesen trieb und dass etwas Schlimmes in seinem
Gartenhaus geschehen sein musste. Aber im Gegensatz zu HG war er der Meinung gewesen, beim Thema Rechtsradikalismus unbedingt die Polizei
hinzuziehen zu müssen. Da er HG jedoch aus
Rücksicht auf Marit versprochen hatte, genau dieses nicht zu tun, und Schwüre
bei ihm noch etwas zählten, war der Baron auf die krude Idee mit den
Frauenleichen zu Scheßlitz verfallen. Immerhin, sie hatte funktioniert.
    Als er
erkannt hatte, wer der Tote im Gartenhaus war, war auch dem Baron klar
geworden, was die Stunde geschlagen hatte, und er vollbrachte eine
schauspielerische Meisterleistung – sowohl der Polizei gegenüber als auch HG s Schwester und Mutter. Doch bevor er zu weiteren
Taten schreiten konnte, wurde er durch die tragischen Umstände in seinem Garten
unfreiwillig aus dem Verkehr gezogen.
    Und die
Biber? Da er sich so vehement und lautstark gegen die Biber ausgesprochen
hatte, wurden diese natürlich von all seinen Gesprächspartnern sofort in
besonderen Schutz genommen. Ihr See war damit zu einem idealen Versteck
geworden. Der Baron musste selbst darüber lachen, als er dem Kommissar die
ganze Geschichte beichtete.
    Die
Bamberger Polizei verzichtete daraufhin auf weitere Verhöre den Baron
betreffend und widmete sich dafür umso intensiver der Durchleuchtung der
Nazi-Szene in ihrem Zuständigkeitsbereich. Der Baron indes widmete sich sehr
bald schon wieder seinem Lebenswerk.
    Unter
seiner Führung wurde die Stufenburg schließlich doch noch eine
Erfolgsgeschichte, auch wenn die Bauarbeiten während der bewusstseinsmäßigen
Abwesenheit von Rotenhenne ausgesetzt worden waren.
    Kurz vor
Beendigung drohte das plötzliche Aus durch Finanzknappheit, doch der Baron war
in der Lage, innovativen Geschäftsideen Vorschub zu leisten. Ein Experiment am
Rande seines überschwemmten Gartengrundstückes an der Baunach wurde – zum
großen Leidwesen der dort ansässigen Biberpopulation – zu einem äußerst
erfolgreichen Geschäftsmodell: Ferdinand von Rotenhenne avancierte zum ersten
und damit auch größten Hersteller von fränkischem Reis. Der ökologische
»Biberreis« wurde sogar so erfolgreich, dass es binnen Jahresfrist zu einer
wundersamen Bibervermehrung an Itz, Baunach und anderen Main-Nebenflüssen kam.
Die daraus entstandenen Feuchtwiesen wurden

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