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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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versorgten die verletzte und unterkühlte Frau fürs Erste und
flogen dann keine halbe Stunde später mit ihr aufs norwegische Festland, ins
Krankenhaus von Tromsø. Ihren Gesichtern nach stand es sehr ernst um diese
schöne schwarzhaarige Frau.
    Kopfschüttelnd
machte sich Jonas Haake wieder an seine Arbeit. Das war mal ein regelrecht
hektischer Tag auf der sonst so eintönigen Station Herwighamna gewesen. Heute
Abend würde er eine lange und ausführliche Passage als Tagesbericht schreiben
können.
    Franz
Haderlein und Manuela Rast, die Riemenschneider auf dem Arm trug, betraten das
Krankenzimmer von Hans Günther Jahn. Bernd und Ute, der noch ein großes
Pflaster auf der Wange klebte, waren schon da und standen am Kopfende von HG s Bett. Die Krankenschwestern auf dem Gang hatten wie
immer das Gesicht verzogen und vehement darauf bestanden, dass Riemenschneider
getragen werden musste. Doch da im Moment keine Krankenschwester in Sicht war,
erkundete die atomare rosa Heldin des Vorabends neugierig die desinfizierte
Umgebung.
    »Eigentlich
geht es mir schon wieder gut«, sagte HG optimistisch, obwohl ihm der Leidensdruck deutlich ins Gesicht geschrieben
stand. Als er heute Morgen aufgewacht war, hatte ihn die Erkenntnis, dass alle
Menschen, die ihm etwas bedeutet hatten, tot waren, wie ein Schlag getroffen.
Umgebracht von menschenfeindlichen Fanatikern. Auch die Nachricht vom Tod
Roalds hatte man ihm inzwischen überbracht, da HG seinen Freund schon in Bergen hatte anrufen wollen. Nein, niemand wollte mit HG s Gefühlsleben tauschen.
    »Du, HG , was willst du jetzt eigentlich machen?«, fragte
Lagerfeld besorgt, da er dem alten Vereinskameraden helfen wollte. Umso mehr,
da sie gerade eine ziemlich wilde Zeit zusammen durchgestanden hatten.
    »Ach, du
lieber Gott«, sagte Hans Günther Jahn verbittert. »Frag mich was Leichteres.
Ich bin fast pleite, mein erster großer Auftrag war ein einziger
Alptraum – was würdest du an meiner Stelle machen, Bernd? Ich bin für
jeden Vorschlag dankbar.«
    Lagerfeld
öffnete den Mund, um etwas Tröstendes zu antworten, wurde aber von einem lauten
Handyklingeln davon abgehalten.
    »Ach,
Bernd, kannst du das Ding nicht mal fünf Minuten ausschalten?«, beschwerte sich
seine bepflasterte Freundin sofort.
    »Isjagutisjagut«,
entschuldigte sich Lagerfeld. Dann merkte er mit Erstaunen, dass es das
Ersatzhandy war, welches er aus Norwegen mitgebracht hatte, das klingelte.
    Wer rief
ihn wohl auf dieser Nummer an? Die kannten doch nur Franz, Tina und sein
Kontaktmann von der norwegischen Polizei. Er stellte sich in eine Ecke des
Krankenzimmers und nahm das Gespräch an.
    HG bemühte sich, trotz
seiner depressiven Grundstimmung etwas fröhlicher zu wirken. Alle hier wollten
ja wirklich nur das Beste für ihn. Er wollte gerade erklären, was er mit der
»Bardal«, die ja noch in Ålesund lag, und seinem ROV vorhatte, als Lagerfeld mit dem Mobiltelefon wieder zu ihm zurück ans Bett kam.
Sein Gesicht war grau. Er wirkte, als hätte er einen bösen Geist gesehen.
    »Was ist
denn los, Bernd?«, fragte Manuela Rast besorgt, und auch Haderlein wusste nicht
so recht, was er von Lagerfelds Gesichtsausdruck halten sollte. Der junge Kommissar
reichte HG mit zitternden Fingern das Handy. »Da
will dich jemand sprechen.« Er selbst drehte sich zu seiner Ute um und nahm sie
fest in den Arm. Er hatte Tränen in den Augen.
    HG hob zögernd das Handy an
sein Ohr. Was für eine Hiobsbotschaft stand ihm jetzt wohl noch bevor? Nahmen
die Schrecken denn nie ein Ende?
    Sekunden
später richtete sich der Oberkörper Hans Günther Jahns so ruckartig auf, dass
alles in seiner Umgebung durch die Gegend gewirbelt wurde: Schläuche,
Infusionstüten, Zeitschriften und Plastikflaschen. Dann konnte man ihn
wasserfallartig in Norwegisch reden hören. Ute von Heesen schaute Bernd fragend
an, der seltsam zurückblickte.
    »Es ist
Marit«, sagte er ergriffen.
    Nach
einigen Minuten intensiver Kommunikation wurde das Gespräch, das die
norwegische Polizei vermittelt hatte, schließlich beendet. Hans Günther Jahn
blickte noch einige Sekunden lang völlig entrückt von einem zum anderen, dann
geschah das, wonach ihm schon seit sehr langer Zeit gewesen war. Er brach in
hemmungsloses Schluchzen aus. Er weinte alles Aufgestaute aus sich heraus, aber
vor allem rannen ihm Tränen der Freude übers Gesicht. Marit lebte. Sie hatte es
geschafft, war Sedat entkommen, während die anderen bei ihm auf der »Bardal«
gewesen waren, und

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