Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1
semantischen Unterscheidung ging dadurch leider verloren:
Konnte zum Beispiel zwischen dem wörtlichen
»auseinander setzen« (Zwei schwatzende Schüler auseinander setzen) und »auseinandersetzen« im übertragenen Sinn (sich mit einem Thema auseinandersetzen) unterschieden werden, geht dies heute nicht mehr.
Bei Zusammensetzungen mit »zusammen-« wurde
hingegen nicht viel geändert, sodass die Möglichkeit der Unterscheidung erhalten blieb:
• Wir sind zusammen gekommen
(= gemeinsam/gleichzeitig) und getrennt gegangen.
• Wir sind heute hier zusammengekommen (= haben uns versammelt), um einen bedeutenden Mann zu ehren.
• Später haben sie zusammengesessen (= nebeneinander gesessen).
• Später haben sie zusammen gesessen (= beide waren im Gefängnis).
[b] baff/bass erstaunt
Man kann entweder baff (= verblüfft) sein oder bass erstaunt, aber nicht »baff erstaunt«. Bass ist ein altes Wort für »tief«, heute kennt man es in dieser Bedeutung nur noch in Zusammenhang mit Musik und Akustik. Bass erstaunt heißt also zutiefst erstaunt, sehr erstaunt.
[b] bayerisch/bayrisch
Die Form ohne »e« ist umgangssprachlich; die Form mit
»e« ist standardsprachlich, sie findet in offiziellen Namen Verwendung: der Bayerische Rundfunk, der Bayerische Wald. Daneben gibt es auch noch das Adjektiv
»bairisch«, das aber nur von Sprachwissenschaftlern gebraucht wird, die damit den in Bayern und Österreich gesprochenen Dialekt benennen.
[b] beziehungsweise/genauer gesagt
Das aufgebläht klingende Wort »beziehungsweise«
(abgekürzt bzw.) wird fälschlicherweise oft anstelle der Konjunktionen »und« oder »oder« verwendet.
In dem Aufruf »Die Besucher bzw. Besucherinnen werden gebeten, sich an der Rezeption zu melden« ist das Wort »beziehungsweise« fehl am Platz, an seine Stelle gehört ein schlichtes »und«. Und hier heißt es besser
»oder«: »Das erledigt Herr Brüning bzw. Herr
Wiesenhoff für Sie.«
In vielen Fällen kann »beziehungsweise« auch einfach durch »genauer gesagt« ersetzt werden: »Ich stamme aus Lübeck, beziehungsweise aus einem Dorf in der Nähe.«
Besser: »Ich stamme aus Lübeck, genauer gesagt aus einem Dorf in der Nähe.«
»Beziehungsweise« ist nur dann angebracht, wenn ein Bezug auf zwei verschiedene Substantive vorliegt:
»Zugelassen sind Kinder ebenso wie Erwachsene, der Eintritt beträgt 8 bzw. 12 Euro.«
[b] brauchen/zu brauchen
»Wer brauchen nicht mit zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen.« Diese Faustregel gilt in der Standardsprache noch immer. In der Umgangssprache wird »brauchen« in Analogie zu den Hilfsverben
»müssen« und »dürfen« oft ohne »zu« verwendet: Nach dem Vorbild »Sie muss davon ja nichts erfahren«
wird »Sie braucht davon ja nichts erfahren« gebildet.
Dies gilt aber nicht als salonfähig. In gutem Deutsch heißt es nach wie vor: »Sie braucht davon ja nichts zu erfahren.«
[c] China/Chile
Die standardgemäße Aussprache des »Ch« am
Wortanfang vor den hellen Vokalen» e « und »i « ist ein weiches »ch« wie in »Licht« und »Blech«. In
Süddeutschland allerdings wird das Ch wie ein K
ausgesprochen, dort sagt man Kina, Kinesen, Kemie und Kirurg. Die Norddeutschen amüsieren sich gern darüber, sind ihrerseits aber nicht konsequent, wenn es um die Aussprache des Chiemsees geht. Den spricht nämlich auch ein »Preiß« mit knackigem k, obwohl er das ch weich artikulieren müsste. Hier hat sich das Bayerische durchgesetzt. Inkonsequent sind die Bayern ihrerseits bei Chile: Hier sagen sie nicht Kile, wie man es erwarten könnte, sondern Tschile.
[d] dasselbe/das Gleiche
Dass dasselbe und das Gleiche nicht dasselbe ist, sieht man schon daran, dass dasselbe zusammen- und das Gleiche auseinander geschrieben wird.
Zwei Frauen können nicht zur selben Zeit dasselbe Kleid tragen, wohl aber das gleiche. Der-, die-, dasselbe besagt, dass zwei Dinge identisch sind. Der, die, das Gleiche besagt, dass sich zwei unterschiedliche Dinge aufs Haar gleichen.
• Sie fuhren beide das gleiche Auto, hatten aber nicht dasselbe Ziel.
• Sie benutzen beide die gleiche mittelharte Zahnbürste, aber nicht dieselbe.
[d] drängen/dringen Das Verb drängen wird regelmäßig gebeugt: drängen, drängte, gedrängt, ebenso: aufdrängen und auf etwas drängen.
• Die Zeit drängt.
• Er drängte sie, zum Ende zu kommen.
• Der Vertreter hatte ihr das Abonnement regelrecht aufgedrängt.
• Sie drängte auf die
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