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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Der Feige liebt die Meute
     
    Funken flogen in die Nacht, als Sadik Talib einen trockenen Ast ins Feuer warf. Im selben Augenblick wusste er, dass sie sich in Gefahr befanden. Doch um welche Gefahr handelte es sich? Und aus welcher Richtung kam sie?
    Der schmächtige, sehnige Araber beugte sich vor und hängte den Wasserkessel an den Haken des eisernen Dreibeins. Jeder Muskel war angespannt, doch weder Jana noch Gaspard und Tobias merkten etwas davon. Auch seinem Gesicht mit der leicht getönten Haut, den ausgeprägten Wangenknochen, der scharfen Nase und den buschigen schwarzen Brauen, unter denen hellblaue Augen von der Klarheit und Schärfe eines Falken lagen, war nicht die geringste Veränderung anzusehen.
    Sadik war ein bàdawi, ein Beduine von Geburt, und hatte in den mehr als vierzig Jahren seines wechselvollen Lebens mehr Gefahren ins Auge sehen müssen, als ein guter Feigenbaum zur Erntezeit Früchte trägt.
    Angst war ihm fremd, denn sein Glaube an den Koran und das Himmelreich nach dem Tod war so unerschütterlich wie das Wissen um die eigene Schnelligkeit und Erfahrung als Kämpfer. Er wünschte nur, sie säßen nicht auf dieser kleinen kieferbestandenen Lichtung im Westen Frankreichs um ein Lagerfeuer, sondern irgendwo in den Dünen der Wüste. Die Geräusche der Wüstennacht wusste er so sicher zu deuten wie ein Astronom das Meer der Sterne, die in dieser Augustnacht den Himmel so dicht bevölkerten, als hätte ein Riese mit schwungvoller Hand einen Sack mit Brillanten und Diamantenstaub über ein schwarzes Samttuch ausgeschüttet.
    Er konzentrierte all seine Sinne auf die Dunkelheit jenseits des hellen Lichtkreises, den das Lagerfeuer warf. Das vertraute Rupfen der beiden ausgespannten Grauschimmel, die sich an dem Grün gütlich taten, trat dabei genauso in den Hintergrund seiner Wahrnehmung wie das Gespräch zwischen Tobias und Gaspard. Und plötzlich wusste er, was ihn alarmiert hatte: Nicht nur das Zirpen der Grillen war in seinem Rücken verstummt, sondern auch das Käuzchen, das hoch oben in einem der Bäume saß, hatte seine Rufe eingestellt. Und er war sicher, dass es nicht davongeflogen war. Der Flügelschlag des abstreichenden Vogels wäre ihm nicht entgangen.
    Sadik wandte den Kopf vom Feuer und tat so, als würde er in der
    Provianttasche, die seitlich hinter ihm im trockenen Gras lag, etwas suchen. In Wirklichkeit spähte er zu den Büschen und Bäumen hinüber, aus denen ihnen die Gefahr drohte.
    Jana und Tobias lachten unbeschwert über eine von Gaspards haarsträubenden Geschichten, von denen der Pariser Gassenjunge viele zu erzählen wusste. Unsinn, das kleine Makak-Äffchen mit dem weißen Schwanz, hob in Janas Schoß bei dem Gelächter kurz den Kopf, legte sich aber gleich wieder hin und ließ sich weiter kraulen.
    Sadik wandte sich erneut um und unterdrückte den Impuls, die Wurfmesser zu lockern, die er unter der Lammfelljacke am breiten Gürtel trug und mit denen er geschickter umzugehen verstand als ein messerwerfender Zirkusartist. Im Augenblick waren sie ihm keine Hilfe. Die Schwärze zwischen den Kiefern und Sträuchern in seinem Rücken war zu tief, als dass er ein genaues Ziel hätte ausmachen können. Zudem warf er seine Messer niemals auf den bloßen Verdacht einer Gefahr hin.
    Vielleicht zogen sie sich ja auch wieder zurück, wer immer sich da in seinem Rücken anschlich. Es konnte alles ganz harmlos sein. Nicht jede Wolke bringt Regen, hieß eine Redensart in seiner Heimat. Doch es war gut, auf ein Gewitter vorbereitet zu sein, wenn sich dunkle Wolken näherten.
    ›Nur der Esel fällt nach der Warnung!‹, dachte Sadik Talib.
    Mit einer scheinbar erschöpften Geste fuhr er sich über die Augen und reckte ein wenig seinen Körper, während er sich eine Strähne seines krausen, blau-schwarzen Haars, in das sich hier und da schon etwas Grau mischte, aus der Stirn strich.
    »Soll ich noch mehr Holz holen, Sadik?«, fragte Jana, die seinen besorgten Blick falsch deutete.
    »La, nein! Es genügt. Schade nur, dass wir keinen getrockneten Kameldung zur Verfügung haben. Damit brennt ein Feuer länger und gleichmäßiger, wenn auch nicht so heiß. Aber wegen mangelnder Hitze hat sich noch keiner in der Wüste beklagt«, antwortete der Araber und überdachte blitzschnell ihre Situation. Wenn die Gruppe, die sich da in den Sträuchern verbarg, nicht zu groß war, würden sie mit ihr schon fertig werden.
    Jana würde die Nerven bewahren, sollte es gleich hart auf hart kommen.

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