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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Leser sind also wieder als ratsuchend zugelassen, und Fleisch fressende Pflanzen dürfen wieder als fleischfressende Pflanzen verkauft werden. Ein Teilsieg der Reformgegner, ein kleiner Triumph der Logik. Wenn eines Tages der Wasser abweisende Schutzanzug auch wieder wasserabweisend sein darf und die Energie sparende Lampe energiesparend, dann bleiben uns vielleicht auch Kuriositäten wie Bahn brechende Erfindungen, Hitze beständige Glasur und Grund legende Reformen erspart.
    Bis dahin wird uns allerdings noch manch Atem beraubender, Sinn entleerter, Flächen deckender, Schwindel erregender, Ohren betäubender, Hane büchener Unfug begegnen.

Die Ruderregatta
    Wieso müssen Politiker eigentlich immer zurückrudern – weshalb schreibt niemand darüber, wenn sie irgendwo hinrudern? Warum wird Geld nicht mehr eingenommen, sondern nur noch gespült? Ab und zu sollte man populären Redewendungen ruhig auf den Zahn fühlen. Einige beginnen nämlich schon zu faulen.
    Da sitzt er, der arme Bundeskanzler, mit triefendem Jackett, die Haare zerzaust, in dieser kläglichen Nussschale, die unaufhaltsam auf einen tosenden Wasserfall zutreibt, und stemmt sich mit aller ihm verbliebenen Kraft in die Riemen. Wird er es noch schaffen?
    Dieses dramatische Bild erscheint bisweilen vor meinem geistigen Auge, wenn ich mal wieder lese: »Schröder rudert zurück«. Und das kommt erschreckend häufig vor. Aber nicht immer zuckt es derart dramatisch in meinem Hirn. Mitunter sehe ich den Kanzler auch einfach in einem ruhigen Kahn auf dem Steinhuder Meer, ihm gegenüber Doris unterm gepunkteten Sonnenschirmchen, zu seinen Füßen einen Picknickkorb mit einer geöffneten Rotweinflasche. »Wo steuerst du hin?«, fragt Doris orientierungslos. »Ich rudere zurück!«, erwidert Gerhard entschlossen. Am Ufer ein Rudel Reporter, Kameras werden in Stellung gebracht, klick, klick, und noch am selben Abend die Meldung im Fernsehen: »Schröder rudert zurück«.
    Mit den sprachlichen Bildern ist das so eine Sache. Wenn sie einmal in Mode gekommen sind, dann sind sie von der Festplatte der Journalisten nur schwer wieder zu löschen. Und wer ist in den letzten Monaten und Jahren nicht alles schon zurückgerudert? Nach ihrem Kniefall in Washington vor dem fleischgewordenen Denkmal des amerikanischen Imperialismus, für den sie sich hier zu Lande reichlich Schelte einhandelte, war über die Parteichefin der CDU prompt zu lesen: »Angela Merkel rudert zurück«. Ein ziemlich weiter Weg, so quer über den Atlantik …
    Auch Fischer, Trittin und Westerwelle rudern von Zeit zu Zeit zurück. Seltsam nur, dass man nie liest, wie jemand hinrudert. Man ertappt ihn immer erst beim Zurückrudern. Vielleicht eine Sparmaßnahme des Bundes? Hinfahrt in der gepolsterten Limousine oder im Guidomobil, zurück dann bitte per Ruderkahn. Sicherlich gibt’s auch hierbei die Möglichkeit, Bonusmeilen zu sammeln. So oft, wie Gerhard Schröder schon zurückgerudert ist, steht ihm zweifellos die eine oder andere Gratisfahrt im Tretboot zu.
    Pecunia non olet, Geld stinkt nicht, soll schon Kaiser Vespasian gesagt haben, als ihn sein Sohn dafür tadelte, dass er römische Bedürfnisanstalten mit einer Steuer belegt hatte. Wenn dieser Ausspruch auch heute noch gilt, so vielleicht deshalb, weil das Geld so oft gespült wird.
    Geld einnehmen, auftreiben oder womöglich verdienen – das ist stilistisch passé. Heute wird Geld in die Kassen gespült, und zwar im Akkord:
    »Um die Verluste auszugleichen, kündigte die zweitgrößte deutsche Geschäftsbank am Donnerstag eine Kapitalerhöhung an, die dem Institut mindestens drei Milliarden Euro in die Kassen spülen soll«, meldet die »Berliner Zeitung«. Und der »Kölner Stadt-Anzeiger« berichtet: »Die Vignette kommt wieder und soll mit 40 Millionen Euro pro Monat rund ein Drittel der Mauteinnahmen in die Kassen spülen.« – »Vor fünf oder sechs Jahren konnte der Hallenfußball noch das eine oder andere Milliönchen in die Kassen spülen«, schreibt die »Frankfurter Rundschau«, und in der »Financial Times Deutschland« erfährt man: »Im Vorjahr hatten die schnittigen Züge noch rund 57 Millionen Euro Gewinne in die Kassen der Bahn AG gespült.«
    Dies sind nur ein paar Beispiele von Tausenden, bei denen in jüngster Zeit irgendwelche Gelder in irgendwelche Kassen gespült wurden. Diese Form der Geldwäsche ist juristisch zwar völlig legal – stilistisch allerdings ist sie, spätestens nach der tausendsten Wiederholung, ein

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