Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5
verstanden werden konnten. Manche Schriftsteller wählten ein Anagramm als Künstlernamen. Dann spricht man auch von einem Ananym (nicht zu verwechseln mit »anonym«). Der Lyriker Paul Celan hieß mit bürgerlichem Namen Paul Ancel. Der Schriftsteller Hans C. Mayer nannte sich Jean Améry, und Kurt Wilhelm Marek wurde unter dem Namen C. W. Ceram bekannt.
Nicht nur unter Literaten, sondern auch in der Literatur selbst spielen Anagramme immer wieder eine Rolle. Der Schriftsteller James Krüss erschuf für seinen Roman »Timm Thaler« einen zwielichtigen Baron, den er Lefuet nannte. Wenn man diesen Namen rückwärts las, kam sein wahres Ich zum Vorschein: »Teufel«. Einem nicht minder schaurigen Geheimnis kamen die Leser der »Harry Potter«-Bücher auf die Spur, indem sie im Namen »Tom Marvolo Riddle« den Hinweis »I am Lord Voldemort« erkannten und somit die wahre Identität des bösesten aller bösen Zauberer. Anmerkung
Ein besonders leidenschaftlicher Anagrammsucher ist der Schriftsteller Walter Moers. In seinen Büchern »Die Stadt der Träumenden Bücher« und »Das Labyrinth der Träumenden Bücher« tauchen zahlreiche Künstler auf, deren Namen Anagramme von bekannten Schriftstellern und Musikern sind: Aus »Friedrich Hölderlin« formte Moers »Dölerich Hirnfidler«, aus »Johann Wolfgang von Goethe« machte er »Ohjann Golgo van Fontheweg«, und aus »Wolfgang Amadeus Mozart« bildete er den klangvollen Namen »Melodanus Graf Watzogam«.
Manchem sind auch die Namen von Freunden und Verwandten für ein Verdrehvergnügen nicht zu schade. So war ich einmal zu einer Feier eingeladen, bei der alle Namen auf den Platzkarten in Anagrammform geschrieben waren. (Auf meinem stand »Citibank-Ass«.) Das war zweifellos eine originelle Idee, doch es dauerte eine halbe Stunde, bis jeder seinen Namen entschlüsselt hatte. Unterdessen war das Essen verschmort.
Besonders beliebt sind Anagramme, die einen bekannten Namen auf ironische Weise interpretieren. Die Buchstaben des Namens Dieter Bohlen ergeben das Wort »Bloedenhirte«. Und aus der Schauspielerin Pamela Anderson wird »Das Paar Melonen«.
Die steilsten Vorlagen liefern freilich die Namen von Politikern. Als sich Wolfgang Schäuble in seiner damaligen Funktion als Innenminister für verschärfte Überwachungs- und Abhörgesetze stark machte (vom Volksmund der »Große Lauschangriff« genannt), fanden Anagrammsucher heraus, dass die Buchstaben »Schaeuble« in anderer Reihenfolge das Wort »Belausche« ergeben. Und was denkt die Anagrammatik über Guido Westerwelle? »Wow! Leider luegt es.«
Nachdem bei Angela Merkel klare Mängel zum Vorschein gekommen waren, wollte ich natürlich auch wissen, was der Spitzenkandidat der SPD zu verbergen hat. Aus Buchstabensteinen meines Scrabble-Spiels bildete ich den Namen »Peer Steinbrueck«. Dann stellte ich die Steine so lange um, bis sie plötzlich die Worte »unbereiter Speck« ergaben. In der Hoffnung, noch etwas Freundlicheres zu finden, versuchte ich es weiter. »Brueskiert Pence« las ich schließlich, was mir als kein gutes Omen für die Euro-Politik gegenüber Großbritannien erschien. Auch die nächste Kombination erwies sich als ein schlechtes Omen, diesmal in Bezug auf den Tierschutz: »Bespucke Rentier«. Das Netteste, was sich aus Peer Steinbrücks Buchstaben gewinnen ließ, war ein anderer Name: Rupert Siebeneck. Wenn es mit der Wahl zum Kanzler nicht klappt, kann er es unter diesem Namen irgendwann ja noch mal versuchen.
Wem die Scrabble-Methode zu umständlich ist, der kann es sich auch leichter machen. Es gibt im Internet nämlich einen Anagramm-Generator. Der funktioniert denkbar einfach: Man braucht nur ein Wort oder einen Namen einzugeben, und in Sekundenschnelle erstellt das Programm eine Liste mit allen möglichen Kombinationen. Möglich heißt: sprechbar, aber keinesfalls immer sinnvoll. Das habe ich mit »Angela Merkel« probiert, und es kamen noch ganz andere Dinge dabei heraus als »klare Mängel«.
Zum Beispiel Gelenkealarm, Laermklaenge, Kamelanleger, General Makel, lange Reklame und die Angelmakrele. Mitleiderregend der »Arme-Egel-Klan«, begeisterungweckend der »Legekram-Elan«, köstlich die Informationen »Mag alle Kerne« und »gerne Kamelle«! Das charmanteste Angela-Gramm aber war der nach alter Rechtschreibung gebildete »Karamel-Engel«.
Inzwischen erhielt ich eine weitere Nachricht von dem Facebook-Mitglied, das mich auf Angela Merkels klare Mängel hingewiesen hatte. »Da
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