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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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Die Aktien der großen Unternehmen sind nicht im Streubesitz, die großen deutschen Konzerne schwimmen selber im Geld und müssen ihre Anteile nicht verkaufen. Das ist umso ärgerlicher für die Japaner, weil die deutschen Aktien, wie Nomura-Analysten errechnet haben, dramatisch unterbewertet sind. Siemens und Daimler-Benz würden ihren wahren Wert und damit den tatsächlichen Wert ihrer Unternehmen verschleiern. 3
    Die desolate Lage der DDR eröffnet den japanischen Investoren neue Perspektiven: Ostdeutschland könnte so etwas wie eine Hintertür werden, um in die EG hineinzukommen, und gleichzeitig eine Art Brückenkopf zum russischen Markt bilden.
    Takashi Sato ist der europäische Statthalter von Nomura in Genf. Überraschend ruft ihn Anfang Februar ein Mitarbeiter der »Financial Times« an: Zwei Abgesandte des Runden Tisches in Berlin seien in Genf auf der Suche nach Investoren für die DDR. Ob Mr. Sato die beiden treffen möchte?
    Sato möchte.

    Die beiden Forscher Matthias Artzt und Gerd Gebhardt sind beeindruckt von Genf, obwohl einige der tristeren Straßen abseits der noblen Boulevards am Ufer des Genfer Sees sie sehr an Karl-Marx-Stadt erinnern.
    Artzt und Gebhardt eilen von einem Treffen zum nächsten. Sie möchten von Wirtschaftswissenschaftlern wissen, ob ihre Treuhandidee funktionieren kann, sie tragen Vertretern des Lutherischen Weltbundes auf einer Anhöhe über der Stadt ihr Anliegen vor: Wäre der Weltbund bereit, als Schiedsrichter die Entscheidungen der Treuhand unabhängig zu beurteilen? Die Gesprächspartner können sich das vorstellen, gerade erst hat man Wahlen in Namibia beobachtet.
    Die Forscher haben noch einen weiteren Auftrag zu erfüllen, der ebenfalls schwer wiegt. Wolfgang Ullmann hatte eines Abends in der Chausseestraße gefragt: »Und was machen wir jetzt mit Leuna?«
    Das riesige Chemiewerk südlich von Halle wurde von dem Chemiekonzern BASF während des Ersten Weltkriegs in nur neun Monaten errichtet. 1990 hat das Werk noch 30 000 Mitarbeiter, die ganze Region hängt an dem Volkseigenen Betrieb Leuna-Werke »Walter Ulbricht«. Doch Leuna ist eine Dreckschleuder. Es verseucht die Umgebung mit giftigen Gasen und hat einen gigantischen Investitionsbedarf. Man braucht Kapital, um das Werk und die Arbeitsplätze zu retten, das wissen Artzt und die anderen.
    Um nicht noch abhängiger von der Bundesrepublik zu werden, will die Babelsberger Gruppe nicht nur westdeutsche, sondern auch internationale Investoren ansprechen. Das Finanzzentrum Genf scheint dafür der ideale Ort. Gunther Breitling, ein Freund der beiden Berliner Wissenschaftler, der das Anzeigengeschäft der »Financial Times« in Genf koordiniert, verschafft den beiden einen Termin mit Takashi Sato.
     
    Sato lädt die Besucher aus Ost-Berlin in den Genfer Yachtclub ein. Die Société Nautique de Genève am Ostufer des Genfer Sees hat weltweit Ruder-und Segelregatten gewonnen. Wer hier mittags speisen darf, gehört in Genf dazu. Am Eingang hängt ein Schild »Club Privée«. »Wie bei uns«, sagt Artzt zu Gebhardt, als sie eintreten, »da gibt es jede Menge Einrichtungen, zu denen nur Parteimitglieder Zutritt haben«.
    Im ersten Stock nehmen Sato, der »Financial Times«-Mitarbeiter Breitling sowie Artzt und Gebhardt an einem Tisch am Fenster Platz. Die Masten der Yachten verstellen den Besuchern den Blick auf die idyllische Genfer Silhouette.
    Breitling sagt zu den Ostdeutschen: »Der Deal, den ihr hier verhandeln
wollt, ist mit Sicherheit größer als all die anderen Geschäfte, die hier gerade besprochen werden.«
    Artzt und Gebhardt erhoffen sich, dass Nomura in die DDR-Wirtschaft massiv investiert. Wenn die Treuhand Eigentümerin und Verwalterin des Volkseigentums ist, dann darf sie auch Anteile an ausländische Investoren verkaufen. Sato ist zunächst sehr zurückhaltend, die beiden haben das Gefühl, dass er ihnen nicht traut. Zwei DDR-Wissenschaftler, ohne Fax-Gerät, der eine auf seiner ersten Westreise, suchen Investoren und neue Eigentümer für Großteile der DDR-Wirtschaft? Wiederholt fragt er: Haben die beiden wirklich das Mandat und die Macht, für ihren Staat zu sprechen? Die Macht liegt in der DDR, das hat man auch in Genf mitbekommen, auf der Straße. Aber haben Artzt und Gebhardt sie in der Hand? Ja, beteuern sie, die haben wir und der Runde Tisch.
    Im Laufe des Gesprächs taut Sato auf und erklärt Artzt und Gebhardt die Wirtschaftswelt, die sich 1990 immer mehr globalisiert, vernetzt und

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