Alarm! Kloesschen ist verschwunden - Terror aus dem Pulverfass - Die Falle im Fuchsbach
1. Freitagsfisch
Klößchen kaute noch, als er durch den Flur schlurfte.
Tim stand vor der Telefonzelle BESENKAMMER, hatte die Tür einen Spalt geöffnet und den Fuß halb hineingeschoben, damit sie offen blieb.
Es war kurz nach dem Mittagessen im Hauptgebäude der Internatsschule. Allen Schülergesichtern sah man die Sättigung an. Sogar die Pauker wirkten zufrieden.
»Kann noch ’ne Weile dauern, wie?«, meinte Klößchen.
Tim nickte. Er erwartete einen Anruf seiner Mutter aus der fernen Heimatstadt, freute sich darauf – einerseits – und saß andererseits wie auf Kohlen.
»Du kannst ja schon loszischen«, sagte er zu seinem dicken Freund. »Entweder ich hole dich ein oder du bist vor mir da. Nicht dass Gaby und Karl vor verschlossener Villa stehen.«
Gemeint war die Villa Sauerlich, Klößchens Zuhause. Sie steht bekanntlich an der Eichen-Allee, die wiederum zu den feinsten und grünsten Gegenden der nahen Großstadt gehört.
Klößchen ist zwar Internatsschüler – weil ihn daheim die Langeweile anödet –,aber sein Zuhause nur einen Katzensprung entfernt.
»Von Loszischen«, erklärte er bestimmt, »kann keine Rede sein. Ich lasse es langsam angehen. Habe nämlich, glaube ich, vom Freitags-Fisch drei Gräten verschluckt. Die könnten sich quer legen, wenn ich jetzt hetze. Ansonsten hast du recht. Ich mache den Abflug. Damit ich die total tote Hose zu Hause ein bisschen belebe. Zurzeit ist dort niemand. Also bis gleich.«
Er kratzte sich unter der linken Achsel und schob ab zum Ausgang.
Tim zog den Fuß zurück, klemmte zur Abwechslung zwei Finger in den Türspalt und wartete auf das Läuten des Telefons. Aber vorerst blieb es stumm.
Für die nächsten drei Nächte würde er wieder mal Gast sein bei Sauerlichs. Genau genommen nur für zweieinviertel Nächte, denn die TKKG-Bande plante etwas Außergewöhnliches.
Es war Gabys Idee und die Jungs hatten sie mit Begeisterung aufgegriffen.
Denn eines stand fest: Keine Jahreszeit eignet sich besser für eine Nachtwanderung als der frühe Herbst – sofern die Stunden zwischen Abend und Morgengrauen nicht vom Nebel versaut sind, sondern sternenklar, mondhell und trocken.
Eine Nachtwanderung! Und damit kein EvD (Erzieher vom Dienst) dazwischennörgelte, zogen Klößchen und Tim um: von der Internatsbude ADLERNEST in die Millionärsvilla Sauerlich.
Gabys und Karls Eltern hatten ihre Zustimmung für die nächtliche Latscherei schon gegeben; und heute Abend – spätestens um 22 Uhr – sollte es losgehen.
Mutti, ruf an!, dachte Tim. Ich muss weg. Unsinn! Was denke ich! Lass dir Zeit, Mutti! Bist sicherlich noch mitten im Job. Und dass ich mit dir spreche, ist sowieso wichtiger als Freizeit-Nutzung.
Er nahm die Finger aus dem Türspalt und bemühte wieder den Turnschuhfuß .
Auf seinem staubgrauen Stahlross, bei dem nur noch hier und da die Rotlackierung durchschimmerte, strampelte Klößchen stadtwärts.
Auf der Zubringerstraße herrschte lebhafter Verkehr – allerdings nur in Richtung Stadt.
Für Schüler teilt der Freitagmittag die Woche. Der weniger angenehme Teil mit viel Unterricht und Arbeitsstunden lag hinter ihnen, der nahezu pflichtenfreie Teil begann. Das weckte Unternehmungslust in den Köpfen und Muskelkraft in den Waden.
Ganze Pulks von Radlern überholten Klößchen. Lehrer, die die Internatsflucht im Wagen antraten, mussten sich den Weg freihupen.
Dass er der Langsamste war, störte Klößchen nicht.
Von denen, dachte er, isst keiner so viel wie ich. Also, was soll’s? Außerdem muss ich mich schonen für heute Nacht. Hoffentlich plant Tim keine Landesdurchquerung, sondern eine gemütliche Strecke. Auf jeden Fall werde ich genug Schokolade einpacken.
Es war ein sonniger Mittag. Der Herbst malte die Landschaft mit kräftigen Farben an. Zwischen den Zweigen hingen Spinnennetze, deren Architekten an dünnen Fäden Klimmzüge machten beziehungsweise Tauklettern.
Im Getümmel der Großstadt trennten sich die Wege.
Während Schüler und Pauker in die City (Innenstadt) strebten, radelte Klößchen in jenes Viertel, wo die Acht- und Zwölfzylinder-Öfen in den Einfahrten stehen.
In der Eichen-Allee herrschte vornehme Stille.
Die Gefiederten waren noch nicht zur Südreise angetreten, aber das Reisefieber steckte ihnen bereits in den Flügeln; die meisten Vögel benahmen sich vorbereitungsaufgeregt, aber keineswegs laut.
Jetzt, keine 100 Meter vor dem Ziel, fiel Klößchen ein, dass er den Hausschlüssel brauchte.
Indem er
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