Der Diamant (German Edition)
Edelsteine bei der Armee so zu Ehren gebracht. Ein Mann wirkte damals nicht – wie es heute der Fall wäre – lächerlich, wenn er auf seinem Jabot oder auf seinen Fingern große Diamanten trug. Murat, dieser Südländer, gab dem modernen Militär das Beispiel eines unsinnigen Luxus! – Der Graf von Gondreville – er hatte sich vorher »Bürger Malin« genannt – ein Lucullus jenes konstituierenden Senats, der nichts konstituierte, hatte mit seinem Feste zu Ehren des Friedens nur deshalb so lange gewartet, um desto besser Napoleon den Hof machen zu können, indem er all die Schmeichler, die ihm zuvorgekommen waren, in den Schatten stellte. Die Gesandten aller befreundeten Mächte Frankreichs, die wichtigsten Persönlichkeiten des Kaiserreiches, selbst einige Fürsten waren in diesem Augenblick in den Salons des reichen Senators versammelt. Der Tanz war noch nicht recht im Gange, alles wartete auf den Kaiser, dessen Anwesenheit der Graf versprochen hatte. Napoleon hätte auch sein Wort gehalten, wenn nicht gerade an jenem Abend der Auftritt zwischen ihm und Josephine stattgefunden hätte, der die baldige Scheidung dieses hohen Paares nach sich zog. – Die Nachricht von diesem Ereignis, das damals sehr geheim gehalten wurde (das die Geschichte aber verzeichnet hat), war noch nicht bis zu den Ohren der Höflinge gelangt, es wirkte nur durch die Abwesenheit Napoleons auf die Heiterkeit des Festes beim Grafen von Gondreville. Die schönsten Frauen von Paris, die sich darum bemüht hatten, diesem Feste beiwohnen zu können, wetteiferten in diesem Augenblick an Luxus, Koketterie, Schmuck und Schönheit miteinander. Die haute finance, stolz auf ihre Reichtümer, forderte die glänzenden Generäle und hohen Offiziere des Kaiserreichs, die eben erst mit Orden, Titeln und Auszeichnungen überschüttet worden waren, förmlich heraus. Diese großen Bälle waren für die reichen Familien stets die Gelegenheit, um den Prätorianern Napoleons ihre Erbinnen vorzuführen, in der wahnwitzigen Hoffnung, ihre glänzende Mitgift gegen eine ungewisse Gunst einzutauschen. Die Frauen, die sich allein durch ihre Schönheit stark glaubten, erprobten deren Macht. Dort, wie anderswo auch, war das Vergnügen nur eine Maske. Hinter heiteren und lachenden Gesichtern, hinter ruhigen Stirnen verbarg sich abscheuliche Berechnung; Freundschaftsbezeugungen logen, und mehr als einer mißtraute weniger seinen Feinden als seinen Freunden! – Diese Betrachtungen mußten notwendigerweise vorausgeschickt werden, um die verwickelte Begebenheit, von der auf den folgenden Seiten gesprochen werden soll, zu erklären, sowie auch die freilich noch sehr gemilderte Schilderung des Umgangstones, wie er damals in den Salons von Paris herrschte.
»Wenden Sie Ihr Auge einmal jener zerbrochenen Säule zu, auf der ein Kandelaber steht, sehen Sie da eine junge Frau mit einer chinesischen Frisur, dort in der Ecke links? Sie hat blaue Glockenblumen in das Büschel kastanienbrauner Haare, das in Locken herabfällt, gesteckt. Sehen Sie nicht? Sie ist so blaß, daß man sie für krank halten möchte; sie ist sehr klein und ganz allerliebst.
Jetzt wendet sie uns den Kopf zu; ihre blauen, mandelförmigen und entzückend sanften Augen scheinen wie zum Weinen geschaffen zu sein. Aber sehen Sie nur, sie bückt sich, um Frau von Vaudremont durch dieses Labyrinth von auf- und abwogenden Köpfen, deren hohe Frisuren ihr den Durchblick erschweren, zu erspähen.«
»Ah, jetzt sehe ich sie, mein Lieber! Du hättest sie mir nur als die bleicheste aller hier anwesenden Frauen bezeichnen sollen, dann hätte ich sie gleich erkannt; sie ist mir schon aufgefallen; sie hat den schönsten Teint, den ich je bewundert habe. Von hier aus wirst du wohl auf ihrem Hals die Perlen kaum erkennen können, die die Saphire ihres Halsbandes voneinander trennen. Sie muß entweder sehr tugendhaft sein oder sehr kokett, denn kaum gestatten die Rüschen ihres Mieders, daß man die Schönheit ihres Körpers ahnt. Welche Schultern! Wie lilienweiß!«
»Wer ist sie?« fragte derjenige, der zuerst gesprochen hatte.
»Ich weiß es nicht.«
»Aristokrat! Sie wollen wohl alle für sich behalten, Montcornet?«
»Es steht dir gut, mich zu verspotten!« erwiderte Montcornet lächelnd. »Glaubst du das Recht zu haben, einen armen General wie mich zu verspotten, weil du als glücklicher Nebenbuhler von Soulanges dich nicht einmal herumdrehen kannst, ohne Frau von Vaudremont in Aufregung zu versetzen? Oder aber,
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