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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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nicht! Wenn es nun eine Falle ist, ein Mörder?« Das Kamel schnaubte angstvoll durch die Nüstern. Doch hatte der Sultan sie bereits verlassen. Er ging in einen viereckigen, reich mit blauen Schnitzereien geschmückten Raum, wo er nur die allergeheimsten Unterredungen führte. Hier standen sich an den Wänden zwei Bänke mit Purpurpolstern gegenüber, und in der Mitte dazwischen schimmerte der grüne Marmor eines runden Tisches.
    Der Sultan ließ sich nieder. Er klatschte leicht in die Hände. Er wartete.
    Bald darauf geleitete der Haushofmeister einen hochgewachsenen Mann in den Raum, dessen Haupt und Gestalt gänzlich verhüllt waren. Nur zwei dunkle Augen glühten durch einen Spalt im braunen Tuch.
    Der Fremde verneigte sich tief. Er legte dabei nach alter Sitte die rechte Hand aufs Herz. Der Sultan winkte, der Haushofmeister entfernte sich und schloß die Tür geräuschlos. Die beiden Männer waren allein.
    Jetzt enthüllte der Besucher sein Gesicht. Zuerst zweifelte der Sultan, dann aber breitete er seine Arme freudig aus und rief: »Ist’s möglich? Der Emir von Emirstan!«
    Die beiden Männer umarmten sich. Und der Sultan fragte: »Mein Freund, wie lange habe ich dich nicht mehr gesehen? Warum schleichst du dich so heimlich zu mir wie einer, der das Licht des Tages scheut? Warum kommst du nicht, wie es dir gebührt, so daß wir dich mit allen Ehren empfangen und ein Fest feiern können und alle an unserer Freude teilnehmen lassen? — Jedoch verzeih, setze dich, ehe du sprichst, und nimm eine Erfrischung. Du bist weit gereist...«
    »Es erfrischt mich, dich zu sehen, o Sultan. Und mein einziger Wunsch ist, dich zu sprechen!« Der Emir ließ sich dem Sultan gegenüber auf der Bank nieder. Sein brauner Burnus fiel in malerischen Falten über seine Knie bis auf den Fußboden hinab.
    »So erlaube mir wenigstens, die Wasserpfeife bringen zu lassen, damit wir zusammen rauchen, während wir miteinander plaudern!«
    Der Emir aber hob abwehrend die Hände und verzog schmerzlich sein Gesicht: »Nicht rauchen, nein... im Rauch ist das Übel aller Übel...«
    »Du erstaunst mich!«
    »So höre! Und du wirst mich verstehen! Wenn ich zu dir geschlichen komme wie ein Dieb, den niemand erkennen darf, o Sultan, so ist es, weil mein Herz sich schämt. Es gibt Dinge, die wir nur den vertrautesten Menschen offenbaren können, und selbst diesen nur mit großer Überwindung. Wir wünschen nicht, daß die Welt von unserem Schmerz erfährt. Am wenigsten jene, die ihn verursacht haben. Bitte, schweige deshalb auch du gegenüber deinen Freunden. Ich mißtraue ihnen nicht, ich liebe und achte sie — jedoch versprich mir, meinen Kummer tief in deinem Herzen zu versenken...«
    Der Sultan nickte zustimmend und voller Mitgefühl.
    Der Emir von Emirstan seufzte. »Ich danke dir! Du weißt, daß ich eine Tochter habe, Miriam, das Kind meines Herzens, mein Stolz, schön wie eine Rosenblüte, ein junges Mädchen, das den Männern den Schlaf raubt. Ich hütete sie wie meinen Augapfel. Nur der Würdigste dürfte ihr Gatte werden, so dachte ich... Miriam nun, dieses Kleinod, hat mich verlassen!«
    »Aber sie lebt!«

    »Sie lebt, ja — doch frage nicht, wie! Ich weiß es nicht. Hast du jemals von der Glücklichen Insel gehört?«
    »Ihr Name ist mir bekannt!«
    »Sie verdient diese Bezeichnung nicht! Mehr kann ich dir nicht sagen. Miriam lebt dort! Sie — und andere unglückliche junge Leute. Sie sind in der Gewalt eines Scheichs, der sie durch Zauberei in seinen Bann geschlagen hat. Freiwillig gingen sie zu ihm und haben doch keinen eigenen Willen. Es heißt, daß er sie mit der Blauen Wolke umhüllt...«
    »Seltsam! Was aber hat das alles mit dem Rauch zu tun, von dem du sagst, daß er an deinem Unglück schuld sei?«
    »Ich glaube, die Blaue Wolke besteht aus einem verzauberten Rauch. Er raubt den Wesen die Seele und den klaren Verstand. Er gaukelt ihnen ein wunderbares Glück vor. In Wahrheit aber verfallen sie dem Tode, ihre Sinne verwirren sich, ihre Körper gehen zugrunde!«
    »Ich ahne, was du meinst... Was aber kann ich für dich tun, o Emir?«
    »Reise auf die Insel, Sultan, eile! Reise für mich, mische dich unter die unglücklichen Geschöpfe, suche Miriam und rette sie. Sieh, ich selber wollte dorthin fahren, doch weise Männer rieten mir ab! Miriam würde mich erkennen und vielleicht meine Absicht vereiteln. Sie ist in einem Alter, in dem die Töchter nicht auf ihre Eltern hören. Sie will nicht behütet werden. Sie will frei

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