Der Doktor und das liebe Vieh
was mit ihrem Euter, stimmt’s?«
»Höchstwahrscheinlich.«
»Wir wollen doch keine Entzündung, nicht wahr?«
»Natürlich nicht.«
»Gut, dann sagen Sie ihm also Bescheid. Tschüs.«
Ich kehrte nachdenklich ins Zimmer zurück. Es war peinlich, aber ich hatte meine erste Krankengeschichte gehört, ohne ein Wort davon zu verstehen.
Kaum hatte ich mich gesetzt, als die Glocke wieder läutete. Vorsichtshalber schrie ich gleich los, so daß die Hunde mitten im Sprung erstarrten; sie verstanden und kehrten verschämt auf ihre Plätze zurück.
Diesmal handelte es sich um einen würdigen Herrn mit einer sehr gerade sitzenden Tuchmütze; ein dicker Wollschal war genau über seinem Adamsapfel geknotet, und eine Tonpfeife ragte aus der exakten Mitte des Mundes. Er nahm die Pfeife in die Hand und sagte mit einem kräftigen, unerwarteten Akzent: »Ich heiße Mulligan, und ich möchte, daß Mr. Farnon mir eine Medizin für meinen Hund aufschreibt.«
»Was fehlt denn Ihrem Hund, Mr. Mulligan?«
Er hob fragend die Brauen und legte eine Hand hinter das Ohr.
»Was fehlt ihm?« schrie ich mit verdoppelter Lautstärke.
Er sah mich einen Augenblick zweifelnd an. »Er bricht, Sir, bricht furchtbar.«
Ich fühlte mich sofort auf sicherem Boden, und mein Gehirn schäumte über von diagnostischen Verfahren. »Wann genau nach dem Essen bricht er?«
Die Hand fuhr wieder zum Ohr. »Was meinen Sie?«
Ich beugte mich weit vor, pumpte meine Lungen voll und brüllte: »Wann bricht er?«
Langsam zündete ein Funke des Verstehens in Mr. Mulligans Augen. Er lächelte freundlich. »O ja, er bricht. Bricht stark.«
Mir fehlte die Kraft zu einem weiteren Versuch, und so sagte ich, er solle später wieder vorsprechen, ich würde alles Nötige veranlassen. Er konnte offensichtlich von den Lippen ablesen, denn er nickte zufrieden und ging weg.
Im Wohnzimmer ließ ich mich in einen Sessel fallen und goß mir eine Tasse Tee ein. Kaum hatte ich einen Schluck getrunken, da läutete es schon wieder. Diesmal genügte ein scharfer Blick, damit die Hunde auf ihren Plätzen blieben. Ich war erleichtert, daß sie so schnell verstanden hatten.
Vor der Haustür stand ein hübsches, rothaariges Mädchen. Sie lächelte und zeigte eine Reihe schneeweißer Zähne. »Ich bin Diana Brompton. Mr. Farnon erwartet mich zum Tee.«
Ich schluckte und klammerte mich an den Türgriff. »Er hat Sie zum Tee gebeten?«
Das Lächeln gefror. »Ja, so ist es«, bestätigte sie.
»Es tut mir leid, aber Mr. Farnon ist nicht zu Hause. Ich weiß nicht, wann er zurückkommt.«
Das Lächeln verschwand. »Oh«, sagte sie bedeutungsschwer. »Vielleicht darf ich im Haus auf ihn warten.«
»Aber natürlich, bitte sehr. Entschuldigen Sie«, stammelte ich und merkte plötzlich, daß ich sie mit offenem Mund angestarrt hatte. Ich hielt ihr die Tür auf, und sie sauste wortlos an mir vorbei. Zweifellos kannte sie den Weg, denn als ich zu der ersten Ecke kam, war sie schon im Zimmer verschwunden. Ich schlich mich an der Tür vorbei und rannte etwa dreißig Yards weiter bis zu einer riesigen, mit Steinplatten ausgelegten Küche. Mrs. Hall pusselte hier herum, und ich stürzte auf sie zu.
»Da ist eine junge Dame, eine Miss Brompton. Sie kommt zum Tee.« Ich mußte mich beherrschen, damit ich sie nicht am Ärmel packte.
Mrs. Halls Miene blieb unbewegt. Ich dachte, sie würde aufgeregt mit den Armen fuchteln, aber sie schien nicht einmal überrascht.
»Gehen Sie rein, unterhalten Sie sich mit ihr, und ich bringe noch ein paar Plätzchen«, sagte sie.
»Zum Teufel, worüber soll ich mich mit ihr unterhalten? Wann kommt denn Mr. Farnon endlich zurück?«
»Ach, schwatzen Sie nur ein bißchen mit ihr. Ich glaube nicht, daß Mr. Farnon noch lange fortbleibt«, erwiderte sie ruhig.
Ich ging langsam zum Wohnzimmer, und als ich die Tür öffnete, wandte sich das Mädchen schnell mit einem bezaubernden Lächeln um. Sie gab sich keinerlei Mühe, ihren Widerwillen zu verbergen, als sie sah, daß es lediglich ich war.
»Mrs. Hall meint, er wird bald zurück sein. Vielleicht trinken Sie inzwischen mit mir eine Tasse Tee.«
Mit einem raschen Blick musterte sie mich von meinem zerzausten Haar bis zu den abgenutzten alten Schuhen. Mir wurde plötzlich klar, wie schmutzig und verschwitzt ich nach der langen Reise war. Dann zuckte sie die Achseln und wandte sich ab. Die Hunde betrachteten sie apathisch. Eine bedrückende Stille senkte sich auf den Raum.
Ich schenkte Tee ein und reichte
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