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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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ihr die Tasse. Sie ignorierte mich und zündete sich eine Zigarette an. Ich räusperte mich und sagte leichthin: »Ich bin übrigens eben erst angekommen. Ich hoffe, daß ich Mr. Farnons neuer Assistent werde.«
    Diesmal blickte sie nicht einmal auf, sondern sagte nur: »Ach.« Ihre Einsilbigkeit hatte etwas Drohendes.
    Ich versuchte es von neuem. »Ein schönes Fleckchen Erde hier, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ich bin noch nie in Yorkshire gewesen, aber was ich heute gesehen habe, gefällt mir gut.«
    »So.«
    »Kennen Sie Mr. Farnon schon lange?«
    »Ja.«
    »Herrliches Wetter, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Ich hielt tapfer und zäh etwa fünf Minuten durch, versuchte originell und witzig zu sein, aber schließlich nahm Miss Brompton die Zigarette aus dem Mund und sah mich mit einem langen, leeren Blick an. Da gab ich auf und versank in Schweigen.
    Jetzt konnte ich sie nach Belieben betrachten. Sie war interessant. Nie zuvor hatte ich ein lebendes Wesen getroffen, das so offensichtlich einem Gesellschaftsmagazin entsprungen war. Ein Kleid aus kühlem Leinen, eine teuer aussehende Wolljacke, sehr hübsche Beine und prachtvolles rotes Haar, das ihr auf die Schultern fiel. Und so eine Frau saß da und hungerte geradezu nach einem kleinen, fetten deutschen Tierarzt. Dieser Farnon schien das gewisse Etwas zu haben.
    Als Miss Brompton schließlich aufsprang, ihre Zigarette wütend in den Kamin schleuderte und das Zimmer verließ, erhob ich mich müde aus meinem Sessel. Mit schmerzendem Kopf schlurfte ich durch das französische Fenster in den Garten. Ich ließ mich in das knietiefe Gras des Rasens fallen und lehnte den Rücken an eine gewaltige Akazie. Wo zum Teufel war Farnon? Erwartete er mich wirklich, oder hatte mir jemand einen schrecklichen Streich gespielt? Plötzlich fror mich. Ich hatte meine letzten paar Pfund ausgegeben, um hierher zu kommen, und wenn es sich um einen Irrtum handelte, saß ich in der Patsche.
    Ich legte den Kopf gegen die Rinde und schloß die Augen. Im Geist sah ich Herrn Farrenen, und er entsprach genau dem Bild, das ich mir von ihm gemacht hatte. »Was haben Sie gemacht?« zischte er wütend mit starkem deutschen Akzent. »Sie kommen in mein Haus unter einem Vorwand, Sie beleidigen Fräulein Brompton, Sie trinken meinen Tee, Sie essen meine Plätzchen. Was haben Sie noch vor, wie? Vielleicht stehlen Sie auch noch meine Löffel. Sie reden von Assistentenstelle, aber ich brauche keinen Assistenten. Das Beste, ich rufe die Polizei an.«
    Herr Farrenen griff mit seiner plumpen Hand nach dem Telefon. Ich hörte die fette Stimme »hallo, hallo« sagen.
    Ich öffnete die Augen. Jemand sagte »hallo«, aber es war nicht Herr Farrenen. Ein großer, dünner Mann lehnte an der Mauer, die Hände in den Taschen. Irgend etwas schien ihn zu amüsieren. Als ich mich mühsam erhob, löste er sich von der Mauer und streckte mir die Hand hin. »Tut mir leid, daß Sie warten mußten. Ich bin Siegfried Farnon.«
    Niemand konnte typisch englischer aussehen als er. Langes, humorvolles Gesicht mit stark ausgeprägtem Unterkiefer. Kleiner, gestutzter Schnurrbart, wirres, sandfarbenes Haar. Er trug eine alte Tweedjacke und eine ausgebeutelte Flanellhose. Der Kragen seines karierten Hemds war durchgescheuert, die Krawatte nachlässig gebunden. Anscheinend verbrachte er nicht viel Zeit vor dem Spiegel.
    Während ich ihn betrachtete, begann ich mich besser zu fühlen, trotz der Nackenschmerzen, die der Druck gegen den Baumstamm verursacht hatte. Ich schüttelte den Kopf, um wach zu werden, und kleine Grasbüschel fielen aus meinem Haar. »Hier war eine Miss Brompton«, platzte ich heraus. »Sie kam zum Tee. Ich sagte ihr, Sie wären dienstlich unterwegs.«
    Farnon sah nachdenklich aus, aber nicht verlegen. Er rieb sich das Kinn. »Hm, ja – na, macht nichts. Aber ich bitte sehr um Entschuldigung, daß ich nicht da war, als Sie ankamen. Mein Gedächtnis ist entsetzlich schlecht; ich hab’s einfach vergessen.« Er sah mich mit einem langen, forschenden Blick an, dann grinste er. »Lassen Sie uns hineingehen. Ich möchte Ihnen das Haus zeigen.«

Kapitel 2
     
    Der lange Anbau hinter dem Haus hatte in besseren Tagen den Dienstboten als Unterkunft gedient. Wie in bewußtem Kontrast zur Vorderseite war hier alles dunkel, eng und muffig.
    Farnon führte mich zu der ersten einer Reihe von Türen, die von einem Gang abgingen, wo der Geruch von Äther und Karbol in der Luft hing. »Dies«, sagte er mit einem geheimen Leuchten in den

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