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Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Titel: Der Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij , Fedor Michajlovic Dostoevskij
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und zu stumpf ist für eine anständige Schilderung des durch die außerordentliche Liebenswürdigkeit des grauhaarigen Hausherrn improvisierten Balles. Und wie, frage ich, wie kann ich, der bescheidene Erzähler der in ihrer Art allerdings sehr interessanten Abenteuer des Herrn Goljadkin, wie kann ich diese außerordentliche, wohlanständige Mischung von Schönheit, Eleganz, Anstand, Heiterkeit, liebenswürdiger Gesetztheit und gesetzter Liebenswürdigkeit, Mutwillen und Frohsinn schildern, all dies Scherzen und Lachen all dieser Beamtendamen, die mehr mit Feen als mit Damen Ähnlichkeit hatten (was in einem für sie vorteilhaften Sinne gesagt sein soll), mit ihren lilien- und rosenfarbenen Schultern und Gesichtchen, mit ihren ätherischen Gestalten, mit ihren mutwillig spielenden und(um im höheren Stil zu reden) homöopathischen Füßchen? Wie soll ich Ihnen endlich diese eleganten Kavaliere aus dem Beamtenstande schildern, sowohl die heiteren, soliden Jünglinge, als auch die gesetzten, frohsinnigen und in wohlanständiger Art finsteren Männer, diese Kavaliere, die in den Pausen zwischen den Tänzen teils in einem kleinen, abgelegenen, grünen Zimmer eine Pfeife rauchten, teils keine Pfeife rauchten, diese Kavaliere, die vom ersten bis zum letzten einen anständigen Rang besaßen und anständigen Familien angehörten, diese Kavaliere, die von dem Gefühl der Eleganz und von dem Gefühle ihrer eigenen Würde tief durchdrungen waren, diese Kavaliere, die mit den Damen meist französisch sprachen und, wenn sie von der russischen Sprache Gebrauch machten, sich nur gewählter Ausdrücke des höchsten Stiles, feiner Komplimente und geistreicher Redewendungen bedienten, diese Kavaliere, die höchstens im Rauchzimmer sich ein paar liebenswürdige Abweichungen von der Sprache des feinsten Tones, ein paar Redewendungen voll freundschaftlicher, liebenswürdiger Intimität gestatteten, etwa von folgender Art: »Na, Petja, du Schwerenöter, du hast ja die Polka famos heruntergehopst!« oder: »Wasja, du Schlingel, du hast ja deine Dame gehörig vorgenommen!« Zu alledem ist, wie ich Ihnen, meine verehrten Leser, schon oben die Ehre hatte mitzuteilen, meine Feder unfähig, und darum schweige ich. Wenden wir uns lieber zu Herrn Goljadkin, dem einzigen, wirklichen Helden unserer durchaus wahrhaften Erzählung!
    Die Sache war die, daß er sich augenblicklich in einer sehr sonderbaren (um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen) Lage befand. Er war ebenfalls dort, meine Herrschaften, d. h. nicht auf dem Balle, aber beinah auf dem Balle; seine Situation, meine Herren, war keine glänzende; er war zwar für sich allein, stand aber in diesem Augenblicke an einem nicht ganz ordnungsmäßigen Platze; er stand nämlich (es kommt einem sonderbar vor, es auch nur zu sagen), er stand auf dem Flur, auf der Hintertreppe der Wohnung Olsufi Iwanowitschs. Aber das machte ihm nichts aus, daß er da stand; er fühlte sich da ganz wohl. Er stand in einem Winkel, meine Herrschaften, versteckt an einem Plätzchen, wo es zwar nicht besonders warm, aber dafür ziemlich dunkel war, teilweise verborgen durch einen gewaltigen Schrank und einen alten Wandschirm, zwischen allerlei Trödelkram, Gerümpel und altem Hausrat; vorläufig hielt er sich noch versteckt und beobachtete den Verlauf des allgemeinen Vergnügens nur in der Eigenschaft eines unbeteiligten Zuschauers. Er beobachtete jetzt nur, meine Herrschaften; er hätte ja ebenfalls hineingehen können, meine Herrschaften ... warum hätte er denn nicht hineingehen sollen? Er brauchte nur ein paar Schritte zu tun, dann ging er hinein und ging mit großer Gewandtheit hinein. Eben erst (nachdem er übrigens schon über zwei Stunden in der Kälte zwischen dem Schranke und dem Wandschirm, zwischen allerlei Gerümpel, Trödelkram und altem Hausrat gestanden hatte) hatte er im stillen zu seiner eigenen Rechtfertigung einen Ausspruch des französischen Ministers Villèle seligen Angedenkens zitiert: »Alles kommt zu seiner Zeit, wenn man nur zu warten versteht.« Diesen Ausspruch hatte Herr Goljadkin einmal in einemübrigens ganz gleichgültigen Buche gelesen; aber jetzt rief er ihn sich zu sehr passender Zeit ins Gedächtnis zurück. Dieser Ausspruch paßte erstens sehr gut zu seiner augenblicklichen Lage, und zweitens, was kommt nicht alles einem Menschen in den Kopf, der auf eine glückliche Lösung der ihn beschäftigenden Schwierigkeiten fast schon drei geschlagene Stunden auf dem Flur in der

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