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Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Titel: Der Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij , Fedor Michajlovic Dostoevskij
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Viertelstunde lang; er hörte, wie der faule Petruschka hinter der Scheidewand mit dem Samowar herumhantierte, konnte sich aber nicht dazu entschließen, ihn zu rufen. Wir können noch mehr sagen: Herr Goljadkin fürchtete sich jetzt sogar ein wenigdavor, seinem Petruschka Auge in Auge gegenüberzutreten. »Gott weiß,« dachte er, »Gott weiß, wie dieser Schlingel jetzt die ganze Sache ansieht. Er schweigt und schweigt, macht sich aber gewiß seine eigenen Gedanken darüber.« Endlich knarrte die Tür, und Petruschka erschien mit einem Präsentierbrett in den Händen. Herr Goljadkin schielte schüchtern nach ihm hin und wartete ungeduldig darauf, was nun kommen werde, und ob er endlich etwas über den bewußten Vorgang sagen werde. Aber Petruschka sagte nichts, sondern war im Gegenteil noch schweigsamer, mürrischer und ärgerlicher als gewöhnlich und schielte finster um sich her; überhaupt war zu merken, daß er mit irgend etwas äußerst unzufrieden war; er blickte seinen Herrn sogar nicht ein einziges Mal an (was, beiläufig gesagt, bei Herrn Goljadkin eine peinliche Empfindung hervorrief), setzte alles, was er trug, auf den Tisch, drehte sich um und ging schweigend wieder zurück hinter seine Scheidewand. »Er weiß es, er weiß es, er weiß alles, der Taugenichts!« murmelte Herr Goljadkin, während er sich anschickte, seinen Tee zu trinken. Aber unser Held richtete an seinen Diener keinerlei Fragen, obgleich Petruschka nachher noch mehrere Male zur Erledigung von allerlei Obliegenheiten ins Zimmer kam. Herr Goljadkin befand sich in sehr aufgeregter Gemütsverfassung. Er ängstigte sich auch davor, in die Kanzlei zu gehen. Er hatte ein starkes Vorgefühl, als werde ihm dort etwas Unangenehmes begegnen. »Wenn man da hinkommt,« dachte er, »kann einem leicht etwas passieren! Ist es nicht besser, noch ein Weilchen hierzubleiben und zu warten? Mögen siesich dort ohne mich behelfen; ich will heute hierbleiben, neue Kraft sammeln, mich erholen, über diese ganze Geschichte ordentlich nachdenken und dann den richtigen Augenblick abpassen und sie alle durch mein Erscheinen überraschen.« Während Herr Goljadkin diese Überlegungen anstellte, rauchte er eine Pfeife nach der andern; die Zeit verging; es war beinah halb zehn. »Sieh mal an, es ist ja schon halb zehn,« dachte Herr Goljadkin; »nun ist es sowieso zu spät zum Hingehen. Und überdies bin ich krank; selbstverständlich bin ich krank, unbedingt krank; wer will sagen, daß ich nicht krank wäre? Was kann mir passieren? Und wenn sie auch herschicken, um es feststellen zu lassen, und wenn auch der Inspektor kommt: was kann mir denn in der Tat passieren? Ich habe ja Rückenschmerzen und Husten und Schnupfen; und schließlich darf ich bei diesem Wetter schlechterdings nicht ausgehen, unter keinen Umständen; ich könnte ernstlich krank werden und am Ende gar sterben; die Sterblichkeit ist zurzeit überhaupt eine besonders große...« Durch solche Erwägungen beruhigte Herr Goljadkin endlich sein Gewissen vollkommen und rechtfertigte sich im voraus vor sich selbst gegen den Verweis, den er von Andrei Filippowitsch wegen Nachlässigkeit im Dienste zu erwarten hatte. Überhaupt liebte in allen ähnlichen Lagen unser Held es sehr, sich durch allerlei unwiderlegliche Argumente in seinen eigenen Augen zu rechtfertigen und auf diese Art sein Gewissen zu beruhigen. Nachdem er dies also auch jetzt getan hatte, griff er von neuem nach der Pfeife, stopfte sie und fing gerade an ordentlich zu rauchen, da sprang er schnell vom Sofa auf, warf die Pfeifehin, wusch, rasierte und kämmte sich schnell, zog die Uniform und alles übrige an, ergriff einige Akten und eilte nach der Kanzlei.
    Herr Goljadkin betrat sein Dienstlokal in der unruhigen Erwartung von irgend etwas sehr Üblem, in einer Erwartung, die zwar unbewußt und unklar, dabei aber doch recht unangenehm war; bescheiden setzte er sich auf seinen festen Platz neben dem Tischvorsteher Anton Antonowitsch Sjetotschkin. Ohne jemand anzusehen oder mit jemand ein paar freundliche Worte zu wechseln, vertiefte er sich in den Inhalt der vor ihm liegenden Papiere. Er hatte sich entschlossen und fest vorgenommen, allem aus dem Wege zu gehen, was ihn zu kompromittierenden Äußerungen herausfordern konnte, also unbescheidenen Fragen, Späßen und unpassenden Anspielungen auf die Ereignisse des gestrigen Abends; er hatte sich sogar vorgenommen, den Austausch der gewöhnlichen Höflichkeiten mit den Kollegen, d. h. Fragen nach

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