Der Doppelgänger
Filippowitsch Herrn Goljadkin so reden hörte, erstaunte er dermaßen, daß er unwillkürlich ein paar Schritte zurücktrat. Dann blickte er unruhig um sich ... Es ist schwer zu sagen, wie die Sache geendet hätte ... Aber plötzlich öffnete sich die Tür, die zum Arbeitszimmer des Chefs führte, und dieser selbst kam in Begleitung mehrerer Beamten heraus. Alle, die im Zimmer waren, schlossen sich an und gingen hinter ihm her. Seine Exzellenz rief Andrei Filippowitsch heran, ließ ihn neben sich gehen und unterredete sich mit ihm über irgendwelche Gegenstände. Als sich alle in Bewegung gesetzt und das Zimmer verlassen hatten, kam auch Herr Goljadkin wieder zur Besinnung. Demütig suchte er Schutz unter den Fittichen seines Tischvorstehers Anton Antonowitsch Sjetotschkin, der hinter allen herschlich und, wie es Herrn Goljadkin schien, eine sehr ernste, sorgenvolle Miene machte. »Auch hier habe ich töricht geredet; auch hier habe ich meiner Sache geschadet,« dachte er bei sich; »nun aber, es macht nichts.« Dann sagte erzu dem Tischvorsteher leise mit einer Stimme, die vor Aufregung noch ein wenig zitterte: »Ich hoffe, daß wenigstens Sie, Anton Antonowitsch, sich werden bereitfinden lassen, mir Gehör zu schenken und von meiner Lage Kenntnis zu nehmen. Von allen zurückgewiesen, wende ich mich an Sie. Ich bin bis jetzt noch im unklaren darüber, was Andrei Filippowitschs Worte bedeuteten, Anton Antonowitsch. Erklären Sie sie mir, wenn es möglich ist ...«
»Es wird alles zur rechten Zeit klar werden,« erwiderte Anton Antonowitsch nach einer Pause in ernstem Tone und, wie es Herrn Goljadkin schien, mit einer Miene, die deutlich zu verstehen gab, daß Anton Antonowitsch überhaupt nicht wünschte, das Gespräch fortzusetzen. »Sie werden in kurzer Zeit alles erfahren. Noch heute werden Sie formell von allem unterrichtet werden.«
»Was meinen Sie denn mit ›formell‹, Anton Antonowitsch? Warum denn gerade formell?« fragte unser Held schüchtern.
»Es steht uns beiden nicht zu, über das zu urteilen, Jakow Petrowitsch, was die Behörde für gut findet.«
»Warum denn die Behörde, Anton Antonowitsch?« fragte Herr Goljadkin, der noch zaghafter geworden war, »warum denn die Behörde? Ich sehe keine Ursache, weshalb die Behörde damit belästigt werden sollte, Anton Antonowitsch ... Sie wollen mir vielleicht etwas über das gestrige Vorkommnis sagen, Anton Antonowitsch?«
»Nein, um das gestrige Vorkommnis handelt es sich nicht; aber es ist sonst noch dies und das bei Ihnen nicht in Ordnung.«»Was ist denn bei mir nicht in Ordnung, Anton Antonowitsch? Mir scheint, Anton Antonowitsch, daß bei mir alles in Ordnung ist.«
»Aber warum wollten Sie denn schlaue Pfiffe und Kniffe zur Anwendung bringen?« unterbrach Anton Antonowitsch scharf den ganz bestürzten Herrn Goljadkin. Dieser fuhr zusammen und wurde bleich wie Leinewand.
»Freilich, Anton Antonowitsch,« sagte er mit kaum vernehmbarer Stimme, »wenn man die Stimme der Verleumdung beachtet und auf unsere Feinde hört, ohne eine Rechtfertigung von der anderen Seite anzunehmen, dann muß unsereiner leiden, Anton Antonowitsch, schuldlos, und ohne etwas begangen zu haben, leiden.«
»Hm, hm; und Ihr unwürdiges Benehmen, durch das Sie dem Rufe eines anständigen Mädchens, der Tochter jener wohlbekannten, humanen, hochgeachteten Familie, geschadet haben, einer Familie, die Ihnen so viel Gutes erwiesen hatte?«
»Was meinen Sie denn für ein Benehmen, Anton Antonowitsch?«
»Hm, hm. Und da ist dann noch ein anderes Mädchen, das zwar arm, aber von ehrenhafter, ausländischer Herkunft ist; an Ihr löbliches Verhalten diesem Mädchen gegenüber erinnern Sie sich wohl auch nicht?«
»Gestatten Sie, Anton Antonowitsch ... haben Sie die Güte, mich anzuhören, Anton Antonowitsch ...«
»Und Ihr treuloses Benehmen einer andern Person gegenüber, die Sie verleumdet und eines Vergehens bezichtigt haben, das Sie sich selbst haben zuschulden kommen lassen? Nun, wie nennt man das?«
»Anton Antonowitsch, ich habe ihn nicht aus dem Hause getrieben,« erwiderte unser Held zitternd, »und habe auch Petruschka, meinem Diener, keine derartige Instruktion gegeben ... Er hat von meinem Tische gegessen, Anton Antonowitsch; er hat meine Gastfreundschaft genossen,« fügte unser Held ausdrucksvoll und mit tiefem Gefühl hinzu, so daß sein Kinn ein wenig zu hüpfen begann und ihm die Tränen wieder in die Augen kamen.
»Das reden Sie nur so hin, Jakow Petrowitsch,
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