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Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Titel: Der Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij , Fedor Michajlovic Dostoevskij
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beleidigenden Gebärde begleitete, ja sein Taschentuch herauszog und sich damit auf der Stelle in der unanständigsten Weise alle Finger abrieb, die sich einen Augenblick in der Hand des älteren Herrn Goljadkin befunden hatten. Während er dies tat, blickte Herr Goljadkin der jüngere nach seiner nichtswürdigen Gewohnheit absichtlich rings um sich, damit alle auf sein Benehmen aufmerksam würden, sah allen in die Augen und bemühte sich offenbar, allen eine recht üble Meinung von Herrn Goljadkin beizubringen. Es schien, daß das Verhalten des widerwärtigen Herrn Goljadkin des jüngeren bei den herumstehenden Beamten allgemeine Entrüstung hervorrief; sogar die leichtfertigen jungen Leute bekundeten ihr Mißvergnügen. Murren und tadelnde Worte wurden ringsum laut. Diese allgemeine Bewegung konnte den Ohren des älteren Herrn Goljadkin nicht entgehen; aber ein rechtzeitiges Scherzwort, das von den Lippendes jüngeren Herrn Goljadkin sprang, zerstörte und vernichtete die letzten Hoffnungen unseres Helden und bewirkte, daß die Wage sich wieder zugunsten seines schändlichen Todfeindes neigte.
    »Das ist unser russischer Faublas,[Fußnote] meine Herren; gestatten Sie, daß ich Ihnen den jungen Faublas vorstelle,« quiekte Herr Goljadkin der jüngere, während er mit der ihm eigenen Frechheit zwischen den Beamten geschäftig umhertrippelte und auf den ganz starr gewordenen echten Herrn Goljadkin hinwies. »Küssen wir uns, mein Herzchen,« fuhr er mit unerträglicher Familiarität fort, indem er sich dem so verräterisch von ihm Beleidigten näherte. Das Späßchen des schändlichen Herrn Goljadkin des jüngeren schien da, wo es wirken sollte, Anklang zu finden, um so mehr, da darin eine tückische Anspielung auf einen Umstand lag, der anscheinend allen bereits bekannt war. Unser Held fühlte, daß die Hand seiner Feinde schwer auf seinen Schultern lastete. Übrigens hatte er seinen Entschluß bereits gefaßt. Mit flammendem Blicke, mit bleichem Gesichte und mit einem starren Lächeln arbeitete er sich mühsam aus dem Haufen heraus und schlug mit schnellen, ungleichmäßigen Schritten geradeswegs die Richtung nach dem Arbeitszimmer Seiner Exzellenz ein. In dem vorletzten Zimmer traf er mit Andrei Filippowitsch zusammen, der soeben von Seiner Exzellenz kam, und obgleich sich in diesem Zimmer eine Menge verschiedenartiger Personen befanden, diezu Herrn Goljadkin im gegenwärtigen Augenblicke gar keine Beziehungen hatten, so beachtete unser Held doch diesen Umstand nicht im geringsten. Ohne Umschweife, entschlossen und kühn, beinahe über sich selbst verwundert und sich innerlich wegen seiner Kühnheit lobend, fiel er ohne Zeitverlust über Andrei Filippowitsch her, der über diesen plötzlichen Anfall nicht wenig erstaunt war.
    »Ah!... Was wünschen Sie? ... Was ist Ihnen gefällig?« fragte der Abteilungschef, ohne auf Herrn Goljadkins stockend vorgebrachte Anrede zu hören.
    »Andrei Filippowitsch, ich ... könnte ich wohl jetzt gleich mit Seiner Exzellenz ein Gespräch unter vier Augen haben, Andrei Filippowitsch?« sagte unser Held nunmehr klar und deutlich und richtete einen sehr entschlossenen Blick auf Andrei Filippowitsch.
    »Was? Das geht natürlich nicht.« Andrei Filippowitsch maß mit seinem Blicke Herrn Goljadkin vom Kopf bis zu den Füßen.
    »Ich sage nämlich das alles deswegen, Andrei Filippowitsch, weil ich mich darüber wundere, daß hier niemand diesen Usurpator eines fremden Namens, diesen Schurken entlarvt.«
    »Wa–a–as?«
    »Diesen Schurken, Andrei Filippowitsch.«
    »Wen belieben Sie denn mit diesem Titel zu bezeichnen?«
    »Ich meine eine gewisse Person, Andrei Filippowitsch. Ich ziele damit auf eine gewisse Person, Andrei Filippowitsch; ich bin im Rechte ... Ich meine, Andrei Filippowitsch, die vorgesetzte Behörde sollte derartige Bestrebungen ermuntern,« fügte Herr Goljadkin, deroffenbar von sich selbst nichts mehr wußte, hinzu. »Andrei Filippowitsch ... aber Sie sehen wahrscheinlich selbst, Andrei Filippowitsch, daß dies eine wohlanständige Bestrebung ist, und daß sich darin meine in verschiedener Hinsicht löbliche Absicht bekundet, den Chef als meinen Vater zu betrachten, Andrei Filippowitsch ... ich betrachte die edeldenkende vorgesetzte Behörde als meinen Vater und vertraue ihr blind mein Schicksal an. So und so ... Sie sehen, wie ...« Hier begann Herrn Goljadkins Stimme zu zittern, sein Gesicht rötete sich, und zwei Tränen traten auf seine Wimpern.
    Als Andrei

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