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Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Titel: Der Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij , Fedor Michajlovic Dostoevskij
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sobald wir etwas erfahren, werden wir es Ihnen mitteilen.«
    »Und Ostafjew?«
    »Der kann jetzt absolut nicht abkommen, Euer Wohlgeboren. Seine Exzellenz ist schon zweimal durch unser Bureau hindurchgegangen, und auch ich habe jetzt keine Zeit.«
    »Ich danke dir, mein Lieber, ich danke dir ... Sage mir nur noch ...«»Wahrhaftig, ich habe keine Zeit... Alle Augenblicke werden wir gerufen ... Bitte, bleiben Sie hier noch ein Weilchen stehen; wenn sich dann in betreff Ihrer Angelegenheit etwas begibt, wollen wir Sie benachrichtigen...«
    »Nein, mein Freund, sage mir...«
    »Verzeihen Sie, ich habe keine Zeit,« sagte Pisarenko, indem er sich von Herrn Goljadkin, der ihn am Rockschoß gefaßt hatte, loszureißen suchte; »ich habe wirklich keine Zeit. Bleiben Sie hier noch ein Weilchen stehen; dann wollen wir Sie benachrichtigen.«
    »Gleich, gleich lasse ich dich weg, mein Freund! Gleich, gleich, lieber Freund! Aber jetzt... Hier ist ein Brief, mein Freund; ich werde mich dir dankbar zeigen, mein Lieber.«
    »Zu Diensten.«
    »Gib ihn an Herrn Goljadkin ab, mein Lieber; sei damit recht sorgsam!«
    »An Herrn Goljadkin?«
    »Ja, mein Freund, an Herrn Goljadkin.«
    »Schön; sowie ich fertig bin, will ich ihn bestellen. Bleiben Sie hier nur solange stehen! Hier sieht Sie niemand ...«
    »Nein, ich... denke nur nichts Übles, mein Freund... ich stehe hier nicht, um von niemand gesehen zu werden. Aber ich werde jetzt nicht länger hierbleiben, mein Freund ... ich werde hier in die Seitengasse gehen. Da ist ein Kaffeehaus; da werde ich warten; und wenn sich etwas zuträgt, so benachrichtige mich von allem, verstehst du?«
    »Schön, lassen Sie mich jetzt nur weg; ich verstehe...«
    »Ich werde dir dankbar sein, mein Lieber!« rief Herr Goljadkin dem Schreiber Pisarenko nach, dem es nun endlich gelungen war, sich frei zu machen. »Der Halunke wurde, wie es scheint, zuletzt gröber,« dachte unser Held, während er verstohlen hinter dem Ofen hervorkam. »Da hat die Sache noch einen Haken. Das ist klar ... Zuerst war er anders ... Übrigens mochte er es wirklich eilig haben; vielleicht ist bei ihnen viel zu tun. Und Seine Exzellenz ist zweimal durch das Bureau gegangen ... Was mag dazu für Anlaß gewesen sein?... Ach was, das tut nichts! Das hat vielleicht nichts zu bedeuten; nun, jetzt wollen wir sehen...«
    Hier war Herr Goljadkin schon im Begriff, die Haustür zu öffnen und auf die Straße hinauszugehen, als plötzlich gerade in diesem Augenblicke die Equipage Seiner Exzellenz mit donnerähnlichem Lärm vorfuhr. Herr Goljadkin war noch nicht zur Besinnung gekommen, als der Wagenschlag von innen geöffnet wurde und der darin sitzende Herr auf die Stufen vor der Haustür hinaussprang. Der Ankömmling war kein anderer als eben jener Herr Goljadkin der jüngere, der zehn Minuten vorher weggegangen war. Herr Goljadkin der ältere erinnerte sich, daß die Wohnung des Direktors nur einige Schritte entfernt lag. »Er hat einen besonderen Auftrag,« dachte unser Held bei sich. Unterdessen hatte Herr Goljadkin der jüngere aus dem Wagen das dicke grüne Portefeuille und noch einige andere Papiere herausgenommen, dem Kutscher eine Weisung gegeben und öffnete nun die Haustür; dabei versetzte er Herrn Goljadkin dem älteren mit ihr beinah einen Stoß, bemerkte ihn aber vorsätzlich nicht, so daß seine Absicht, ihn zu ärgern, deutlich war; dannlief er schnell die Treppe zur Kanzlei hinauf. »Schlimm!« dachte Herr Goljadkin; »meine Sache geht jetzt schief! Nun sehe mal einer den an, Herr du mein Gott!« Etwa eine halbe Minute lang stand unser Held noch da, ohne sich zu rühren; endlich hatte er seinen Entschluß gefaßt. Ohne sich lange zu bedenken, aber mit starkem Herzklopfen und an allen Gliedern zitternd, lief er seinem Freunde die Treppe hinauf nach. »Ach was! In Gottes Namen! Was geht es mich an? Ich kann nichts dafür,« dachte er, während er den Hut, den Mantel und die Überschuhe im Vorzimmer ablegte.
    Als Herr Goljadkin in sein Bureau trat, war schon völlige Dämmerung eingetreten. Weder Andrei Filippowitsch noch Anton Antonowitsch waren im Zimmer. Sie befanden sich beide zum Zwecke der Berichterstattung im Arbeitszimmer des Direktors; der Direktor aber hatte sich, wie man hörte, seinerseits eilig zu Seiner Hohen Exzellenz begeben. Infolge dieser Umstände und auch weil es bereits Dämmerung war und die Bureauzeit zu Ende ging, trieben manche Beamten, namentlich die jüngeren, in dem Augenblicke, als unser Held

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