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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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hören. Du bist keine Verbrecherin und keine Verräterin, du bist ein guter Mensch! Weißt du …« Ann trat ganz an den Rand des Podestes. »Du bist wie eine kleine Kerze, die zwar bei jedem Windzug flackert, aber die nie verlischt.« Sie legte ihren Kopf schief und lächelte warmherzig. »Penny MacFadden, du solltest auf dem Nachttisch von jemandem stehen und ihm die Nacht hell machen.«
    Dann wurde Ann gehängt. Sie wehrte sich nicht – nicht, als man ihr den Sack über den Kopf zog, und auch nicht, als der Hocker beinahe vor der Zeit umkippte, weil sie das Gleichgewicht verlor. Sie sprach kein Gebet, nicht mal alsder Priester hinter ihr einen Psalm anstimmte. Gott war niemals mit ihr gewesen, wozu sollte sie ihn nun anrufen? Auf der gegenüberliegenden Seite verbarg Elizabeth Macquarie ihr feines Gesicht, als der Hocker kippte und das Seil sich unter dem Gewicht der Fallenden straffte. Das Seil zuckte genau zweimal. Dann hing es ganz still.
    Der Platz vor dem Gerüst leerte sich wenig später. Es wurde langsam heiß. Penelope spürte, wie ihr schlecht wurde.
     
    »Komm, steh auf. Es ist vorbei. Penny. Komm, steh auf, lass uns gehen …« Carrie klatschte sachte auf ihre Wangen. »Mach die Augen auf, Penny. Lass uns nach Hause gehen.«
    Penelope hatte nicht bemerkt, dass sie in Ohnmacht gefallen war. In ihren Ohren rauschte es, als ob ein Wasserfall hindurchfloß. Der Kopf tat ihr weh. Die neuen Pflastersteine von Sydney eigneten sich nicht für Stürze. Carrie war nicht schnell genug gewesen, um sie aufzufangen. Ann hätte es nicht gefallen, dass sie wie ein Schwächling dalag. Ann hätte sie dafür ausgelacht. Doch bevor Penelope sich aufrappeln konnte, war noch jemand an ihre Seite gestürzt und schob ihr behutsam den Arm unter den Kopf.
    »Grundgütiger – Penelope!« Bernhard Kreuz kniete neben ihr. Seine Berührung fühlte sich zaghaft und alles andere als sicher an, die Finger zitterten gar. Er war dicker geworden, seine Augen wirkten müde. Hatte sie ihn vom Schiff als alterslos in Erinnerung, vielleicht weil er das einzig Gute und Edle dort darstellte, so erkannte sie nun, dass er die Blüte seiner Jugend hinter sich gelassen hatte. Die Sorge in seinem Gesicht indes war lebhaft, und seine Augen blickten verlegen drein.
    »Lass dir aufhelfen … lass –« Irgendwie klang der vertrauliche Tonfall nicht mehr richtig, jetzt, wo sie ordentlicheDienstbotenkleidung trug. Das spürten sie beide. Seine Verlegenheit wuchs.
    »Es geht mir gut, ich bin doch nur gestolpert«, flüsterte Penelope und tastete nach Carrie. Die Freundin jedoch schob ihre Hand vorsichtig auf den Doktor zu. Du machst das richtig, sagten ihre blitzenden Augen. »Na los«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Lass dich von ihm heimbringen!«
    Sie half dem Doktor, Penelope auf die Füße zu stellen, und achtete dabei darauf, dass er unter ihre Arme fassen und ihre Taille halten musste. Als er sie die Straße hinunterführte, an der Rennbahn vorbei, wo die Reiter ihr während der Hinrichtung unterbrochenes Training fortsetzten, drängte sie Penelope noch dichter an den Doktor heran.
    Hinter ihnen hing die tote Ann immer noch da, weil die Gerichtsknechte erst einmal eine Kanne Rum miteinander teilten, bevor sie den Karren zur Gehängtengrube neben dem Friedhof schoben. Nur nichts überstürzen, der Tag war noch lang. Sie ließen sich mit der Kanne auf dem Gerüst nieder, und einer zog seine Würfel aus der Tasche.
     
    Bernhard Kreuz kam am Tag nach der Hinrichtung wieder und erkundigte sich nach ihrem Befinden. Mrs. Hathaway blieb natürlich bei ihnen. Die Unterhaltung drehte sich nach dem Austausch von Höflichkeiten rasch um die Gesundheit der Kinder und eine bahnbrechend neue Behandlungsmethode aus der alten Heimat.
    »Dr. Redfern möchte die Impfungen so schnell wie möglich auch hier in der Kolonie durchführen«, sagte er nachdenklich. »Vor allem in den Waisenhäusern muss dafür gesorgt werden, dass alle Kinder in den Genuss kommen. In solchen Häusern breiten sich Krankheiten immer schneller aus als in kleinen Familien.«
    Mrs. Hathaway war entzückt über die Idee, vermutlich aber noch mehr darüber, dass er sie ins Vertrauen zog. »Wie klug Sie sind, Doktor! Sie sind eine Bereicherung für unsere Kolonie. Sicher wird Mrs. Macquarie Sie da voll unterstützen, sie hat stets großes Interesse, die Waisenhäuser …«
    »Gehen Sie oft ins Waisenhaus, Dr. Kreuz?« Es kostete Penelope allen Mut, die Unterhaltung mit dieser Frage zu

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