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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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zusammen gewesen sind? War sie das, Miss MacFadden?«, brüllte er. Penelope nickte stumm und eingeschüchtert. »Sie haben also gemeinsam die Kutsche geraubt?«
    »Nein!«, schrie sie auf. »Wir haben sie nicht geraubt!«
    »Sie haben die Kutsche geraubt, nachdem Sie Mr. Heynes in seinem Anwesen getötet und beraubt hatten!«
    »Nein!«
    Das Licht im Saal wurde immer grauer. Plötzlich hatte sie den Galgen vor Augen – es war ihr, als würde er hereinschweben und alle Farben im Saal verdrängen.
    »Wer von Ihnen beiden hat Mr. Heynes getötet?«, rief der Richter.
    Die Wände schienen zu beben, und die Zuschauer hielt es kaum noch auf den Plätzen. Die Sydney Gazette würde eine Seite mehr ausdrucken müssen.
    Penelope hob den Kopf. Ann stand auf der anderen Seite des Raumes, zu weit entfernt, um ihre Gesichtszüge wirklich erkennen zu können. Doch ihr Blick traf sie. Alles lag in diesem Blick – Erinnerung an gute Momente, an zärtliche, lustige Momente, an Lachen, an Späße. Geschichten über die Liebe und eine Lebenslüge, die auf gemeine Weise ans Tageslicht gerückt worden war.
    »Sie hat es nicht getan.« Wie ein weißes Blatt Papier segelte Anns Stimme durch den Raum. »Sie hat ihn nicht getötet. – Ich war es.«
    Ihr Blick wirkte heiter, als um sie beide herum Tumult ausbrach und empörte Rufe den Raum erfüllten. Bent sprang auf, schwang höchst unehrenwert seinen Hammer durch die Luft, da hob Ann die Hand, und offenbar hatten die Leute mehr Angst vor ihr als vor dem Hammer, denn das Geschrei verebbte.
    »Ich habe James Heynes getötet, als er verletzt auf seinem verdammten Sofa lag und immer noch genug Kraft hatte, mich zu peinigen. Ich hätte ihm helfen können, aber ich habe ihn getötet. Und er musste mir in die Augen schauen, als ich es tat. Er hat mich bei seinem letzten Atemzug angucken müssen. Er hat bezahlt für alle Erniedrigungen, für jeden Schlag und jeden Streich, für jede Nacht, die ich draußen schlafen musste, für jeden Tag, an dem er mir nichts zu essen gegeben hat, für jedes böse Wort. Penny trifft keine Schuld.« Sie holte tief Luft. »Ich war’s, und ich weiß, dass ich dafür sterben werde.«
     
    Penelope sah Ann erst am Galgen wieder. Ihr blieb auch nicht viel Zeit, über diese Stunde im Gerichtssaal nachzudenken. Ellis Bent setzte die Hinrichtung nach dem Schuldspruch schon für den übernächsten Tag an, um die Kolonie von der Person zu befreien. So hatte die Sydney Gazette noch genug Zeit für den Druck einer Sonderausgabe.
    Eine Menge Volk hatte sich an diesem Morgen versammelt – Weiber baumelten schließlich selten am Strick, und natürlich war man neugierig, schließlich hatte sich die Geschichte der Zahnlosen wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet. Die Leute, die ihre Rede im Gerichtssaal mitangehört hatten, wurden belagert und mussten wieder und wieder davon berichten. Ann Pebbles hatte nämlich am Ende wilde Flüche ausgestoßen, Blut gespuckt undden Richter mitsamt seiner Kolonie auf das Übelste verwünscht.
    »Die Wärter waren machtlos!«, rief einer. »Sie schrie, dass die Festerscheiben klirrten!« »Die Scheiben zersprangen!«, raunte ein dritter.
    »So wahr ich hier stehe! Eine große Gefahr ging von ihr aus«, wusste Mr. Edmond vor seiner Backstube zu berichten. »Wenn Sie mich fragen, so ist sie eine Hexe, und man sollte so was nicht aufhängen, sondern wie in den alten Zeiten verbrennen …«
    »Verbrennen, ja«, hauchte sein Weib.
    Und die Damen zerrten ihre Töchter schnell weiter, damit sie nicht weiter zuhörten. Auch die, die ihre Strafe schon vor Jahren abgeleistet hatten und sich nun »frei« nennen durften, wollten von solchem Abschaum nichts weiter hören. Wie gut, dass Richter Bent so zielstrebig verhandelt hatte und dass der Gouverneur damit einverstanden war, sie so rasch ihrer gerechten Strafe zuzuführen!
    »… skandalös, meine Liebe. Sie hätten das sehen sollen, diese heruntergekommene, erbärmliche Schurkin, wie sie sich auf den armen Bent gestürzt und ihn beim Kragen gepackt hat, und man konnte sie gerade von ihm zerren! Ich schwöre, sie hätte ihn mit ihren spitzen Hauern totgebissen!«
    Und nun war der Tag der Vergeltung gekommen, und die Sonne brannte ärgerlich vom Himmel. Hätte man ihr Holz hingelegt, hätte sie den Scheiterhaufen für die Verbrecherin wohl entzündet. So blieb nur der Galgen, und sein Holz schimmerte verheißungsvoll im Nachmittagslicht. Die kunstvoll geknotete Schlinge schwang leise im Wind, als

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