Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)
an der Wand entlang und die Türen zählend. Dann hatte sie die Verandatür erreicht. Der Schlüssel steckte, sie drehte ihn herum, und die Tür sprang geräuschlos auf.
Mrs. Treskolls nächtlicher Garten empfing sie mit dem ganzen duftenden Reichtum nachtblühender Pflanzen. Die riesigen Trichterblüten der Daturen sandten ihren süßen Duft aus, nimmermüde Winden schimmerten im Mondlicht, und der Jasmin bereitete sich auf den Tag vor, umSonne zu tanken und mit ihrer Kraft Gemüter zu verzaubern. Penelope schnupperte sich durch den Garten, den Weg zum Pfirsichbaum aus dem Gedächtnis wandernd. In Gedanken war Bernhard neben ihr, sie fühlte seine Hände, doch nicht so wie beim Spaziergang, eher so wie vorhin an der Tür, als er nicht warten konnte und sie zum ersten Mal richtig verführt hatte.
Die Kiesel unter ihren Füßen fühlten sich anders an. Vor lauter Gedanken hatte sie den Weg verpasst. Der Duft der Daturen lag hinter ihr, der Jasmin zu ihrer Linken … Stirnrunzelnd drehte sie sich um. War Bernhard mit ihr in dieser Ecke des Gartens gewesen? Nein, sie hatte sich verlaufen. Es roch nach Teebaumsträuchern und erdig, wie in Gartenecken, wo man das gezupfte Unkraut auf einem Haufen verrotten ließ. Dann musste wohl die Scheune in der Nähe sein. Sie erinnerte sich an die rauen Balken der Schmiede, wo Lachlans Kutschpferd neu beschlagen worden war. Und an die Schiffsglocke, die Mrs. Treskoll den Kindern vorgeführt hatte. Zum Glück hing sie hoch genug, denn der kleine Lachlan war auf das Geländer geklettert und hatte losgeheult, weil er sie dennoch mit den Händen nicht erreichte.
»Die Glocke stammt von dem Schiff, mit dem wir herkamen«, hatte die Gärtnerin erklärt. »Der Major hat sie dem Kapitän damals abgekauft, um unseren Neubeginn hier einzuläuten. Er hat immer so neckische Ideen, mein Major.«
Penelope fuhr mit den Händen an dem Holzgebäude entlang und grübelte, in welcher Richtung das Wohnhaus lag.
»Suchst du was?«
Mit dem ersten Ton jagte die Stimme ihr Schauer über den Rücken. Nach all den Jahren.
»Mich etwa?« Er lachte leise. »Penny. Meine Penny.«
Sie kniff die Augen zusammen, doch da war niemand vor ihr. Wo verbarg er sich?
»Arbeitest du hier?«, fragte sie, um ihn wieder zum Sprechen zu bringen und ihn zu orten.
»Das … könnte man so nennen. Ja.« Wieder lachte er, dann blitzte ein kleines Licht links neben ihr auf. Eine winzige in einen Tierschädel eingelassene Laterne warf ihr zitterndes Licht auf den wohlbekannten Oberkörper, immer noch unbekleidet, diesmal jedoch fast schwarz. Liam fing ihre Hand ein und fuhr mit ihr über seine Brust, auf seine gierige Art.
»Asche. Nur Asche. Kein Blut.« Er grinste.
»Was tust du hier?«, keuchte sie und versuchte sich loszureißen.
»Das Gleiche könnte ich dich fragen. Dieser Ort ist wohl nicht der richtige für eine –« Er stockte, ließ sie los und wanderte mit seiner Hand ungeniert über ihre Kleidung, den Ärmel, dann wie zufällig hinunter zur Taille und hinauf an ihre Brust.
»Lass das!«, herrschte sie ihn an und schlug nach ihm.
»Dachte ich’s mir. Es roch schon so … Feine Fummel – feine Dame. Meine Penny ist eine feine Dame geworden.« Liam lachte nicht mehr. Stattdessen trat er noch einen Schritt näher und hob sein Laterne. Zotteliges fast graues Haar und ein in alle Richtungen abstehender Vollbart zierten seinen Kopf, nur die Augen waren immer noch dieselben, blitzend, mutwillig, grün. Er stank. An seiner Schulter hingen an Ledergurten festgebundene Waffen, wie Penelope sie von den Schwarzen kannte.
»Du bist … du bist ein Buschmann«, stieß sie hervor. »Du bist einer von den –«
»Genau.« Er nickte. »Als sie mich das letzte Mal ausgepeitscht haben, dachte ich, dass mein Rücken keine weitere Verabredung mit der verdammten Katze mehr würde haben wollen.« Er drehte sich um, und sie konnte nicht anders – sie musste ihn anfassen. Er hielt sie stumm fest, als sie vor Entsetzen in die Knie ging.
»Siehst du«, sagte er. »Es ist besser, draußen zu liegen, auf dem Bauch, wenn man das gerne möchte, oder im Sitzen … Es ist besser, nichts Schweres zu schleppen, und es ist besser, keine Kleider tragen zu müssen. Es ist sogar besser, sich das Essen selber zu suchen, weil man es dann auswählen kann. Und nicht den Fraß nehmen muss, den jemand anders nicht mehr möchte.« Er lächelte triumphierend. »Du siehst – mir geht es blendend.«
»Ach, wirklich!«, sagte sie spöttisch,
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