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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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vertreiben. Angewidert hob sie die Laterne etwas und bemühte sich, nicht auf den Boden zu schauen. Wie hatte sie das nur all die Wochen ausgehalten? In Fesseln am Boden hockend? Wie hätte sie das ausgehalten mit einem Kind im Arm, der Grausamkeit Kapitän MacArthurs ausgeliefert? Doch der lag auf dem Meeresgrund und hatte ihr Kind ja nie gesehen …
    Ihre Schritte wurden langsamer, schließlich blieb sie fassungslos stehen. Die Wände schienen sich von allen Seiten auf sie zuzuschieben. Die Mutter hatte immer gesagt, es gebe keine Zufälle im Leben. Der Zufall wurde Teil eines Plans, der ihnen beim Überleben geholfen hatte … sie erinnerte sich an Marys zufriedene Miene, als der Leichnam ins Wasser fiel. Ihre Kaltblütigkeit entsetzte sie. Was hatte sie ihm ins Essen gemischt?
    »Haben sie dich geschickt?«, riss eine Männerstimme sie aus ihren Gedanken. »Weil sie selber zu feige sind, nachzuschauen, ob ich noch lebe?«
    Penelope fuhr herum und ließ beinahe vor Schrecken die Laterne fallen.
    Sie wusste sofort, wer da seine Stimme erhoben hatte. Nein, es gab keine Zufälle im Leben. Liam war nicht tot, er lebte – hier in diesem Alptraum aus Gestank und Modder.
    »Ich bin da, wo sie uns hinstecken, wenn sie uns fürchten«, sprach er weiter. Sie spürte sein Lächeln, irgendwo in der Dunkelheit und ganz nah bei ihr. »An der Wand in Ketten, Penny, wo sonst? Hier bei euch Weibern gibt es mehr Ratten als sonst wo. Oder sie dachten, dass mich Weibergestanknoch mehr quält …« Er lachte verächtlich. Vermutlich war es reine Willkür, dass sie ihn im Frauendeck angekettet hatten. Oder Faulheit der Aufseher, die so kurz vor dem Ziel keinen Schritt zu viel mehr taten. Dass Kapitän Haddock ihn dennoch auf den letzten Meilen in Ketten legen ließ, unterstrich nur, für wie gefährlich sie den aufrührerischen Iren hielten. Ein Schauer lief über ihren Rücken, und sie fragte sich, warum sie sich ausgerechnet von so einem Mann angezogen fühlte.
    »Was hast du verbrochen?«, flüsterte sie.
    »Einer der Kerle hat mich ein irisches Drecksmaul genannt.« Liam stieß ein höhnisches Lachen aus. »Das musste ich klarstellen. Daraufhin mussten sie was klarstellen. Verfluchte Drecksmäuler.«
    Über ihnen klapperte es auf den Planken. Für einen Moment lauschten sie gemeinsam. Manche Seeleute trugen wieder Holzschuhe, aus Vorfreude auf das Land. Offenbar machte man sich zum Anlegen klar. Befehle wurden gerufen, Seile schleiften über das Deck. Der Wind riss das Offiziersgebrüll in Fetzen. Die Fetzen stopfte er zwischen die Planken, dort saßen sie hilflos fest, während in den Befehlen der Offiziere nun Wörter wie »Steuerbord!« oder »Rückwärts!« fehlten und niemand verstand, was sie wollten. Der Gedanke gefiel Penelope.
    »Komm her!«, rief der Ire ihr zu. »Penny.« Er war der einzige Mensch, der sie so nannte, ohne dass es wie ein Kindername klang. Die Ketten rasselten, durch das Dämmerlicht erkannte sie, dass er die Hand ausstreckte. Sie sank auf die Knie, die Laterne fiel hart auf den Boden. Die Kerze verschwand in ihrem Wachsbett, verlosch jedoch nicht ganz.
    »Komm«, wiederholte er.
    Sie vergaß alles. Das Land vor ihnen, das Kind, die Hoffnung,die sie vorhin durchströmt hatte. Durch den stinkenden Unrat rutschte sie zu ihm, voller Erwartung ihn anfassen zu können. Sie wollte ihn streicheln, ihre Hände wanderten über seinen Leib, zitternd weiter über die tiefen Furchen, die die Katze hinterlassen hatte. Er nahm ihre Arme von seinen Schultern und hielt sie fest. Seine Lippen fanden ihr Gesicht, ohne Zögern fuhr die Zunge über ihre Haut und in ihren Mund hinein. Sie tranken einander, und für einen Moment glaubte sie, er würde dort weitermachen, wo sie damals aufgehört hatten –
    »Bist du noch da unten?«, rief der Aufseher durch die Luke.
    Die Frage stach wie ein Messer in die Stille ihres Kusses. Sie zerfetzte ihn, und niemand würde ihn je wieder zusammenfügen können. »Schsch«, machte Liam. Die Kette rasselte, als er mit der Hand über ihr Gesicht fuhr. »Du musst etwas für mich tun. Penny. Bevor du gehst.«
    »Was?«, fragte sie, vor Verlangen kaum fähig, sich von ihm zu lösen. »Was soll ich tun?«
    »Der Schlüssel«, stieß er hervor. »Der Schlüssel für die Ketten, er hängt an der Stiege, du musst ihn mir holen. Sie werden mich hier verrotten lassen –«
    »Das tun sie nicht«, flüsterte sie. »Das können sie nicht –«
    »Ich will fort sein, bevor sie mich holen. Du musst mir

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