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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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die auf den richtigen Moment wartete, um ans Tageslicht zu gelangen.
    Haddock sah sich in äußerst bedrängter Lage: Sie steuerten geradewegs auf den Hafen von Sydney zu, die Masten von zwei Schiffen verdeckten das Häusermeer der Siedlung. Eine Katastrophe schien unabwendbar. Die Kanonen der Miracle waren geladen, weil es im Stillen Ozean nur so von Piraten wimmelte, wie Haddock erzählt worden war. Sie hatten zwar kein einziges Piratenschiff gesichtet, Kugeln und Pulver befanden sich aber immer noch in den Rohren und würden explodieren. Nun würde er für seine Vorsicht bezahlen.
    »In die Boote!«, schrie Kapitän Haddock. »Alle Boote zu Wasser! Die Segel weiter reffen, hart nach Steuerbord beidrehen, worauf wartet ihr!«
    Seit sie in die Bucht von Port Jackson hineingesegelt waren, hatten die Blicke der Seeleute voller Sehnsucht am grünen Ufer gehangen. Mit Fußtritten trieben die Offiziere sie auseinander und an die Arbeit, auch die Wachleute mussten mit anpacken. Das Durcheinander auf dem Schiff wuchs. Irgendwo löste sich ein Schuss. Ängstlich drückten die Weiber sich gegen die Bordwand, als könne sie ihnen ein Versteck bieten.
    »Verflucht – wir werden alle in die Luft fliegen.« Voller Panik raffte Carrie ihr Lumpenbündel an sich, bereit zur Flucht, wo sich als Erstes eine Möglichkeit bieten würde.
    Mary spähte über die Reling und drückte Lilys Köpfchen an ihre Brust. »Schiffe kommen«, sagte sie mit rauer Stimme. »Sicher holen sie uns hier raus. Sie werden keine ganze Schiffsladung Sträflinge opfern. Immerhin haben wir sie viel Geld gekostet.«
    Jenny lachte hart. »Das ist in der Tat ein Grund! Und denk nur an den ganzen Proviant, den sie sich zum Verkaufen aufgespart haben.«
    Jennys Lachen war das Letzte, das sie hörten, bevor ihre Welt ganz in Flammen aufging. Die Offiziersmesse flog mit ohrenbetäubendem Lärm in die Luft. Auf der Brücke breitete sich das Feuer nun rasend schnell aus, James Haddock hinter dem Geländer war nicht mehr zu sehen. Nur seine Befehle tönten weiterhin gespenstisch durch den Lärm. Zwei Mann hingen am Steuerrad, die Segel drehten sich, der Anker wurde herabgelassen. Falls das Beidrehen nicht rechtzeitig gelang, würde das Schiff durch den Anker herumgerissen und vielleicht dadurch kentern, aber nicht weiter auf den Hafen zutreiben. Mit dem Mut der Verzweiflung kletterten Seeleute in Windeseile an den Wanten hoch und refften die Leinwände. Nicht um sie den Flammen zu entreißen, sondern um jede Minute zu nutzen, die Kehrtwende des Schiffes zu beschleunigen, bevor das Feuer sein eigenes Tempo diktierte.
    Im Hafen wurden Glocken geläutet. Dumpf und monoton wallte der Feueralarm über das Wasser. Was für ein Willkommen!
    Seit sie an Botany Bay vorbeigesegelt waren, wo einst die ersten Gefangenen an Land gegangen waren, hatte Penelope ihr Herz wieder schlagen gespürt. Nicht zurückschauen, hatte sie sich selber zugeflüstert, vorwärtsschauen, hinter dir liegt nur das Meer … vor dir liegt die Hoffnung. Erinnere dich! Du hast ein Ziel. Der Vater hatte das Schiff überlebt. Du wirst auch überleben.
    An den Gedanken klammerte sie sich. Sie hatten ihr keine Fragen gestellt, als hätten die Frauen ihr auch diesmal angesehen, was geschehen war. Nun war sie endlich eine von ihnen, eine Gossenblume, mit dem Unterschied, dass die für ihren Dienst entlohnt wurden und sie, Penelope, in jeder Beziehung betrogen worden war. Die Scham darüberbrannte schlimmer als jedes Feuer, und auch der Schluck Rum, den es zur Feier der Ankunft gegeben hatte, konnte die Scham nicht mildern. Zwei mitleidige Frauen hatten ihr stumm ihre Kellen gereicht, und sie hatte getrunken, ohne abzusetzen. Als sich der Rausch darüber dann doch einstellte, konnte sie sogar den Blick auf die Bäume entlang dem Ufer richten und sich einreden, das grüne Dickicht sei der Beginn eines neuen Lebens, mit einem freien Himmel über sich und dem Kind auf dem Arm. Alles würde möglich sein, denn sie hatte überlebt.
    Doch die Wahrheit lag auf dem Schiff. Sydney kam in Sicht – jene Ansammlung von Häusern auf gerodetem rotem Land, filigran umspielt von den Masten zweier Schiffe. Im nächsten Moment verlor es seine Bedeutung als Ziel ihrer Reise. Der gesamte Aufbau der Miracle brannte lichterloh. Aus allen Luken schlugen Flammen empor, und Männer brüllten etwas von »Kanonen!«. Man schaffte es, zwei von ihnen ins Wasser zu kippen – doch was waren zwei Kanonen gegen vierzehn weitere? Verzweifelte

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