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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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in Schieflage geriet. Penelope wurde in hohem Bogen vom Kutschbock geschleudert. Sie fiel zwischen die Männer. Einer von ihnen drehte sich blitzschnell um und fing sie mit seinen Armen auf, bevor sie sich auf den Felsbrocken das Genick brechen konnte. Schweiß klebte an ihrer Wange, ein Herz raste an ihrer Brust. Sie kannte es, sie kannte ihn, sie wusste –
    »Du lebst – verdammt, du lebst!«, stammelte Liam in ihr Haar, und er umschloss sie mit seinen Armen wie einen kostbaren Schatz. »Ich dachte, du wärst tot!«
    Sie starrte ihn an. »Nein«, flüsterte sie. »Aber du …«
    »Mit Feuer kenne ich mich aus, Penny«, flüsterte er. Ja, sie wusste es doch. Die Explosion war sein Werk gewesen. Der Mann in Ketten unter Deck, sein Flehen, ihn von den Fesseln zu befreien – aber ihre Laterne, die sie ihm dagelassen hatte. Er war der Brandstifter, ihre Laterne hatte Lily und Mary das Leben gekostet. Sie war genauso schuldigwie er, und sie wollte ihn nicht in ihrem Leben wissen. Sie keuchte vor Schmerz, wand sich gegen seinen Griff.
    »Lass mich los! Wir haben keine Passierscheine«, stieß sie hervor. »Verflucht, lass mich los!«
    »Was macht ihr dann mit der Kutsche? Seid ihr wahnsinnig, da vorne liegt die Zollstelle. Niemals kommt ihr dort durch«, raunte er ihr ins Ohr, während er sie Schritt für Schritt zur Kutsche schob und sie dabei mehr als nötig anfasste. »Was habt ihr vor?«
    »Abhauen,« keuchte sie, »wir wollen nach Sydney.«
    »Ich liebe dich, Penny.« Er küsste ihr Ohr. »Ich liebe dich. Pass auf, was ich jetzt tue. Und sei schnell.«
    Sie hatten die Kutsche erreicht. Penelope hörte Ann schluchzen. Liam schob sie dem Aufseher in die Arme, der sie schnell weiter zum Kutschbock bugsierte, damit sie aufstieg und aus dem Weg war, denn das Pferd trampelte unruhig mit den Hufen. Ann konnte es kaum noch zügeln.
    »Wer seid ihr eigentlich? Wohin wollt ihr so früh am Morgen?«, blaffte der Mann. Hinter ihm richteten sich immer mehr Männer auf, kratzten sich das staubige, verfilzte Haar, fuhren sich durch verschwitzte Gesichter. Zerlumpte Gestalten, um deren blutige Fußgelenke Eisenfesseln bei jeder kleinen Bewegung scheuerten. Die Kette zwischen den Beinen war lang genug für einen halben Schritt, doch zur kurz für eine Flucht. In einer Reihe standen sie nebeneinander, weil die Kette sie dazu zwang, und gafften mit großen, neugierigen Augen.
    »Wo sind eure Passierscheine?« Der Aufseher kam drohend näher. Mit dem Verdacht, wen er da vor sich hatte, wuchs auch sein Zorn. Die Peitsche in seiner Hand bebte.
    »Wir –« Ann drehte den Sonnenschirm mit beiden Händen. Penelope geriet fast außer sich über deren plötzlicheHilflosigkeit. »Nun, wir …« Mit der Rechten nahm sie den Rock und tupfte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Wir …«
    »Ich hab nicht ewig Zeit! Oder soll ich den Zollkommissar holen? Mr Wentworth wird entzückt sein, so früh aus dem Bett geholt zu werden, weil zwei Huren angekommen sind.«
    »Mr Wentworth wird entzückt sein, mich zu sehen. Er war erst letzte Woche mein Gast«, erwiderte Ann und schaffte es, ihren Kopf stolz emporzurecken. Es war vollkommen klar, wie ihre Gastgeberschaft ausgesehen hatte, und der Satz war ihr sicher nicht leichtgefallen. Doch nun vermochte er ihr Zeit zu verschaffen.
    »Ach, so ist das …« Grinsend kam der Aufseher auf sie zu, vielleicht mit dem Gedanken, es Wentworth gleichzutun. Als habe jemand einen Eimer kaltes Wasser über Penelope ausgegossen, erwachte sie aus der Schreckstarre. Sie sah im Augenwinkel, wie Liam den Kopf in den Nacken warf, als gebe er ein Zeichen. Einen Moment später flog seine Faust durch die Luft, traf den Nachbarn am Kinn, der mit einem Schrei zu Boden ging. Gleich darauf stürzte der Nächste sich auf Liam. Der erste Aufseher fuhr herum, als er die erregten Schreie hinter sich vernahm. Die Peitsche des zweiten sauste bereits durch die Luft, Schmerzensschreie ertönten.
    »Verfluchtes Höllenpack!«, brüllte der erste Wachmann an der Kutsche.
    Penelope spannte sich wie eine Katze vor dem Sprung. Sie hatte Liam im Handgemenge aus den Augen verloren. Den Weg, den er ihr hier geebnet hatte, musste sie nun auch beschreiten. Was auch immer hinter ihnen lag – das hier tat er nur für sie. Mit einem wilden Schrei ließ sie die Zügel auf den Pferderücken knallen. Das Pferd schoss so heftigvorwärts, dass die Kutsche sich bedenklich zur Seite neigte und den Aufseher erwischte. Die Räder verfehlten ihn nur knapp.

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