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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Haarscharf am Abgrund vorbei raste die Kutsche, in eine dichte Staubwolke gehüllt, davon …
    Die verdammten Zügel waren Penelope aus den Händen geglitten. Es galt nur noch, sich irgendwie festzuhalten. Das führerlose Pferd rannte außer sich vor Angst. Ann war keine Hilfe, sie umklammerte stumm ihre Armlehne und starrte auf den Weg vor ihnen. Neben ihnen glitzerte der Parramatta-Fluss in der Morgensonne, links erhob sich jener unüberwindliche Bergzug, den sie die Blauen Berge nannten. Aus den Blauen Bergen, so erzählten die freien Siedler, holte man nur Tote oder Verzweifelte.
    Penelope gelang es, die im Silett tanzenden Zügel aufzugreifen, die sich verheddert hatten und das Pferd nur noch panischer machten. Die ersten Häuser von Sydney kamen ins Blickfeld, weiße Flecken mit roten Dächern – blütenweiß, wie die Reichen es liebten. Und nur Reiche fuhren zum Vergnügen mit der Kutsche. Eine Kutsche kam ihnen entgegen, ein vollbesetzter Landauer – Sonnenschirme, Plaudern, das Lachen vornehmer Damen. Penelope erkannte nur die runden, bunten Sonnenschirme, sie hatte nicht einmal mehr Zeit, ihre Augen zusammenzukneifen, um den Blick zu schärfen. Heynes’ Pferd rannte kopflos in die andere Kutsche hinein, die beiden Pferde prallten erst mit den Hälsen, dann mit einem furchtbaren Krachen seitlich aufeinander und gingen zu Boden. Die Kutschen flogen über die Leiber hinweg aufeinander zu. Unter der Wucht des Aufpralls brachen ihre Deichseln, dann zerbarsten sie unter ohrenbetäubendem Lärm. Sonnenschirme flogen durch die Luft, Frauen schrien …
     
    Penelope wurde vom Kutschbock geschleudert. Halb unter einem Busch, halb unter Holzstücken begraben, brauchte sie einige Zeit, um zu begreifen, dass sie noch lebte. Stöhnen, Schreie. Tiefes, schreckliches Stöhnen. Ein verreckendes Pferd. Das haltlose Schluchzen einer Frau. Wieder das Stöhnen. Das war kein böser Traum.
    Die Morgensonne versuchte unter den Busch zu schauen, Penelope blinzelte, hob langsam den Kopf. Sie konnte kaum eine Hand bewegen, und ihr Bein, ihr Bein! Eingewickelt in ihre Röcke lag sie fast schlimmer gefesselt als seinerzeit unter Deck. Keinen Zoll weit konnte sie sich bewegen. Ketten rasselten wieder um sie herum, gefesselt war sie – gefesselt …
    »Ann«, murmelte sie in den roten Sand. »Ann.«
    Das Schreien um sie wurde lauter: »… Hilfe holen – zu Hilfe! Seht, da kommt –!« – »… Krankenbahren – Verletzte!« Eine Frau begann hysterisch zu schreien, man versuchte, sie zu beruhigen.
    Das Pferd hatte endlich aufgehört zu stöhnen. Die Geräusche verklangen. Penelope schloss die Augen.
    »Penny.« Jemand rüttelte an ihrem Arm. »Penny. Lass uns abhauen. Los, komm.« Die Stimme wurde dringender. »Penny, rühr dich. Wir müssen weg, bevor sie uns erwischen. Komm. Nicht hierbleiben.«
    »Was?«, murmelte Penelope mühsam. Immerhin gelang es ihr, den schmerzenden Kopf zu heben. Die Freundin hockte vor ihr, schmutzig braun und fast mit dem Erdboden verschmolzen. Sie konnte nur Anns Umrisse erkennen.
    »Verdammt, sie kommen.« Ann rüttelte noch einmal heftig an ihr. »Penny, ich verschwinde. Sieh zu, dass du auch abhauen kannst.«
    Es raschelte in den Büschen.
     
    »Hierher, schauen Sie! Du lieber Himmel, was für ein schrecklicher Unfall. Wie konnte das nur passieren? Madam, wir helfen, so schnell wir können, halten Sie sich fest, nehmen Sie meinen Arm!«
    »Sicher ist das Bein gebrochen –«
    »So schnell wie möglich ins Hospital. Junge, lauf hinunter und sag ihnen, dass wir mit Verletzten kommen. Sag dem Doktor, dass er alles vorbereiten soll!«
    »Schauen Sie sich das nur an – gütiger Himmel –«
    »Die Pferde müssen durchgegangen sein.«
    »Gibt es auch einen Kutscher?«
    »Na ja … nur braune Kleider … Sträflingskleider …«
    »Hier liegt noch eine.«
    Dann erschienen blankpolierte Stiefel in Penelopes Blickfeld.

7. Kapitel
     
     

     
    Keep thy chains burst, and boldly say thou art free.
    Give thy kings law – leave not uncurbed the great,
    So with the horrors past thou’ll win thy happier fate!
    (John Keats, On peace)
     
    Man hatte sie bis zuletzt liegenlassen, sie war ja ein Sträfling.
    Das Gejammer und Gekreische um Penelope herum war verklungen, der Schmerz in ihrem Bein nicht. Vögel zwitscherten, irgendwo kläffte ein Hund, und es duftete nach Essen. Sie überlegte, wonach …. Hafergrütze. Jemand rührte Hafergrütze. Der ein wenig herbe Geruch zog an ihr vorüber, vermischte sich mit

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